Worum es hier geht:
- In diesem Roman geht es ja vor allem auch um die Heimatfront –
- also darum, wie die Menschen weit weg vom eigentlichen normalen Kampfgeschehen den Krieg erlebten.
- Sehr eindrucksvoll wird ja deutlich, dass im II. Weltkrieg etwas einsetzte, was es im I. Weltkrieg noch nicht gegeben hatte, nämlich die direkte Bedrohung der Zivilbevölkerung durch Bombenangriffe.
- Aber das war nicht alles.
Wie immer hier der Versuch einer systematischen Beantwortung der Themafrage:
- Die Situation der Zivilbevölkerung wird vor allem in den Briefen von Margots Mutter deutlich.
- Sie betont besonders die Güterknappheit – unter der auch Veit leidet. Er hat zum Beispiel nur einen Strumpfbandgürtel zur Verfügung statt eines ordentlichen Verbandes.
EB215: Hier schreibt Margots Mutter an ihre Tochter: „Geschäfte sind keine mehr da, ich wüsste nicht, wo ich dir die Sachen, die du geschickt haben willst, besorgen sollte. Ich werde dir am Montag in einem 100-gr-Päckchen Stopfgarn und Zahnpasta schicken, alles andere kannst du dir aus dem Kopf schlagen. Waschpulver bekomme ich im Monat nur ein Säckchen, und das brauche ich selber. […] Was du alles wünschst, kann ich dir nicht schicken. Du musst bedenken, dass wir keine Läden mehr haben. Klämmerchen habe ich selbst keine mehr. Wozu willst du deine gute Unterwäsche zerreißen, ziehe doch die alte an, wenn du in der Gärtnerei arbeitest, ist ja egal, dass sie grau ist, und wenn du zum Arzt gehst, nimm eben das Beste, was du hast. Mit Schuhcreme ist es aus. Gibt keine mehr. Es tut mir leid, dass ich dir deine Wünsche nicht erfüllen kann.“
Auf der Seite EB18 wird dann eine besondere Variante des Mangels erzählt:
„Ausgehen war auch deshalb ein Problem, weil der Verband am Oberschenkel nicht hielt, trotz vorsichtigster Bewegungen. Ich musste dauernd daran herumzupfen, damit er mir beim Gehen nicht hinunter bis an den Knöchel rutschte. Schließlich gab mir Mama einen Strumpfbandgürtel. Sie zeigte mir, wie man ihn anlegt. Und dann lachte sie so herzlich, wie ich sie seit vielen Jahren nicht mehr lachen gesehen hatte, ganz befreit.“ - Es gibt aber auch Leute wie den Ehemann der Quartierwirtin, der als „Schlaumeier und Rückversicherer“ rechtzeitig durch Einlagerung von Waren vorgesorgt hat, „damit einem militärischen Zusammenbruch kein ökonomischer folgte“.
EB264: „kistenweise Marseiller Seife“, „Rosinen aus Sarajewo und Waschpulver aus Sofia“. - Indirekt vom Krieg betroffen sind vor allem Frauen und Kinder, wenn die Ehemänner bzw. Väter lange den potenziell lebensgefährlichen Dienst an der Front tun müssen. Immer wieder gibt es Todesanzeigen. Damit ist die Familie entsprechend den damaligen gesellschaftlichen Bedingungen endgültig auf sich allein gestellt.
- Am schlimmsten wird es für viele, als es zur Massenbombardierung deutscher Städte kommt – ohne Rücksicht auf die Zivilbevölkerung.
- Zum Teil wird recht drastisch geschildert, wie ein Leben im Keller aussieht und wie viele Menschen grausam umkommen – durch Verbrennen, Ersticken und andere schreckliche Todesarten.
- Die Landbevölkerung in Gegenden wie um den Ort Mondsee herum, ist davon nicht so massiv betroffen.
- Im Rahmen der Kinderverschickung haben einige Jugendliche sogar die Chance, neben der propagandistischen Indoktrination durchaus auch an Selbstständigkeit zu gewinnen (vgl. EB129). Hintergrund ist allerdings, dass ihnen immer wieder gesagt wird, „sie seien das teuerste Gut des F.“ (Hitlers)
- Ein großes Problem ist natürlich die Zwangs-Einbeziehung in das NS-System. Nicht nur am Beispiel des Brasilianers, sondern auch am Beispiel von zwei “Schwarz-Schlachtern” wird die brutale, ja tödliche Gewaltherrschaft von Staat und Partei deutlich:
EB34: „da erinnerte ich mich, dass der Onkel den Gasthof erwähnt hatte, der frühere Besitzer, ein gewisser Lanner, war im Sommer vor eineinhalb Jahren wegen Schwarzschlachtens geköpft worden, gemeinsam mit seinem gleichnamigen Sohn: Anton und Anton”.
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Ein anderer Fall wird auf EB214 beschrieben:
„Frau Lenz war zwei Wochen im Gefängnis, weil sie sich mit dem Ausweis ihrer Mutter eine Früheinsteigerkarte für den Frankfurter Hauptbahnhof erschwindelt hat. Sie sagt, sie hätten alle Tage Marmelade aus Zuckerrüben bekommen, fast jeden Tag schnappe dort jemand über, manchmal hätten die Wände gezittert von dem Schreien.“ - Es wird aber auch deutlich, wie viele mit dem NS-System erstaunlich lange einverstanden sind, ja es am Anfang sogar begeistert annehmen.
Das wird z.B. gleich im 2. Kapitel deutlich, als Veit zu Hause feststellen muss (EB16): „Papa gab mir gute Ratschläge, alles hirnverbrannte Ideen, über die ich eine Wut bekam. Er sagte, er selbst sei in eine schlechte Zeit hineingeboren worden, während ich das Glück hätte, an der Schwelle einer großen Zeit jung zu sein“.
Es gibt aber auch Leute, die den Zusammenhang sehen zwischen dem eigenen Verhalten und der Reaktion:
EB214: Nach langen Ausführungen über das eigene Leiden am Krieg weiß Margots Mutter auch das Folgende zu berichten:
„Wir sind alle sehr zornig, aber Herr Kressler sagt, so ist es, wenn man gegen den Wind spuckt.“
Hier eine Tabelle zur Umrechnung von E-Book-Seiten in Seiten der gedruckten Schulausgabe.