Warum ein trauriger Rückblick auf die Aufklärung?
- Vor kurzem haben wir uns wieder mal etwas intensiver um unsere Übersicht über interessante Gedichte der Aufklärung gekümmert.
https://textaussage.de/gedichte-der-aufklaerung-ueberblick-und-beispiele
— - Dabei merkten wir, dass es gut wäre, wenn man all den Hoffnungen und Mahnungen der großen Schriftsteller der damaligen Zeit etwas gegenüberstellen müsste.
— - Denn damals wurden zwar gute Ideen entwickelt, aber an der Grundnatur des Menschen hat sich wohl wenig geändert.
— - Dazu kam ein Fortschrittsglaube, der in Größenwahn und Menschenverachtung münden konnte, wie sich schon bei Napoleon, dann aber vor allem in den beiden Weltkriegen zeigte.
— - Natürlich konnten die Aufklärer nicht damit rechnen, dass Charles Darwins Erkenntnisse den Menschen weit entfernen würde von der Vorstellung einer absoluten Krone der Schöpfung.
— - Und dann auch noch Sigmund Freud und seine Forschungen zu den Abgründen der menschlichen Seele.
— - Der Psychologe Le Bon zeigte dann auch noch, wie leicht es einem „Führer“ o.ä. gelingen kann, Menschenmassen eine gemeinsame Seele zu geben, was dann zu leichter Lenkbarkeit führt.
— - Und auch die Hoffnungen, nach 1945 für eine bessere Welt zu sorgen, endeten zunächst im Kalten Krieg – mit der Gefahr der totalen Auslöschung der Menschheit.
— - Und nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion kam es nicht zum Sieg der liberalen westlichen Welt und dann zum „Ende der Geschichte“ – sondern nur zu Entwicklungen, die zu Krieg und Terror führten.
— - Wir haben dann unseren „Behelfsschriftsteller“ Lars Krüsand gebeten, einen entsprechenden Rückblick literarisch zu verarbeiten – und den präsentieren wir hier jetzt.
— - Da das mehr zu Nachdenken und Diskussionen führen soll und weniger zu Analyse- und Interpretationsstress, haben wir eingeschoben, was der Autor uns als Verständnishilfe mitgegeben hat.
Lars Krüsand,
Trauriger Rückblick
- Befreit warst du
- Von Höllenfurcht
- Jedoch nicht von der Hölle.
- Hier wird mit dem Begriff der Hölle gespielt – ausgehend von der Höllendrohung, die im Mittelalter von der Kirche genutzt wurde.
- Die zweite Hölle ist dann eine Metapher für all das, was nach der Aufklärung – bei allem Guten – Angst und Schrecken auslösen konnte und es z.B. in den Schützengräben des Ersten Weltkriegs oder in den späteren Vernichtungslagern auch tat.
- Napoleon kehrte heil zurück
- Aus Russland
- Durch die meisten seiner Männer
- nicht
- Der Bezugspunkt ist hier Napoleons Russlandfeldzug mit einer Armee von mehreren Hunderttausend Menschen,
- von denen nur wenige zurückkamen.
- Und aus der Liebe zur Natur
- Wurd Herrschaft über sie
- und Leben mit Maschinen.
- Dies ist eine Anleihe an der Idee einer „Dialektik der Aufklärung“, wie sie von den Philosophen Adorno und Horkheimer während des Zweiten Weltkriegs entwickelt wurde.
- Der Begriff sollte deutlich machen, dass aus der guten „These“ der Menschheitsbefreiungsideen der Aufklärer eben auch eine Antithese wurde.
- Aus der Befreiung von der Natur (z.B. bessere Nahrungsmittelversorgung und Medikamente) wurde die Herrschaft über die Natur. Man denke an die Umweltprobleme – aber auch die Bewegung des „Transhumanismus“.
- Gemeint damit sind Vorstellungen, dass man mit Technik die Grenzen des Menschen überwinden könne.
- Vergessen hatte man
- Die Macht der Seele
- Hinzu kam noch
- Die Macht des Massenwahns.
- Dies bezieht sich hier auf Sigmund Freund und den erwähnten Psychologen Le Bon.
- Und als man 45 endlich glaubte
- Wir schützen uns
- Vor jeder Wiederholung
- Zeigt sich der alte Mensch
- All überall
- In Krieg und Terror
- Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs gab es eine lange Zeit, wo man zumindest in Europa und Amerika in relativem Frieden und Wohlstand leben konnte.
- Aber die Menschen erwiesen sich viel mehr als „Produkte“ der Evolution – ohne die Möglichkeit rascher Weiterentwicklung. In Teilen kehrt die Barbarei früherer Zeiten zurück.
- Und eine ungewisse Zukunft droht
- Mit ABC und noch KI
- Am Ende dann der Hinweis auf Atomwaffen und Techniken der biologischen Kriegführung, zum Teil auch Einsatz von chemischen Waffen.
- Und seit ChatGPT und seinen Nachfolgern wird deutlich, dass wir an einer Zeitenwende stehen, was das Verhältnis von menschlicher und künstlicher Intelligenz angeht.
- Die Zeit nahm ihren Lauf
- Und keine Rücksicht
- Selbst auf große Geister
- Der Schluss fasst alles zusammen
- und erinnert ein wenig an Goethes „Das Göttliche“,
- wo auch eine unerbittliche Zeit schicksalhaft ihren Lauf nimmt
- und dem Dichter nur übrigbleibt, an uns Menschen zu appellieren,
- das in uns auch vorhandene „Göttliche“ zu Verhaltensoasen des „Edel sei der Mensch / Hilfreich und gut“ zu machen.
Weitere Infos, Tipps und Materialien
- Übersicht über Texte von Lars Krüsand
https://textaussage.de/lars-kruesand-sammlung-der-texte-eines-behelfsschriftstellers
— - Infos, Tipps und Materialien zu weiteren Themen des Deutschunterrichts
https://textaussage.de/weitere-infos
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