Lars Krüsand, Trauriger Rückblick – Gedicht zu den „Er-Folgen“ der Aufklärung (Mat7497)

Warum ein trauriger Rückblick auf die Aufklärung?

  • Vor kurzem haben wir uns wieder mal etwas intensiver um unsere Übersicht über interessante Gedichte der Aufklärung gekümmert.
    https://textaussage.de/gedichte-der-aufklaerung-ueberblick-und-beispiele
  • Dabei merkten wir, dass es gut wäre, wenn man all den Hoffnungen und Mahnungen der großen Schriftsteller der damaligen Zeit etwas gegenüberstellen müsste.
  • Denn damals wurden zwar gute Ideen entwickelt, aber an der Grundnatur des Menschen hat sich wohl wenig geändert.
  • Dazu kam ein Fortschrittsglaube, der in Größenwahn und Menschenverachtung münden konnte, wie sich schon bei Napoleon, dann aber vor allem in den beiden Weltkriegen zeigte.
  • Natürlich konnten die Aufklärer nicht damit rechnen, dass Charles Darwins Erkenntnisse den Menschen weit entfernen würde von der Vorstellung einer absoluten Krone der Schöpfung.
  • Und dann auch noch Sigmund Freud und seine Forschungen zu den Abgründen der menschlichen Seele.
  • Der Psychologe Le Bon zeigte dann auch noch, wie leicht es einem „Führer“ o.ä. gelingen kann, Menschenmassen eine gemeinsame Seele zu geben, was dann zu leichter Lenkbarkeit führt.
  • Und auch die Hoffnungen, nach 1945 für eine bessere Welt zu sorgen, endeten zunächst im Kalten Krieg – mit der Gefahr der totalen Auslöschung der Menschheit.
  • Und nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion kam es nicht zum Sieg der liberalen westlichen Welt und dann zum „Ende der Geschichte“ – sondern nur zu Entwicklungen, die zu Krieg und Terror führten.
  • Wir haben dann unseren „Behelfsschriftsteller“ Lars Krüsand gebeten, einen entsprechenden Rückblick literarisch zu verarbeiten – und den präsentieren wir hier jetzt.
  • Da das mehr zu Nachdenken und Diskussionen führen soll und weniger zu Analyse- und Interpretationsstress, haben wir eingeschoben, was der Autor uns als Verständnishilfe mitgegeben hat.

Lars Krüsand,

Trauriger Rückblick

  1. Befreit warst du
  2. Von Höllenfurcht
  3. Jedoch nicht von der Hölle.
    • Hier wird mit dem Begriff der Hölle gespielt – ausgehend von der Höllendrohung, die im Mittelalter von der Kirche genutzt wurde.
    • Die zweite Hölle ist dann eine Metapher für all das, was nach der Aufklärung – bei allem Guten – Angst und Schrecken auslösen konnte und es z.B. in den Schützengräben des Ersten Weltkriegs oder in den späteren Vernichtungslagern auch tat.
  4. Napoleon kehrte heil zurück
  5. Aus Russland
  6. Durch die meisten seiner Männer
  7. nicht
    • Der Bezugspunkt ist hier Napoleons Russlandfeldzug mit einer Armee von mehreren Hunderttausend Menschen,
    • von denen nur wenige zurückkamen.
  8. Und aus der Liebe zur Natur
  9. Wurd Herrschaft über sie
  10. und Leben mit Maschinen.
    • Dies ist eine Anleihe an der Idee einer „Dialektik der Aufklärung“, wie sie von den Philosophen Adorno und Horkheimer während des Zweiten Weltkriegs entwickelt wurde.
    • Der Begriff sollte deutlich machen, dass aus der guten „These“ der Menschheitsbefreiungsideen der Aufklärer eben auch eine Antithese wurde.
    • Aus der Befreiung von der Natur (z.B. bessere Nahrungsmittelversorgung und Medikamente) wurde die Herrschaft über die Natur. Man denke an die Umweltprobleme – aber auch die Bewegung des „Transhumanismus“.
    • Gemeint damit sind Vorstellungen, dass man mit Technik die Grenzen des Menschen überwinden könne.
  11. Vergessen hatte man
  12. Die Macht der Seele
  13. Hinzu kam noch
  14. Die Macht des Massenwahns.
    • Dies bezieht sich hier auf Sigmund Freund und den erwähnten Psychologen Le Bon.
  15. Und als man 45 endlich glaubte
  16. Wir schützen uns
  17. Vor jeder Wiederholung
  18. Zeigt sich der alte Mensch
  19. All überall
  20. In Krieg und Terror
    • Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs gab es eine lange Zeit, wo man zumindest in Europa und Amerika in relativem Frieden und Wohlstand leben konnte.
    • Aber die Menschen erwiesen sich viel mehr als „Produkte“ der Evolution – ohne die Möglichkeit rascher Weiterentwicklung. In Teilen kehrt die Barbarei früherer Zeiten zurück.
  21. Und eine ungewisse Zukunft droht
  22. Mit ABC und noch KI
    • Am Ende dann der Hinweis auf Atomwaffen und Techniken der biologischen Kriegführung,  zum Teil auch Einsatz von chemischen Waffen.
    • Und seit ChatGPT und seinen Nachfolgern wird deutlich, dass wir an einer Zeitenwende stehen, was das Verhältnis von menschlicher und künstlicher Intelligenz angeht.
  23. Die Zeit nahm ihren Lauf
  24. Und keine Rücksicht
  25. Selbst auf große Geister
    • Der Schluss fasst alles zusammen
    • und erinnert ein wenig an Goethes „Das Göttliche“,
    • wo auch eine unerbittliche Zeit schicksalhaft ihren Lauf nimmt
    • und dem Dichter nur übrigbleibt, an uns Menschen zu appellieren,
    • das in uns auch vorhandene „Göttliche“ zu Verhaltensoasen des „Edel sei der Mensch / Hilfreich und gut“ zu machen.

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