Video: Gabriele Wohmann, „Flitterwochen, dritter Tag“ – Kommunikation und Leserlenkung (Mat1034)

Gabriele Wohmann, „Flitterwochen, dritter Tag“ – Kommunikation und Leserlenkung

In diesem Video geht es um eine Kurzgeschichte, die zum einen im Hinblick auf die Kommunikation sehr interessant ist. Zum anderen präsentiert sie eine recht extreme Leserlenkung, die die Aussage aber sehr gut unterstützt.

Das zugehörige Video kann bei Youtube unter der folgenden Adresse abgerufen werden:

https://youtu.be/PFpuyztfetA

Worum geht es in der Kurzgeschichte?

“Flitterwochen, dritter Tag”
von Gabriele Wohmann?

  1. In der Geschichte geht es um ein frisch getrautes Ehepaar, das am dritten Tag der Flitterwochen auf einer Bierkneipenterrasse am Strand sitzt.
  2. Der Mann entwickelt vor allem Zukunftspläne und betrachtet nebenbei noch interessiert andere Frauen am Strand.
  3. Seine Frau, die Ich-Erzählerin, beschäftigt sich fast nur und sehr intensiv mit einer Warze an der Schulter eines Mannes.
  4. Erst am Ende wird deutlich, dass es sich um ihren Mann und seine Warze handelt.
  5. Die sehr negativ wahrgenommene Warze steht letztlich für das Unschöne der Beziehung.

Die Kommunikation in der Kurzgeschichte

  1. Die Kommunikation ist sehr einseitig, wird vom Mann inhaltlich und sprachlich dominiert. Watzlawick: “komplementär”, eigentlich: “autoritär” oder “eindimensionial” (W5)
  2. Frau reagiert sehr zurückhaltend (”Ja, warum nicht?”, W4), ist mehr mit ihren Beobachtungen und Überlegungen beschäftigt. (W1)
  3. Aber auch der Mann ist z.T. mit anderen Dingen beschäftigt (andere Frauen)
  4. Frau wertet das Gespräch ab: “Gerede”, “was man sich so zunuschelt” (W2)
  5. das “Zusammenleben” wird mit einem “Gewitter” gleichgesetzt, das ihr bevorsteht (W3)

Prüfung der vier Seiten des Kommunikationsquadrates nach Schulz von Thun

Was die vier Seiten des sog.
“Kommunikationsquadrates” von
Schulz von Thun angeht:

1.Reinhard: “Du wirst deine Arbeit aufgeben. Du wirst einfach kündigen.”20% Sachseite: “Du wirst kündigen”10% Selbstkundgabe: “Ich möchte, dass du…”30% Appellseite: “Du sollst kündigen!”40% Beziehungsseite: “Ich bestimme, was du tun wirst.”
2.Ich-Erzählerin: “Freust du dich, Schatz?”20% Selbstkundgabe: “Ich möchte wissen, ob”40% Appellseite: “Sag mir, ob du dich …”40% Beziehungsseite: Unklarheit über seine Gefühle. Offen bleibt, wie sie selbst es sieht.

Das Problem der Leserlenkung als besonderes Kennzeichen dieser Kurzgeschichte

Das Problem der “Leserlenkung”

  1. “Ich starrte immer weiter den Mann mit der Warze an.”Die Ich-Erzählerin tut lange so und erweckt damit beim Leser den Eindruck, dass diese Warze ein Problem eines anderen Mannes ist.
  2. Zwischendurch allerdings schon eine Andeutung:“Das schrundige Ding auf der Schulter, erstarrtes Feuerwerk, stand nicht zur Debatte.”
  3. Versteht man allerdings erst, wenn sie sagt: “Reinhard wartete, mein Mann mit der Warze.”
  4. Problem: Die Ich-Erzählerin weiß das die ganze Zeit, tut aber so als ob- entweder Verdrängung = unwahrscheinlich- oder extreme Leserlenkung
  5. Man sieht den Unterschied zwischen einer Erzählung und einem Tagebucheintrag
  6. Der Erzähler ist der Agent der Autorin: Die will den Tick mit der späten Aufklärung – und die Ich-Erzählerin setzt es um, sie macht das für die (impliziten) Leser, damit der versteht, worum es wirklich geht.

Prüfung der Kurzgeschichteneigenschaften

Ergänzung:

Was den Kurzgeschichten-Charakter und besonders die Frage des Wendepunktes sowie des offenen Endes angeht, verweisen wir auf die Seite:
https://www.schnell-durchblicken2.de/kg-wohmann-flitterwochen

Mat1034 Wohmann Kommunikation Leserlenkung

Weitere Infos, Tipps und Materialien