Engelke, „Auf der Straßenbahn“
- Das Gedicht „Auf der Straßenbahn“ von Gerrit Engelke ist ein expressionistisches Gedicht,
- das die Bewegung und Dynamik einer Straßenbahnfahrt schildert.
- Es beschreibt nicht nur die äußeren Abläufe der Fahrt,
- sondern auch die subjektive Wahrnehmung des lyrischen Ichs,
- das sich mit der Geschwindigkeit und dem Rhythmus der Bahn identifiziert.
Gerrit Engelke,
Auf der Straßenbahn
- Wie der Wagen durch die Kurve biegt,
- Wie die blanke Schienenstrecke vor ihm liegt:
- Walzt er stärker, schneller.
- Die Motore unterm Boden rattern,
- Von den Leitungsdrähten knattern
- Funken.
- In den ersten sechs Zeilen wird die Bewegung der Straßenbahn beschrieben: Sie biegt in eine Kurve, beschleunigt und gibt mechanische Geräusche von sich.
- Scharf vorüber an Laternen, Frauenmoden,
- Bild an Bild, Ladenschild, Pferdetritt, Menschenschritt –
- Schlitternd walzt und wiegt der Wagenboden,
- Meine Sinne walzen, wiegen mit!:
- Voller Strom! Voller Strom!
- Ab Zeile 7 folgt eine rasante Wahrnehmung der Umgebung – Straßenlaternen, Menschen, Geschäfte – alles zieht in schneller Abfolge vorbei.
- Das lyrische Ich fühlt sich eins mit dieser Bewegung („Meine Sinne walzen, wiegen mit!“, Zeile 10).
- Der ganze Wagen, mit den Menschen drinnen,
- Saust und summt und singt mit meinen Sinnen.
- Das Wagensingen sausebraust, es schwillt!
- Der Höhepunkt des Gedichts liegt in Zeilen 12–14,
- wo das lyrische Ich mit dem Gesang der Straßenbahn verschmilzt(„Der ganze Wagen, mit den Menschen drinnen, / Saust und summt und singt mit meinen Sinnen“).
- Plötzlich schrillt
- Die Klingel!–
- Die plötzliche Unterbrechung erfolgt durch das Schrillen der Klingel (Zeilen 15–16),
- Der Stromgesang ist aus –
- Ich steige aus –
- Weiter walzt der Wagen.
- woraufhin das lyrische Ich aussteigt, während die Straßenbahn weiterfährt.
Sprachliche und rhetorische Mittel
- Lautmalerei und Alliteration: „rattern“ (Z. 4), „knattern“ (Z. 5), „sausebraust“ (Z. 14) – Diese Wörter ahmen die Geräusche der Straßenbahn nach.
- Personifikation: Die Straßenbahn wird wie ein lebendiges Wesen dargestellt, das „saust“, „singt“ und „walzt“.
- Wiederholung: „Voller Strom! Voller Strom!“ (Z. 11) – Dies verstärkt die Dynamik und das Gefühl der Geschwindigkeit.
- Plötzlicher Bruch: Der abrupte Stopp durch die Klingel („Plötzlich schrillt / Die Klingel!“ Z. 15–16) hebt den Kontrast zwischen Bewegung und Stillstand hervor.
Zusammenfassung
- Das Gedicht vermittelt das Gefühl der Geschwindigkeit und Technologisierung der modernen Welt.
- Das lyrische Ich wird in den Rhythmus der Maschine hineingezogen, erlebt eine Art Rausch, wird jedoch am Ende wieder abrupt aus diesem Strom gerissen.
- Dies könnte als Darstellung der hektischen, urbanen Lebensweise verstanden werden, in der der Mensch von der Technik mitgerissen wird, aber nie wirklich Teil davon bleibt.
Einschätzung
- Engelkes Gedicht ist ein typisches Beispiel für den literarischen Expressionismus:
- Es fängt Bewegung, Geschwindigkeit und das subjektive Empfinden intensiv ein.
- Durch lautmalerische Elemente, dynamische Satzstrukturen und abrupten Bruch am Ende wirkt es besonders eindringlich.
- Die Darstellung der modernen Technik als rauschhaftes, aber zugleich entfremdendes Erlebnis macht das Gedicht auch heute noch lesenswert.
Anregung
- Heute wird wohl kaum eine Straßenbahn so eine Wirkung erzeugen.
- Aber man könnte mal überlegen, was uns heute auf ähnliche Art und Weise beeindrucken, ja faszinieren könnte.
- Uns ist da einiges eingefallen:
- Mit einem Jet-Ski oder Rennboot übers Wasser rasen
- Der Motor heult auf, das Wasser spritzt, der Körper federt mit jeder Welle mit.
- Das Ufer, andere Boote und Menschen am Strand ziehen in schnellen Bildern vorbei.
- Plötzlich: Eine scharfe Kurve, das Tempo bricht ab – oder die Fahrt ist vorbei, das Boot gleitet aus.
- Mit einem Longboard oder BMX-Bike durch eine Halfpipe fahren
- Man nimmt Schwung, wird schneller, die Bewegungen werden flüssiger.
- Die Umgebung verschwimmt, es gibt nur noch die Bahn, den Rhythmus, den eigenen Körper.
- Dann kommt der Moment des Absprungs oder des Stopps – der Rausch wird unterbrochen.
- Ein VR-Racing- oder Flugsimulator mit kompletter Bewegungserfahrung nutzen
- Der Stuhl bewegt sich mit, das Cockpit oder das Auto fühlt sich real an.
- Der virtuelle Horizont kippt, das Gehirn glaubt an die Geschwindigkeit.
- Dann plötzlich: Simulation vorbei, Brille abnehmen – zurück in die Realität.
- Fallschirmsprung im Tandem-Verfahren
- Der Moment vor dem Absprung: Der Puls rast, der Wind pfeift um die Ohren.
- Dann der freie Fall – der Körper stürzt durch die Luft, alles rauscht vorbei, der Boden kommt näher.
- Plötzlich: Der Fallschirm öffnet sich, der Rausch ist vorbei, und man schwebt ruhig dem Boden entgegen.
- Bungee-Sprung von einer Brücke oder einem Felsen
- Der Blick nach unten, das Adrenalin pumpt, dann der Absprung ins Nichts.
- Der Sturz – die Luft schneidet ins Gesicht, die Geschwindigkeit nimmt zu, bis plötzlich der Gummiseil-Widerstand einsetzt.
- Der Moment des Pendelns, des langsamen Ausklingens, bis man schließlich wieder festen Boden unter den Füßen hat.
- Mit einem Jet-Ski oder Rennboot übers Wasser rasen
Weitere Infos, Tipps und Materialien
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