„Prometheus“ und „Das Göttliche“ – Goethe zwischen „Sturm und Drang“ und „Klassik“

Worum es hier geht:

  • Der Übergang vom Sturm und Drang zur Klassik lässt sich sehr gut an zwei Gedichten von Goethe zeigen:
  • Während sich in „Prometheus“ das Lyrische Ich noch als eine Art „zweiter Gott“ präsentiert, der sich gegen den ersten, den bisher allmächtigen Obergott erhebt,
  • fügt es sich in „Das Göttliche“ ein in ein Großes, Ganzes.

Goethe, „Prometheus“
Das Gedicht haben wir zum Beispiel hier gefunden:
Quelle: Johann Wolfgang von Goethe: Berliner Ausgabe. Poetische Werke [Band 1–16], Band 1, Berlin 1960 ff, S. 327-329.
Permalink: http://www.zeno.org/nid/2000484081X

  • Es handelt sich um einen lyrischen Monolog eines griechischen Halbgottes, der sich auf die Seite der Menschen stellte, ihnen das Feuer schenkte und dafür von Zeus, dem Obergott bestraft wurde.
  • Das Gedicht beginnt mit einer Absage an den Obergott Zeus und seine Macht und
  • dem Hinweis auf das Eigene, das man selbst geschaffen hat und das einem selbst gehört.
  • Es folgt ein Rückblick auf die Zeit, in der man noch den falschen Glauben an diesen Gott und seine Macht hatte,
  • sowie die Rettung aus allen Nöten durch eigene Kraft.
  • Hervorgehoben wird, dass Zeus als Vertreter der Götter, und Prometheus selbst jemand, der sich den Menschen zugehörig fühlt, beide dem gleichen Schicksal unterliegen, nämlich der „allmächtigen Zeit“.
  • Den Schluss bildet der trotzige Hinweis darauf, dass Prometheus Menschen nach seinem Bild schafft, die seinen Protest gegen die Götterwelt weiter ausleben.
  • Insgesamt zeigen sich hier typische Züge der Epoche des Sturm und Drang, das Selbstbewusstsein und die Auflehnung gegen die herrschenden Verhältnisse.

Goethe, „Das Göttliche“

Quelle: Johann Wolfgang von Goethe: Berliner Ausgabe. Poetische Werke [Band 1–16], Band 1, Berlin 1960 ff, S. 331-333.
  • Im Unterschied zu „Prometheus“ geht es hier nicht um den Monolog eines Revolutionärs, sondern einen Appell mit ausführlicher Begründung.
  • Zu Beginn wird der Mensch aufgefordert, „edel, hilfreich und gut“ zu sein, weil nur das ihm eine Sonderstellung unter allen Wesen der Erde gibt.
  • Was die Götter angeht, so sind es nur „unbekannte“ Wesen, die man nur ahnen kann, an denen man sich aber orientieren soll.
  • Hier wird deutlich, dass das Gedicht im Unterschied zu dem anderen überhaupt keine Götterperson als Gegenüber kennt, sondern eher – wie der Titel es auch scho ausdrückt – auf allgemeine Kennzeichen, Ideen setzt.
  • Hervorgehoben wird die Notwendigkeit eines solchen Glaubens an höhere Werte oder Prinzipien durch den Hinweis auf die „unfühlende“ Natur, die ohne erkennbare Gründe Positives oder auch Negatives verteilt.
  • Nur der Mensch sei in der Lage, diesen allgemeingültigen Gesetzen etwas Positives entgegenzusetzen, nämlih „Den Guten lohnen / Den Bösen strafen / Heilen und retten“ und
  • vor allem „dem Augenblick / Dauer verleihen“.
  • Am Ende soll der „edle Mensch“ „ein Vorbild / Jener geahneten Wesen“ sein, also das realisieren, was es nur im Verborgenen gibt.
  • Insgesamt zeigt das Gedicht typische Kennzeichen der Klassik, nämlich die Einordnung in große Zusammenhänge, aber auch ihre Gestaltung.
  • Dazu kommt der Appell an eine Art Selbst-Bildung, die den Menschen ebenfalls zu einem „zweiten Gott“ macht, aber nicht durch Trennung und Aufruhr, sondern eben durch freiwilliges Handeln im Sinne hoch-moralischer Prinzipien, die als göttlich gedacht werden.

Weitere Tipps zu Goethes „Prometheus“

Goethes „Das Göttliche“ aus heutiger Sicht:

Wer übrigens mal sehen möchte, wie ein Schriftsteller versucht, Goethes Gedicht „Das Göttliche“ aus heutiger Sicht zu betrachten, findet hier einen Versuch:

Lars Krüsand, „Das Göttliche – Oder was von ihm übrig geblieben ist

https://textaussage.de/lars-kruesand-das-goettliche-heute

Weitere Infos, Tipps und Materialien