Worum es hier geht:
Wir stellen hier von Eichendorff vier weitere Gedicht vor, die wir allerdings auf mehrere Seiten verteilen:
- „Der Wegelagerer“
https://schnell-durchblicken.de/eichendorff-gedichte-teil-3-1 - „Die zwei Gesellen“
https://schnell-durchblicken.de/eichendorff-gedichte-teil-3-2 - „Abschied“
https://schnell-durchblicken.de/eichendorff-gedichte-teil-3-3 - „Zwielicht“
https://schnell-durchblicken.de/eichendorff-gedichte-teil-3-4
Rückblick auf die beiden anderen Videos mit Gedichten Eichendorffs
- Zunächst ein Rückblick auf die drei Gedichte, die wir in den ersten beiden Videos vorgestellt haben.
https://schnell-durchblicken.de/eichendorff-die-wichtigsten-gedichte-aus-der-epoche-der-romantik - Das diente gewissermaßen einer vorsichtigen Annäherung an diesen Dichter der Romantik.
- Jetzt treten wir hier langsam aufs Gaspedal und stellen in einem weiteren Video gleich vier Videos vor.
Systematischer “Spickzettel” – zu den Kennzeichen der Romantik
Den haben wir auch der Übersichtlichkeit halber ausgelagert:
https://schnell-durchblicken.de/eichendorff-gedichte-teil-3-0
Joseph von Eichendorff
Zwielicht
- Der Titel ist doppeldeutig:
- Zum einen bezeichnet der Begriff „Zwielicht“ einfach einen Zustand am Morgen oder am Abend, wenn das Tageslicht sich nocht nicht durchgesetzt hat oder schon am Verschwinden ist.
- Zum anderen kennt man die Formulierung, dass jemand zum Beispiel ein zwielichtiges Spiel spielt. Das bedeutet dann, dass es undurchsichtig ist und möglicherweise schlechte Absichten verfolgt werden.
—
Dämmrung will die Flügel spreiten,
Schaurig rühren sich die Bäume,
Wolken zieh’n wie schwere Träume –
Was will dieses Grau´n bedeuten?
- Der Anfang der ersten Strophe schafft dann Klarheit, dass es eben um den Licht-Zwischenzustand zwischen Tag und Nacht geht.
- Interessant die Personifizierung der Dämmerung als Vogel. Die Abnahme des Tageslichts wird im Bild sich ausbreitender Flügel präsentiert.
- Die nächsten zwei Zeilen machen dann im Zusammenhang mit Wolken deutlich, dass diese Dämmerung mit negativen Gefühlen beziehungsweise Erwartungen verbunden ist.
- Am Ende ist sogar vom „Grau’n“, also vom Grauen die Rede. Wir verbinden damit sicher das Wort „grauenvoll“. Das macht besonders deutlich, dass es hier um ein Gefühl tiefer Verunsicherung geht – zwischen Angst und Verzweiflung.
- Offen bleibt die Frage, was dahinter steckt. Auf jeden Fall ist klar, dass es sich um eine unbestimmte Angst handelt, nicht um eine Furcht, bei der klar ist, worauf sie sich bezieht.
—
Hast ein Reh du lieb vor andern,
Lass es nicht alleine grasen,
Jäger zieh’n im Wald’ und blasen,
Stimmen hin und wider wandern.
- Die zweite Strophe beginnt überraschend, weil von der Liebe zu einem Reh die Rede ist. Aber das steht wohl einfach für etwas Wertvolles, das man nicht verlieren will.
- Und die in der dritten Zeile erwähnten Jäger zeigen an, dass hier etwas bedroht ist und man es nicht alleine lassen soll.
- Wenn man das auf die Welt der Menschen beziehen will, dann könnte mit dem „Reh“ ein Partner gemeint sein, den man nicht zu sehr alleine lassen sollte, weil er dann einfach von anderen „erjagt“ werden könnte – im Sinne von: an einen anderen Menschen verloren gehen.
- Aus der bezugslosen Angst ist in der zweiten Strophe eine zumindest einigermaßen deutliche Furcht geworden, der man begegnen sollte.
—
Hast du einen Freund hienieden, [hienieden = in dieser Welt]
Trau ihm nicht zu dieser Stunde,
Freundlich wohl mit Aug’ und Munde,
Sinnt er Krieg im tück’schen Frieden.
- Die nächste Strophe konzentriert sich dann ganz klar auf den Bereich der Menschenwelt und zwar auf die Freundschaft. Die spielte ja in der gesamten Zeit des Idealismus eine große Rolle – vom Sturm und Drang über die Klassik bis hin zur Romantik und damit zu Eichendorff.
- Es folgt die klare Warnung, in dieser besonderen Stunde des Zwielichts, nicht zu vertrauensvoll zu sein.
- Verbunden ist das mit der Begründung, dass ein scheinbar freundliches Verhalten oder Sprechen in Wirklichkeit mit feindlichen Absichten verbunden ist.
- Das wird erstaunlicherweise als Tatsache hingestellt, obwohl es in den seltensten Fällen so krass Realität werden sollte. Es verstärkt sich der Eindruck, dass dieses Gedicht einfach Ängste ausdrücken soll im Übergangsbereich vom hellen Tag zur dunklen Nacht.
—
Was heut müde gehet unter,
Hebt sich morgen neu geboren.
Manches bleibt in Nacht verloren –
Hüte dich, bleib’ wach und munter!
- Die letzte Strophe präsentiert an einen positiven Ausblick.
- Zum einen wird angedeutet, dass halt die Gedanken und Gefühle, die eben geäußert worden sind, möglicherweise mit Müdigkeit zusammenhängen. Jeder Mensch kennt das, dass Müdigkeit auch mit Niedergeschlagenheit bzw. Sorgen oder Ängsten verbunden sein kann.
- Das Positive ist dann die Aussicht auf einen neuen Tag, der neues Leben hervorbringt.
- Am Ende wird dann aber doch noch mal darauf hingewiesen, dass es solche Nacht-Erlebnisse gibt, die dann zwar mit dem Beginn des Tages verloren gegangen sind, die man aber im Auge behalten sollte, weil sie anscheinend doch für reale Gefahren stehen. Man könnte auch sagen: Solche Stunden des Zwielichts, der Dämmerung machen aufmerksam, dass die Existenz des Menschen in vielerlei Hinsicht nicht so sicher ist, wie es im Sonnenschein des Tages zu sein scheint.
—
Insgesamt erschien dieses Gedicht auf den ersten Blick zunächst etwas rätselhaft, ja verstörend. Aber ein genauerer Blick hat deutlich gemacht, dass es eben eine Tageszeit gibt mit entsprechenden Stimmungen, die vorwiegend Gefahren sehen.
Verbunden ist das aber zumindest ansatzweise in dem Gedicht bereits mit der Vorstellung des neuen Tages, bei dem dann solche Gefühle und Sorgen zurücktreten.
Es bleibt immer ein Rest von Ungewissheit, was Anlass zur Vorsicht ist.
Weitere Infos, Tipps und Materialien
- Eichendorff, Gedichte und Novellen
https://textaussage.de/eichendorff-themenseite
— - Wichtige Gedichte Eichendorffs
https://textaussage.de/eichendorff-interessante-gedichte-vorgestellt
— - Infos, Tipps und Materialien zu weiteren Themen des Deutschunterrichts
https://textaussage.de/weitere-infos