Was geschieht mit Faust am Ende des II. Teils des Dramas (Mat2310)

Die entscheidende Stelle, die Mephistos scheinbaren Sieg zeigt

  • Aus: „Großer Vorhof des Palastes“
  • Die Stelle ist interessant, weil Faust dort beschreibt, warum er glaubt, dass er mit Mephisto sein Ziel erreicht hat, nämlich vollkommen glücklich zu sein.
  • In Wirklichkeit lässt Mephisto für den inzwischen blinden Faust das Grab schaufeln.
Was ist bis dahin geschehen?
  1. Faust ist inzwischen 100 Jahre alt und erblindet. Während in Wirklichkeit Mephisto sein Grab schaufeln lässt, glaubt glaubt fälschlicherweise, dass an seinem großen Projekt der Landgewinnung weitergearbeitet wird. Er sieht es nämlich als sein höchstes Glück an, dass er für viele Menschen etwas Gutes erreicht.
  2. In diesem (also betrügerischen Zusammenhang) spricht Faust die entscheidenden Worte:
    „Zum Augenblicke dürft‘ ich sagen: Verweile doch, du bist so schön!“
    Nur scheinbar ist damit die Bedingung seiner Wette mit Mephisto erfüllt.
  3. Als Faust gestoben ist, glaubt Mephisto, dass ihm jetzt Fausts Seele gehört.
  4. Es erscheinen jedoch Engel, die Fausts Leiche vor Mephisto schützen und seine Seele mit sich nehmen in höhere Regionen, wo sogar das inzwischen verewigte und fast schon heilige dargestellte Gretchen auf ihn wartet.
  5. Die Engel begründen ihre Rettung Fausts, dass dieser sich sein Leben lang bemüht habe. Im Text heißt es:
    „Wer immer strebend sich bemüht, den können wir erlösen.“
    Das entspricht ganz dem „Prolog im Himmel“.
  6. Man merkt hier deutlich, dass der „Herr“, also Gott, auf der Seite eines solchen strebsamen Menschen steht..
  7. Dieser Schluss macht letztlich deutlich, wie Gott das Verhältnis des Menschen zu den himmlischen Mächten sieht:
    Das dauerhafte menschliche Streben einerseits und und die Liebe sind letztlich stärker als der Teufelspakt.
    So wird Fausts Seele gerettet, trotz der Untaten, die im Rahmen seines Strebens und mit Anstiftung Mephistos begangen worden sind.


Hier zunächst die Originalfassung der Worte Fausts und ihres Kontextes:

FAUST.

  1. Ein Sumpf zieht am Gebirge hin,
  2. Verpestet alles schon Errungene;
  3. Den faulen Pfuhl auch abzuziehn,
  4. Das Letzte wär‘ das Höchsterrungene.
  5. Eröffn‘ ich Räume vielen Millionen,
  6. Nicht sicher zwar, doch tätig-frei zu wohnen.
  7. Grün das Gefilde, fruchtbar; Mensch und Herde
  8. Sogleich behaglich auf der neusten Erde,
  9. Gleich angesiedelt an des Hügels Kraft,
  10. Den aufgewälzt kühn-emsige Völkerschaft.
  11. Im Innern hier ein paradiesisch Land,
  12. Da rase draußen Flut bis auf zum Rand,
  13. Und wie sie nascht, gewaltsam einzuschießen,
  14. Gemeindrang eilt, die Lücke zu verschließen.
  15. Ja! diesem Sinne bin ich ganz ergeben,
  16. Das ist der Weisheit letzter Schluß:
  17. Nur der verdient sich Freiheit wie das Leben,
  18. Der täglich sie erobern muß.
  19. Und so verbringt, umrungen von Gefahr,
  20. Hier Kindheit, Mann und Greis sein tüchtig Jahr.
  21. Solch ein Gewimmel möcht‘ ich sehn,
  22. Auf freiem Grund mit freiem Volke stehn.
  23. Zum Augenblicke dürft‘ ich sagen:
  24. Verweile doch, du bist so schön!
  25. Es kann die Spur von meinen Erdetagen
  26. Nicht in Äonen untergehn. –
  27. Im Vorgefühl von solchem hohen Glück
  28. Genieß‘ ich jetzt den höchsten Augenblick.


