Arno Geiger, „Unter der Drachenwand“ – Analyse der Kapitel und Lektüretipps
Übersicht über die Kapitel 2-6
2: (16ff) Seit meinem letzten Aufenthalt
- Zu Hause trifft Veit auf einen Vater, der voll und ganz für den Krieg ist. So stellt er erschüttert fest. „Ich hatte den Irrsinn der Front mit dem Irrsinn der Familie vertauscht.“ ( 22)
- So ist es kein Wunder, dass er er sich zu einem Onkel auf dem Land „in eine friedlichere Welt verziehen“ will (22).
- Hier noch ein weiteres Beispiel für sehr originelle Erzähl-Elemente:
„Die Straßenbahnstation in der Nähe unseres Hauses war aufgelassen, um den Strom beim Bremsen und Anfahren zu sparen. Manche Fahrer verringerten im Bereich der Station das Tempo, damit Fahrgäste auf- und abspringen konnten. Doch für einen mit Krücken war das ausgeschlossen.“ (18)
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3: Eine halbe Fahrstunde von Salzburg
- Ort Mondsee: positiv „abseits der Heerestraßen“ (27)
- Unterkunft schmutzig und kalt
- Unfreundliche Quartiersfrau, stellt wenigstens Strohsäcke zum Schlafen zur Verfügung
- (**) Lektürevorschlag: S. 24 („Eine halbe Fahrstunde“) bis S. 25 („wünschte mir ein gutes Ankommen“
- Interessantes Zitat auf S. 24, nachdem Veit auf die noch größere Kälte in Russland hingewiesen hat:
„Da besah sie mich von Kopf bis Fuß wie ein zum Verkauf stehendes Stück Vieh.“ - Dann auf S. 25 wird deutlich, was Traumatisierung bewirkt:
„Mehrfach bellte der Hund … in einen akuten Alarmzustand wechselte.“
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- Besuch beim Onkel
- (*) Lektürevorschlag: Interessant ist sicher ingesamt das erste Gespräch zwischen Veit und seinem Onkel, der in Mondsee der wichtigste Vertreter des NS-Staates ist:
Von „An diesem ersten Tag“ bis „Ich versprach es und hinkte ab.“ - Auf dem Weg zum Onkel auf S. 26 wieder eine sehr originelle, weil differenzierende Bemerkung:
„Was das Kriegerdenkmal rettete, waren die eingravierten Namen.“ - Interessante Reaktion des Onkels, als Veit sich kritisch zum Krieg äußert:
S. 27: „unsere Brutalität … Aber der Onkel unterbrach mich.“ - Interessant: Nach Heimkehr seltsames Erlebnis: will automatisch das (nicht vorhandene) Gewehr ablegen -> „Bruchstücke der Vergangenheit“ (29) überfallen ihn
(***) Lektürevorschlag EB29:
Interessant vor allem für die Frage der „posttraumatischen Belastungsstörung“
siehe auch:
https://www.einfach-gezeigt.de/drachenwand-teilthema-ptbs
Von „In einem noch von der Front stammenden Automatismus“ bis „ich erinnerte mich an den Namen des Ortes: Jawkino.“ - S. 31: „Wie weit die Verzerrung des eigenen Wesens schon vorangeschritten ist, merkt man erst, wenn man wieder unter normale Menschen kommt.“
- S. 34: Info über dene früheren Besitzer des Gasthofs Drachenwand, der mit seinem Sohn zusammen „wegen Schwarzschlachtens geköpft“ worden ist.
- S. 35: Nachdenken über die Forderung, seinen „Mann“ zu stehen.
- S. 35: Hinweis auf einen Gasthofbesitzer, der mit seinem Sohn wegen „Schwarzschlachtens“ geköpft worden ist.
- Nebenzimmer: Margot, Frau aus Darmstadt mit Kind, ihr Mann ist in Linz und muss bald an die Front
- Besuch beim Ortsgruppenleiter: bekommt eisernen Ofen zugesagt
- Bei Spaziergang zur Drachenwand trifft Veit eine Gruppe von 13jährigen Mädchen, die aus dem bedrohten Wien hierhin verschickt worden sind.
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4: (EB38ff) Während der neue Ofen
- Der neue Ofen mit seiner Wärme lässt Veit „wieder zum Leben“ (39) erwachen.
- Er besucht seinen Onkel und trifft mit ihm zusammen auf Margarete Bildstein, eine der Lehrerinnen der Schülerinnengruppe.
- Lektüretipp: Veit und die Lehrerin
- EB40: „Gemeinsam trafen wir auf der Straße“
bis - EB43: „herauszukommen aus meinem Mief“
- Die Mädchen sind sehr an Soldatengeschichten interessiert und wiederholen gerne irgendwelche Heldenparolen wie etwa „Mein Vater sagt, so schnell stirbt man nicht“. Veit verzichtet „darauf zu widersprechen, obwohl ich es anders erlebt hatte. Stattdessen sagte ich: ‚Diese Einstellung würde sogar einem Panzergeneral imponieren‘“.,
- Lektüretipp: Die Mädchen Im Lager
- EB43: „Wir erreichten das Gasthaus Schwarzindien“
bis - EB45: „Und drinnen schon wieder Kommenadotöne“
- Abends trifft Veit noch auf seine Pensionsnachbarin Margot aus Darmstadt. Es kommt nur zu einem kurzen Gespräch, aber den Rest der Kommunikation erledigen die dünnen Wände, so dass man fast „von einem Zusammenwohnen sprechen“ kann.
