Goethe, „Iphigenie auf Tauris“ Akt 2 – Inhalt, wichtige Textstellen und Kommentar (Mat2283-akt2)

Worum es hier geht:

  • Wir geben hier einen schnellen Überblick über den Inhalt von Akt 2 , verbinden das aber gleich mit dem Hinweis auf Schlüssel-Textstellen, die man sich gut in der eigenen Textausgabe anstreichen kann.
  • Soweit nötig bzw. interessant geben wir auch Hinweise zur Interpretation einzelner Stellen.
  • Ein früheres Video behandelt die Vorgeschichte dieses Dramas, d.h. vor allem die Familiengeschichte der Iphigenie.
    Zu finden ist es unter:
    Videolink
    https://youtu.be/-e7igK0F2d4
  • Die zugehörige Dokumentation ist hier zu finden:
    https://www.schnell-durchblicken2.de/iph-klassik-idee-mythos

Szene II,1: Orest und Pylades sprechen über ihre Situation als Gefangene

Szene II,1

  • Orest hat angesichts seiner Gefangennahme mit dem Leben abgeschlossen (561ff).
  • „Es ist der Weg des Todes, den wir treten. / Mit jedem Schritt wird meine Seele stiller.“
    Hier wird deutlich, dass ihn die Situation eher beruhigt, weil ein Ende absehbar ist.
    „Als ich Apollen bat, das grässlich
    Geleit der Rachegeister von der Seite
    Mir abzunehmen, schien er Hülf‘ und Rettung
    Im Tempel seiner vielgeliebten Schwester,
    Die über Tauris herrscht, mit hoffnungsreichen
    Gewissen Götterworten zu versprechen;“
    Hier blickt Orest zurück auf die Worte Apollos und die damit verbundene Hoffnung.
  • Und nun erfüllet sich’s, dass alle Not
    Mit meinem Leben völlig enden soll.
    Wie leicht wird’s mir, dem eine Götterhand
    Das Herz zusammendrückt, den Sinn betäubt,
    Dem schönen Licht der Sonne zu entsagen.“
    Demgegenüber sieht Orest im wahrscheinlichen Tod das Ende aller Not, und macht deutlich ,dass das für ihn eher eine Erlösung ist.
  • Nur wegen seines Freundes Pylades hofft er noch auf Rettung.
  • Der aber hat noch Hoffnung und will alles versuchen, um sich und Orest zu retten (601ff):
  • Ich bin noch nicht, Orest, wie du bereit,
    In jenes Schattenreich hinabzugehn.
    Hier wird deutlich, dass Pylades noch nicht mit seinem Leben abgeschlossen hat wie Orest.
    Ich sinne noch, durch die verworrnen Pfade,
    Die nach der schwarzen Nacht zu führen scheinen,
    Uns zu dem Leben wieder aufzuwinden.
    Deutlich wird hier, wie engagiert Pylades nach Rettungsmöglichkeiten sucht.
    Ich denke nicht den Tod; ich sinn‘ und horche,
    Ob nicht zu irgend einer frohen Flucht
    Die Götter Rat und Wege zubereiten.“
    Auch hier wieder ein deutlicher Hinweis, dass Pylades auch auf die Götter hofft. Die Frage ist, ob das nur eine traditionelle Floskel im Drama der Goethezeit ist oder ob man es durchaus im Sinne antiken Denkens ernst nehmen muss.
  • Dabei hofft er auf eine entsprechende Zusage des Gottes Apoll.
  • Pylades verweist darauf, dass sie die Schwester zu Apoll bringen sollen und bezieht das auf die Statue der Göttin Diana. Später wird deutlich, dass damit Iphigenie gemeint ist.
  • Orest will nur an Hoffnung glauben, wenn ihm der „Schwindel“ (751) weggenommen wird, der ihn seit der Ermordung der Mutter verfolgt.
  • Pylades hofft, mit Hilfe der Priesterin etwas zu erreichen, von der er gehört hat, sie habe die Menschenopfer wegfallen lassen. Er glaubt, dass diese Haltung für die Gefangenen nützlich sein kann.
  • Pylades will sicherheitshalber erst einmal falsche Namen sagen und auch ohne Orest mit ihr reden.

Szene II,2: Pylades und Iphigenie – Nachricht vom Tode Agamamnons

  • Wie abgesprochen verheimlicht Pylades der Priesterin erst mal ihre wahre Identität und auch die spricht nicht über sich, sondern fragt nach dem Ergebnis des Trojanischen Krieges.
  • Von dort aus ist Pylades bald bei den Opfern und berichtet auch vom Tod Agamemnons.
  • Iphigenie versucht Ruhe zu bewahren und fragt nach Einzelheiten. Pylades verweist dann darauf, dass ihre Mutter die geplante Opferung der Tochter an ihrem Mann rächen wollte.
  • Mehr kann Iphigenie erst mal nicht verkraften und vertagt das weitere Gespräch.
  • Pylades sieht in ihrer Anteilnahme einen weiteren Schritt hin zu einer möglichen Rettung.

Zusammenfassung zund Auswertung des II. Aktes unter dem Aspekt der „Steigerung“

  1. Der zweite Akt hat im klassischen Drama die Funktion der Steigerung des Konfliktes.
  2. Das wird zunächst dadurch deutlich, dass es sich nicht um irgendwelche Gefangenen handelt, die König Thoas opfern will, sondern um den Bruder von Iphigenie und seinen Freund.
  3. Zwischen den beiden Männern wird ein besonderer Aspekt des Konflikts deutlich, nämlich die Ergebung ins Schicksal, die sich bei Orest zeigt, und die ungebrochene Hoffnung auf Rettung, die Pylades kennzeichnet.
  4. Diese Hoffnung richtet sich vor allem auf die Priesterin, so dass man hier schon einen Loyalitätskonflikt bei Iphigenie erkennen kann, zwischen der Bereitschaft zur Hilfe gegenüber den Gefangenen und der Dankbarkeit und Fairness gegenüber dem König.

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