Engelke, „Auf der Straßenbahn“ – ganz schön aktuell – mit unseren Anregungen hier Mat773)

Engelke, „Auf der Straßenbahn“

  • Das Gedicht „Auf der Straßenbahn“ von Gerrit Engelke ist ein expressionistisches Gedicht,
    • das die Bewegung und Dynamik einer Straßenbahnfahrt schildert.
  • Es beschreibt nicht nur die äußeren Abläufe der Fahrt,
    • sondern auch die subjektive Wahrnehmung des lyrischen Ichs,
    • das sich mit der Geschwindigkeit und dem Rhythmus der Bahn identifiziert.

Gerrit Engelke,

Auf der Straßenbahn
  1. Wie der Wagen durch die Kurve biegt,
  2. Wie die blanke Schienenstrecke vor ihm liegt:
  3. Walzt er stärker, schneller.
  4. Die Motore unterm Boden rattern,
  5. Von den Leitungsdrähten knattern
  6. Funken.
    • In den ersten sechs Zeilen wird die Bewegung der Straßenbahn beschrieben: Sie biegt in eine Kurve, beschleunigt und gibt mechanische Geräusche von sich.
  7. Scharf vorüber an Laternen, Frauenmoden,
  8. Bild an Bild, Ladenschild, Pferdetritt, Menschenschritt –
  9. Schlitternd walzt und wiegt der Wagenboden,
  10. Meine Sinne walzen, wiegen mit!:
  11. Voller Strom! Voller Strom!
    • Ab Zeile 7 folgt eine rasante Wahrnehmung der Umgebung – Straßenlaternen, Menschen, Geschäfte – alles zieht in schneller Abfolge vorbei.
    • Das lyrische Ich fühlt sich eins mit dieser Bewegung („Meine Sinne walzen, wiegen mit!“, Zeile 10).
  12. Der ganze Wagen, mit den Menschen drinnen,
  13. Saust und summt und singt mit meinen Sinnen.
  14. Das Wagensingen sausebraust, es schwillt!
    • Der Höhepunkt des Gedichts liegt in Zeilen 12–14,
    • wo das lyrische Ich mit dem Gesang der Straßenbahn verschmilzt(„Der ganze Wagen, mit den Menschen drinnen, / Saust und summt und singt mit meinen Sinnen“).
  15. Plötzlich schrillt
  16. Die Klingel!–
    • Die plötzliche Unterbrechung erfolgt durch das Schrillen der Klingel (Zeilen 15–16), 
  17. Der Stromgesang ist aus –
  18. Ich steige aus –
  19. Weiter walzt der Wagen.
    • woraufhin das lyrische Ich aussteigt, während die Straßenbahn weiterfährt.

Sprachliche und rhetorische Mittel

  • Lautmalerei und Alliteration: „rattern“ (Z. 4), „knattern“ (Z. 5), „sausebraust“ (Z. 14) – Diese Wörter ahmen die Geräusche der Straßenbahn nach.
  • Personifikation: Die Straßenbahn wird wie ein lebendiges Wesen dargestellt, das „saust“, „singt“ und „walzt“.
  • Wiederholung: „Voller Strom! Voller Strom!“ (Z. 11) – Dies verstärkt die Dynamik und das Gefühl der Geschwindigkeit.
  • Plötzlicher Bruch: Der abrupte Stopp durch die Klingel („Plötzlich schrillt / Die Klingel!“ Z. 15–16) hebt den Kontrast zwischen Bewegung und Stillstand hervor.

Zusammenfassung

  • Das Gedicht vermittelt das Gefühl der Geschwindigkeit und Technologisierung der modernen Welt.
  • Das lyrische Ich wird in den Rhythmus der Maschine hineingezogen, erlebt eine Art Rausch, wird jedoch am Ende wieder abrupt aus diesem Strom gerissen.
  • Dies könnte als Darstellung der hektischen, urbanen Lebensweise verstanden werden, in der der Mensch von der Technik mitgerissen wird, aber nie wirklich Teil davon bleibt.

Einschätzung

  • Engelkes Gedicht ist ein typisches Beispiel für den literarischen Expressionismus:
  • Es fängt Bewegung, Geschwindigkeit und das subjektive Empfinden intensiv ein.
  • Durch lautmalerische Elemente, dynamische Satzstrukturen und abrupten Bruch am Ende wirkt es besonders eindringlich.
  • Die Darstellung der modernen Technik als rauschhaftes, aber zugleich entfremdendes Erlebnis macht das Gedicht auch heute noch lesenswert.

Anregung

  • Heute wird wohl kaum eine Straßenbahn so eine Wirkung erzeugen.
  • Aber man könnte mal überlegen, was uns heute auf ähnliche Art und Weise beeindrucken, ja faszinieren könnte.
  • Uns ist da einiges eingefallen:
    • Mit einem Jet-Ski oder Rennboot übers Wasser rasen
      • Der Motor heult auf, das Wasser spritzt, der Körper federt mit jeder Welle mit.
      • Das Ufer, andere Boote und Menschen am Strand ziehen in schnellen Bildern vorbei.
      • Plötzlich: Eine scharfe Kurve, das Tempo bricht ab – oder die Fahrt ist vorbei, das Boot gleitet aus.
    • Mit einem Longboard oder BMX-Bike durch eine Halfpipe fahren
      • Man nimmt Schwung, wird schneller, die Bewegungen werden flüssiger.
      • Die Umgebung verschwimmt, es gibt nur noch die Bahn, den Rhythmus, den eigenen Körper.
      • Dann kommt der Moment des Absprungs oder des Stopps – der Rausch wird unterbrochen.
    • Ein VR-Racing- oder Flugsimulator mit kompletter Bewegungserfahrung nutzen
      • Der Stuhl bewegt sich mit, das Cockpit oder das Auto fühlt sich real an.
      • Der virtuelle Horizont kippt, das Gehirn glaubt an die Geschwindigkeit.
      • Dann plötzlich: Simulation vorbei, Brille abnehmen – zurück in die Realität.
    • Fallschirmsprung im Tandem-Verfahren
      • Der Moment vor dem Absprung: Der Puls rast, der Wind pfeift um die Ohren.
      • Dann der freie Fall – der Körper stürzt durch die Luft, alles rauscht vorbei, der Boden kommt näher.
      • Plötzlich: Der Fallschirm öffnet sich, der Rausch ist vorbei, und man schwebt ruhig dem Boden entgegen.
    • Bungee-Sprung von einer Brücke oder einem Felsen
      • Der Blick nach unten, das Adrenalin pumpt, dann der Absprung ins Nichts.
      • Der Sturz – die Luft schneidet ins Gesicht, die Geschwindigkeit nimmt zu, bis plötzlich der Gummiseil-Widerstand einsetzt.
      • Der Moment des Pendelns, des langsamen Ausklingens, bis man schließlich wieder festen Boden unter den Füßen hat.

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