5: (EB47ff) Nach einem zweitägigen kurzen Antäuschen
Hier muss man sich mal wieder besonders stark die Frage stellen: Was ist in diesem Kapitel interessant?
- Eine Figur, nämlich die Lehrerin, wird etwas klarer im Hinblick auf den jungen Soldaten: Sie ist offensichtlich an einem weiteren Kennenlernen nicht interessiert, dafür lernt er aber eine der Schülerinnen etwas näher kennen. Nanni Schaller will mit ihren Cousin Kurt zu Ostern die Drachenwand besteigen.
- Lektüretipp: Erstes Auftreten von Nanni Schaller als besondere Persönlichkeit
- EB50: „Eine der Verschickten“
bis - EB50: „und wandte sich ab“
- Außerdem wird Veit von seiner Zimmernachbarin Margot aufmerksam gemacht auf den Bruder ihrer Vermieterin, der in der Nachbarschaft Orchideen züchtet. Diesen Mann besucht der Soldat dann. Sie sprechen über Brasilien, wo der Mann lange gewesen ist. Außerdem gibt es von ihm eine kritische Bemerkung zur aktuellen Situation in Österreich, der der Soldat zustimmt.
- Lektüretipp: Erste Begegnung mit dem „Brasilianer“
- EB52: „Dann hörte ich Musik von irgendwo da draußen“
bis - EB56: „meine Kriegshaut“
6: (EB57) In der Früh ertrug ich
- Zu Beginn des Kapitels geht es um den „örtlichen Nachrichtendienst“, den die Quartierfrau verkörpert und verbreitet. Unabhängig von Veits ablehnender Reaktion ist besonders die letzte Nachricht bedenkenswert:
„Außerdem sei Strobl Josef gestorben, seine Frau habe den Arzt holen wollen, Strobl Josef habe gesagt, lass es sein, ich werde sterben, in der Tischlade hast‘ Geld, schuldig bin ich niemandem was, beim Ramsauer hab ich 200 Reichsmark zu bekommen, nur dass du’s weißt. Und soll in der nächsten Sekunde tot gewesen sein.“
Hier kann man sich schon fragen, was das für eine Haltung ist und welche Bedeutung sie im Roman hat. - Bemerkenswert ist der abgebrochene Beschäftigungsversuch bei Onkel Johann. Deutlich wird da nämlich, dass die fünf Jahre Krieg nicht nur verlorene und nebenbei auch noch lebensgefährliche Verlustzeiten sind, sondern dort auch Kompetenzen, die man bereits erworben hat, wieder verloren gehen.
- Der Ich-Erzähler selbst dazu: „Aber der Vorfall kennzeichnete meine Zerstreutheit, man sah, wie ich nach fünf Jahren geistig verkommen war. Andere vielleicht wenigher, aber ich ganz besonders.“
Anregung: Hier könnte interessant sein, zu überlegen, warum Veit hiervon besonders betroffen ist. Eine Hypothese ist, dass geistig aktive Menschen, so wie sich dieser Tagebuchschreiber in schwierigen Zeiten präsentiert, besonders unter den Besonderheiten einer Kriegssituation leiden. Auch könnte man überlegen, welche auf den ersten Blick viel normalere Situation in Friedenszeiten auch geistig lähmen können. - Direkt danach auf dem Rückweg:
EB57: „Als ich die Zeller Ache überquerte, zuckte ich zusammen: Wo ist mein Gewehr? Wo ist mein Tornister? Beide führten irgendwo im Osten ein Eigenleben, und nur die Gewohnheiten waren mir nach Mondsee ghefolgt, um mich hier zu erschrecken.“
Vgl. die Parallel-Situation auf EB29:
https://www.einfach-gezeigt.de/drachenwand-teilthema-ptbs - Dann geht es um die Entwicklung von drei Beziehungen, zunächst zweimal hin zu Freundschaft (Margot und der Brasilianer),
- im Hinblick auf die Lehrerin gibt es zumindest eine Normalisierung, aber auch Veits Einsicht, dass man sich einander wohl nur leid tut. Am Ende hat er das Gefühl, dass seine Bemühungen um diese Frau nur „verlorene Kilometer“ waren.
- Ansonsten geht es um Luftkämpfe gegen feindliche Bomber, wodurch deutlich wird, „der Krieg rückte keinen Millimeter zur Seite.“
- Am Ende geht Veit auf den Tod seiner Schwester ein, die einer schweren Krankheit erlegen ist. Er hat es als „verwirrend“ empfunden, „dass ein Mensch lebt und trotzdem, obwohl er lebt, nicht mehr gesund werden kann.“
Übersicht über alle Kapitel
- https://schnell-durchblicken.de/roman-drachenwand-einstieg-kap-1
- https://schnell-durchblicken.de/roman-drachenwand-kap-2-6
- https://schnell-durchblicken.de/roman-drachenwand-kap-7-9
- https://schnell-durchblicken.de/roman-drachenwand-kap-10-16
- https://schnell-durchblicken.de/roman-drachenwand-kap-17-22
- https://schnell-durchblicken.de/roman-drachenwand-kap-23-26
- https://schnell-durchblicken.de/roman-drachenwand-kap-27-28
- https://schnell-durchblicken.de/roman-drachenwand-kap-29-34
Weitere Infos, Tipps und Materialien
- Infos, Tipps und Materialien zum Roman „Unter der Drachenwand“
https://schnell-durchblicken.de/themenseite-roman-unter-der-drachenwand
— - Zu weiteren Themen des Deutschunterrichts
https://textaussage.de/weitere-infos
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