Eine modernisierte Fassung der Worte Fausts

FAUST.

  1. Ein Sumpf zieht am Gebirge hin,
  2. Verpestet alles, was schon errungen ist;
  3. Dies faulige Gelände auch wegzuschaffen,
  4. das wäre der Abschluss für alles, was wir errungen haben.
  5. Ich schaffe Räume vielen Millionen,
  6. Nicht sicher zwar, doch tätig-frei zu wohnen.
  7. Grün die Gegend, fruchtbar; Mensch und Herde
  8. Sogleich behaglich auf der neuen Fläche,
  9. Gleich angelehnt an den sicheren Hügel,
  10. Den fleißge Völker aufgeschüttet haben.
  11. Im Innern hier ein paradiesisch Land,
  12. Da kann die Flut draußen bis zum Rand rasen,
  13. Und wenn sie versucht, gewaltsam einzuschießen,
  14. Dann sind alle dabei, die Lücke zu verschließen.
  15. Ja! dieser Idee bin ich ganz ergeben,
  16. Das ist der Weisheit letzter Schluss:
  17. Nur der hat die Freiheit im Leben sich verdient,
  18. Der täglich sie erobern muss.
  19. Und so verbringen, zwar umringt von Gefahr,
  20. Hier Kinder, Männer und Greise ein Jahr, in dem sicher arbeiten.
  21. Solch ein Gewimmel möcht‘ ich sehn,
  22. Auf freiem Grund mit freiem Volke stehn.
  23. Zum Augenblicke dürft‘ ich sagen:
  24. Verweile doch, du bist so schön!
  25. Es kann die Erinnerung an meine Zeit auf der Erde
  26. Nicht in unendlich langer Zeit untergehn. –
  27. Im Vorgefühl von solchem hohen Glück
  28. Genieß‘ ich jetzt den höchsten Augenblick.
Aussagen des Textausschnitts:
  1. Faust sieht noch einen Sumpf, der seine Idee stört, hier viel Platz für Menschen zu schaffen, die dort sicher arbeiten können.
  2. Dann gibt es eine große, paradiesische und vor allem sichere Fläche, gegen die die Flut des Meeres vergeblich anrennt.
  3. Und wenn es nötig sein sollte, sind gleich genügend Leute da, um die Lücke zu schließen.
  4. Das Ganze ist für Faust ein Beleg für die Lebensweisheit, dass man sich seine Freiheit erobern und damit verdienen muss – sie wird einem nicht geschenkt.
  5. Wenn das erreicht ist, dann glaubt Faust, glücklich zu sein.
  6. Damit würde er die Bedingung des Paktes erfüllen,
  7. aber da Mephisto ja nicht an diesem großen Werk arbeiten lässt, sondern an Fausts Grab, ist die Bedingung doch nicht erfüllt.
  8. Außerdem wird der Himmel gleich eingreifen nach dem Motto. „Wer immer strebend sich bemüht, den können wir erlösen.“
  9. Der Teufel scheitert damit auf mehrfache Weise:
    1. Zunächst hat er im Prolog im Himmel vom Herrn nur eine bedingte Erlaubnis für die Erdenzeit bekommen.
    2. Dann macht er klar, dass er nicht Fausts wirkliche Wünsche erfüllen will.
    3. Faust insgesamt erfüllt anscheinend die Voraussage des Herrn: „Ein guter Mensch in seinem dunklen Drange ist sich des rechten Weges stets bewusst.“
    4. Und schließlich betrügt Mephisto – wie man am Ende von Faust II sehen kann, Faust sogar noch an dessen Lebensende, so dass sein Glücksausruf auf falschen Ursachen beruht.
  10. Siehe dazu auch das Video „Warum Mephisto in Goethes „Faust“ ohne Chance ist…
    Videolink“
    https://youtu.be/-ohLS8PeL0Y

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