Joachim Ringelnatz, „Die neuen Fernen“ – Anmerkungen
Joachim Ringelnatz
Die neuen Fernen
In der Stratosphäre,
Links vom Eingang, führt ein Gang
(Wenn er nicht verschüttet wäre)
Sieben Kilometer lang
Bis ins Ungefähre.
- In den ersten beiden Zeilen des Gedichtes geht es um das Objekt, dem es sich zuwendet.
- Offensichtlich ist ein Bereich jenseits des normalen Lebensraums der Menschen gemeint.
- Geredet wird von den „neuen Fernen“. Hier wird wohl eine alte Sehnsucht der Menschen mit neuen Inhalten gefüllt.
- Die nächsten vier Zeilen beschreiben dann diese Gegend, die der Mensch sich offensichtlich neu erschließen will, in Bildern der bekannten Wirklichkeit.
- Beachten sollte man dabei, dass die Stratosphäre ein Bereich der Lufthülle der Erde ist, in der der Mensch nicht mehr ohne technische Hilfsmittel leben kann.
- Deutlich ist ein leicht kritischer Akzent. Das lyrische Ich schwankt offensichtlich in seiner Sicht zwischen „unmöglich“ und „unklar“.
Dort erkennt man weit und breit
Nichts. Denn dort herrscht Dunkelheit.
Wenn man da die Augen schließt
Und sich langsam selbst erschießt,
Dann erinnert man sich gern
An den deutschen Abendstern.
- Die ersten beiden Zeilen der zweiten Strophe setzen die kritische Sicht fort.
- Sie beschreiben nämlich den maximalen Gegensatz zu der Hoffnung auf etwas Neues, nämlich das Nichts und die Dunkelheit.
- Die nächsten beiden Zeilen führen das dann ins Absurde, indem diese Möglichkeiten des Menschen maximal reduziert werden (vom Schließen der Augen bis zum Selbstmord).
- Diese Situation wird dann verbunden mit einer grundsätzlichen Alternative zu den „neuen fernen“, nämlich dem „deutschen Abendstern“, der hier für eine romantische Sicht der Welt steht.
— - Insgesamt ein Gedicht, dass den Fortschritt der Wissenschaft und die Wünsche der Menschen in Richtung Weltraum satirisch auf die Schippe nimmt und einen romantischen Gegensatz beziehungsweise eine Alternative in den Raum stellt.
- Man kann das mit Hinweis auf das Wesen des Menschen als unpassend bezeichnen. Offensichtlich sind die Menschen immer auf etwas Neues aus. Ein berühmtes Beispiel ist ja die „new frontier“ im Rahmen der amerikanischen Expansion nach Westen – zu Lasten der Indianer.
- Man muss das nun wirklich nicht gut finden, aber es zeigt eben das, was den Menschen wirklich umtreibt. Und ob da der ständige Blick auf den Abendstern reicht, ist eher unwahrscheinlich.
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