Wie hätte Hitlers Machtergreifung verhindert werden können? (Mat7390)

Geschichte wird besonders spannend, wenn man sich überlegt, ob sie auch anders hätte verlaufen können.

Wir spielen das hier mal am Beispiel von Hitlers Machtergreifung durch. Es war keinesfalls selbstverständlich, dass aus einem einfachen Bürger ohne richtige Berufsausbildung, schließlich der unumstrittene Diktator eines großen europäischen Staates wurde.

Schlimm daran war, dass die Verfolgung vieler Menschen zu seinem System gehörte und  er schließlich die Verantwortung trug für ungeheure Verbrechen und einen Eroberungskrieg mit zig Millionen Toten.

Wir stellen  hier mal zusammen, an welchen „Stellschrauben“ die Geschichte auch anders hätte verlaufen können.

  1. Versailler Vertrag: Der Versailler Vertrag (1919) war eine immense Belastung für die deutsche Wirtschaft und Psyche. Die drakonischen Reparationen und die „Kriegsschuld“-Klausel führten zu einer tiefen Demütigung und wirtschaftlichen Not. Diese Bedingungen stärkten nationalistische und revanchistische Gefühle und wurden von radikalen Kräften, einschließlich der NSDAP, als Argument genutzt, um den Vertrag als „Schandfrieden“ anzugreifen und für die politische Mobilisierung auszuschlachten.
  2. Ruhrkampf und Hyperinflation: Die Besetzung des Ruhrgebiets durch Frankreich und Belgien 1923 als Reaktion auf Deutschlands Verzug bei Reparationszahlungen führte zum „passiven Widerstand“ und zur Hyperinflation. Die wirtschaftliche Katastrophe zerstörte das Vertrauen in die Weimarer Regierung und den Wert der Reichsmark. Das Gefühl von Instabilität und die extreme Notlage der Bevölkerung wurden von rechten und linken Extremisten als Mobilisierungsfaktoren genutzt.
  3. Sparpolitik unter Brüning: Heinrich Brüning, Reichskanzler von 1930 bis 1932, versuchte, die wirtschaftlichen Probleme der Weltwirtschaftskrise durch eine strikte Sparpolitik zu bewältigen, die die soziale Not jedoch weiter verschärfte. Seine Deflationspolitik führte zu hohen Arbeitslosenraten und machte die Weimarer Republik noch unpopulärer. Die Unzufriedenheit mit der Regierung wuchs, und extreme Parteien wie die NSDAP gewannen an Unterstützung.
  4. Haltung der konservativen Eliten und von Papen: Die konservativen Kräfte, einschließlich Franz von Papen, sahen die NSDAP als potenzielles Instrument zur Stabilisierung einer antidemokratischen, rechten Regierung. Sie unterschätzten Hitler und glaubten, sie könnten ihn kontrollieren. Die Kollaboration der konservativen Elite mit der NSDAP erwies sich als fatal, da diese die Kontrolle über Hitler verloren und er bald zur dominierenden politischen Kraft wurde.
  5. Scheitern Schleichers und Querfront-Strategie: Kurt von Schleicher versuchte als letzter Reichskanzler vor Hitler im Jahre 1932, durch eine Querfront-Strategie die politische Krise zu lösen, indem er linke und rechte Kräfte vereinen wollte. Doch dieser Plan scheiterte, unter anderem weil führende NSDAP-Mitglieder wie Gregor Strasser ihm keine Unterstützung gewährten. Strassers Ablehnung zeigte die mangelnde Kooperationsbereitschaft der NSDAP, während Schleichers Misserfolg die politische Verwirrung und Instabilität weiter verstärkte.
  6. Bündnis Hindenburg und von Papens mit Hitler: Hindenburg und von Papen, die Hitler zum Kanzler ernannten, waren überzeugt, sie könnten ihn durch das Kabinett „einrahmen“ und kontrollieren. Sie glaubten, dass Hitler, wenn er in eine rechtmäßige Position gebracht würde, unter ihrer Kontrolle bliebe. Dieses Kalkül erwies sich als großer Fehler, da Hitler die Macht rasch zentralisierte und seine politischen Gegner ausschaltete.
  7. Anti-SPD-Politik der KPD: Die KPD (Kommunistische Partei Deutschlands) verfolgte eine stark anti-SPD-orientierte Politik und betrachtete die SPD als „sozialfaschistisch“. Anstatt sich mit der SPD gegen den aufkommenden Faschismus zu verbünden, spaltete die KPD die Arbeiterbewegung weiter, was die Schwächung der demokratischen Kräfte in Deutschland beschleunigte und es der NSDAP erleichterte, ungehindert an Einfluss zu gewinnen.
  8. Schwäche der Gewerkschaften: Die Gewerkschaften waren durch die politische und wirtschaftliche Krise geschwächt und konnten der radikalen Bedrohung von rechts nur wenig entgegensetzen. Die Zersplitterung der Arbeiterbewegung und das Fehlen eines gemeinsamen Widerstands gegen die NSDAP begünstigten Hitlers Aufstieg.
  9. Volksstimmung und verbreitete Unzufriedenheit: Nach den harten Jahren der Weimarer Republik, geprägt von wirtschaftlicher Not und sozialer Unsicherheit, herrschte in der Bevölkerung ein starkes Gefühl der Enttäuschung und des Misstrauens gegenüber der Demokratie. Diese Stimmung trieb viele Menschen in die Arme der NSDAP, die schnelle und radikale Lösungen versprach und eine attraktive Alternative zur schwachen Demokratie darstellte.
  10. Instrumentalisierung der NSDAP durch die Elite: Die konservativen Eliten und Industriellen sahen in der NSDAP eine Möglichkeit, die sozialistische und kommunistische Arbeiterbewegung zu unterdrücken. Durch ihre finanzielle und ideologische Unterstützung für die NSDAP trugen sie maßgeblich dazu bei, die Partei zu stärken, bis sie schließlich zur beherrschenden Kraft wurde.

Man merkt hier deutlich, dass man die Frage der Alternative zur Machtergreifung der Nazis nur beantworten kann, wenn man direkt beim Diktatfrieden von Versailles einsetzt und dann viele verschiedene Faktoren berücksichtigt.