Worum es hier geht:
Im Deutschunterricht geht es bei der Frage der Epochen-Zuordnung meist um Gedichte. Dementsprechend kennt man sich da auch einigermaßen aus.
Wie sieht das aber mit einer Novelle aus.
Schauen wir uns mal an, was die KI Gemini dazu sagt (in Kursivschrift) und werten das für uns aus (eingerückt und in blauer Farbe)
- Thomas Manns Novelle „Tod in Venedig“ (erschienen 1912) lässt sich literaturgeschichtlich mehreren Strömungen zuordnen, die sich am Übergang vom 19. zum 20. Jahrhundert befinden.
- Wichtig: Literarische Werke können mehreren Epochen angehören.
- Dichter schreiben zwar „in Epochen“. Das sind dann aber meist Zeiträume, die für einen Schriftsteller nicht absolut gelten.
- Epochen sind dann wie Moden – sie herrschen vor, aber man muss sich nicht daran halten.
- m Wesentlichen ist sie ein Höhe- und Endpunkt der Décadence-Literatur des ausgehenden 19. Jahrhunderts und weist starke Einflüsse des Symbolismus und Neoklassizismus auf. Manchmal wird auch der Impressionismus als Epoche genannt, unter die sie fällt.
- Décadence: Gefühl, dass man sich immer weiter von den Werten der Klassik entfernt.
- Symbolismus: Man flieht in geheimnisvolle Welten, die man sich mehr oder weniger selbst erschafft.
- Neoklassizismus ist dann der Versuch, einfach so weiterzumachen wie Goethe und Schiller, wenn auch modernisiert.
- Impressionismus heißt, dass man sich den Eindrücken hingibt, wenn man zum Beispiel in der Natur ist.
- Hier sind die Begründungen für diese Zuordnungen:
- Décadence-Literatur (Fin de Siècle):
- Siehe oben: Man fühlt sich am Ende eines guten, sicheren Zeitalters.
- Thematisierung von Verfall und Auflösung: Die Novelle behandelt den physischen und moralischen Verfall des Protagonisten Gustav von Aschenbach, der durch eine unkontrollierbare Leidenschaft für den Knaben Tadzio und die drohende Cholera-Epidemie in Venedig symbolisiert wird. Venedig selbst wird als Stadt des Verfalls und der morbiden Schönheit dargestellt, was ein typisches Motiv der Décadence ist.
- Man merkt hier Querbeziehungen zum Expressionismus – nur dass der wilder ist als Thomas Mann.
- Ästhetizismus und Sinnlichkeit: Aschenbach, ein etablierter, disziplinierter Künstler, erliegt einer extremen Ästhetisierung des schönen Knaben Tadzio, die sich in eine Obsession und unkontrollierte Sinnlichkeit verwandelt. Die Décadence betont die Vorrangstellung der Kunst und Schönheit, oft bis zur Überschreitung moralischer Grenzen.
- Auch das eine individuelle Fluchtmöglichkeit aus der zunehmenden Unsicherheit.
- * Künstlerproblematik: Die Novelle thematisiert die Krise des Künstlers und die Spannung zwischen intellektueller Disziplin und triebhafter Sinnlichkeit. Aschenbachs Zusammenbruch ist auch ein Scheitern seines künstlerischen Ideals.
- Für alle Schriftsteller als Künstler immer ein wichtiges Thema, auch z.B. in der Romantik.
- * Pathologische Züge und Melancholie: Die morbide Atmosphäre, die Aschenbachs innere Zustände widerspiegelt, und seine zunehmende Selbstaufgabe sind Kennzeichen der décadenten Stimmung.
- Auch das ein Zug der Romantik – im Sinne ihrer dunklen Seiten: Man denke etwa an die Novelle „Der Sandmann“
- * Symbolismus:
* Symbolische Aufladung: „Tod in Venedig“ ist reich an Symbolen. Venedig selbst ist ein Symbol für Schönheit, Verfall und Tod. Die Cholera ist ein klares Symbol für den Verfall und die Bedrohung, sowohl gesellschaftlich als auch persönlich für Aschenbach. Tadzio ist ein Symbol für ideale, unerreichbare Schönheit, aber auch für Verführung und den Untergang Aschenbachs.- Siehe oben: Wenn man inhaltlich keine Klarheit mehr hat wie Goethe oder Schiller, dann schafft man sich eben eine Symbolwelt.
- * Andeutung statt direkter Beschreibung: Viele der inneren Konflikte und äußeren Bedrohungen werden eher angedeutet als explizit benannt, was typisch für den Symbolismus ist, der die suggestiven Kräfte der Sprache nutzt.
- Auch das eine Folge der geringeren Sicherheit in der Klarheit. Man denke etwa an die Sprachphilosophie der Zeit („Brief des Lord Chandos“)
- * Mythologische und klassische Anspielungen: Die Novelle spielt auf antike Mythologie und Philosophie an (z.B. Platon, Dionysos), um tiefere Bedeutungen und universelle Themen zu evozieren.
- Hier sieht man, dass die alte Klassik noch nachwirkt – aber nicht mehr so wie bei Goethe und Schiller.
- * Neoklassizismus: * Formale Strenge und klassische Bezüge: Thomas Mann verwendet eine präzise, oft altertümlich anmutende und kunstvolle Sprache. Die Erzählstruktur ist straff und durchdacht, was auf ein Festhalten an klassischen Idealen der Form hinweist, selbst wenn der Inhalt die Auflösung dieser Ideale thematisiert.
- Das ist eine persönliche Reaktion eines Schriftstellers, der sich in seinem Werk die Ordnung schafft, die er außen in der Welt nicht mehr so klar und eindeutig wahrnimmt.
- * Platonische Ideenwelt: Die platonischen Anspielungen (besonders auf Platons „Phaidros“ und die Idee des Schönen) verweisen auf eine Rückbesinnung auf antike, klassische philosophische Konzepte, die Aschenbach in seiner intellektuellen Jugend verfolgte, die er aber letztlich nicht mehr halten kann.
- Hierzu muss man nichts mehr sagen 😉 Das passt zu den anderen Dingen.
- Zusammenfassend lässt sich sagen, dass „Tod in Venedig“ ein komplexes Werk ist, das an der Schwelle zum 20. Jahrhundert steht und verschiedene literarische Strömungen in sich vereint. Es markiert das Ende einer Ära, die vom Ästhetizismus und der Dekadenz geprägt war, und deutet gleichzeitig auf neue Formen der Darstellung und des Verständnisses von Kunst und Existenz hin.
- Komplex ist ein Schlüsselwort für hohe Kunst.
- Bei den Zuordnungen muss man immer daran denken, dass die von den Wissenschaftlern vorgenommen werden.
- Ein Schriftsteller schreibt so, wie er es für sich für richtig hält. Aber er steht natürlich in einem kulturellen Zusammenhang.
Unser Tipp:
Diese Zusammenstellung haben wir für einen Schüler gemacht.
Wer auch Fragen hat, kann die gerne direkt auf der folgenden Seite stellen.
Für uns sind das immer Anregungen, auf die wir uns freuen.
https://textaussage.de/schnelle-hilfe-bei-aufgaben-im-deutschunterricht
Weitere Infos, Tipps und Materialien
- Infos, Tipps und Materialien zum Thema „Literaturgeschichte“
https://textaussage.de/deutsche-literaturgeschichte-themenseite
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