Worum es hier geht:
Jeder merkt im Laufe seines Lebens, dass sogar intelligente und sehr gebildete Menschen sich in Bereichen sehr sicher sind, wo andere nur den Kopf schütteln.
Auf Youtube gibt es ein interessantes Video, das Gedanken von Dietrich Bonhoeffer zusammenfasst, die er während seiner Haft in der Nazizeit niederschrieb.
„Die WARNUNG von Dietrich Bonhoeffer Über die Erschreckende Theorie der Dummheit“
https://www.youtube.com/watch?v=BeNj1DOubvU
Dieses Video befasst sich mit Dietrich Bonhoeffers tiefgreifenden Überlegungen zur Dummheit, die er aus seiner Erfahrung in einer Nazizelle zog. Es wird argumentiert, dass Bonhoeffer die größte Gefahr nicht in der Bösartigkeit sah, sondern in der bewusst kultivierten Dummheit, die auch gebildete Menschen erfasst. Die zentrale These ist, dass diese Art von Dummheit kein Mangel an Intelligenz, sondern ein moralisches Problem ist.
Die wesentlichen Punkte des Videos sind:
- Bonhoeffer sieht das Phänomen einer geradezu kultivierten Dummheit, also einer, die noch stolz auf ihre Standfestigkeit ist
Das ist für ihn die zerstörerischste Kraft in der menschlichen Geschichte.
Das Schlimme, sie kann sogar intelligente und gebildete Menschen befallen, die absurde Ideen ohne Beweise akzeptieren (0:16-0:33).
— - Wichtig: Das von Bonhoeffer festgestellte „Fehlen von Reflexion“ ist kein Mangel an Intelligenz oder Wissen, sondern ein moralisches Problem.
Es ist eine spezifische Art von Blindheit, die eine Person daran hindert, sich korrigieren zu lassen, unabhängig von Intelligenz oder Bildungsniveau. (0:49-0:54, 2:07-2:15)
Anmerkung 1: Hier taucht spätestens die Frage auf, ob die Schule nicht doch zumindest einzelne Menschen gegen diese Gefahr gewissermaßen immunisieren kann.
Anmerkung 2: Die zweite Frage ist dann, über welche Voraussetzungen die Menschen verfügen (müssen), die nicht so einfach der scheinbaren Gewissheit einer Gruppe folgen.
— - Dieses Fehlen von Reflexion ist gefährlicher als Bösartigkeit, da wir gegen Bösartigkeit protestieren und sie anprangern können, aber gegen das Fehlen von Reflexion keine Verteidigung haben (2:48-3:01).
— - Es handelt sich um eine spezifische Verzerrung des Willens, die dem Denkprozess vorausgeht. Die Menschen haben dann eine Art Filter vor ihrem Verstand, der nichts durchlässt, was nicht ankommen soll. Der Zustand ist nicht so sehr damit verbunden, was wir wissen, sondern wie wir uns zur Wahrheit und zur Realität stellen. (3:18-3:35)
— - Besorgniserregend ist, dass formale Bildung das Problem oft verschärft, indem sie ausgefeiltere Werkzeuge zur Erfindung von Ausreden und zur Selbsttäuschung bereitstellt. Selbst Menschen mit großer Argumentationsfähigkeit nutzen diese oft, um sich vor der Wahrheit zu schützen. (4:24-4:32, 4:45-4:51)
Anmerkung: Hier könnte man recherchieren, ob es nicht Studien gibt, die auch heute noch Bonhoeffers Ansicht untermauern.
— - Bonhoeffers Entdeckung betont die grundlegend soziale und politische Natur dieses Zustands, nicht nur die psychologische oder intellektuelle. Bestimmte soziale Situationen und Machtsysteme können das Fehlen von Reflexion systematisch produzieren und verstärken. (5:31-5:41, 14:28-14:30)
Anmerkung: Hier könnte man nach Beispielen suchen. Meistens ist es mit einem gewissen Fanatismus verbunden.
Das kann zum Beispiel wie im Mittelalter mit religiösen Gefühlen verbunden sein, bei denen es ja immer um Himmel oder Hölle geht. Man denke an den Umgang mit sogenannten Ketzern.
— - Es ist ein freiwilliger Zustand, wenn auch meist unbewusst. Menschen beteiligen sich aktiv daran, weniger reflektiert zu werden, indem sie die Suche nach Wahrheit zugunsten anderer Prioritäten aufgeben:
Dabei kann es sich um soziale Akzeptanz handeln, also das Bedürfnis in einer Gruppe anerkannt zu sein.
Oder es geht um emotionale Sicherheit, wie das etwa bei einer Religion der Fall sein kann.
Oder es geht um bestimmte Vorteile, etwa Karriere in einem diktatorischen System.
All das führt zu Selbsttäuschung und „absichtlicher Blindheit“. (10:05-10:12, 11:09-11:13, 12:37-12:42)
— - Autoritäre und besonders totalitäre Regime kultivieren diese Dummheit aktiv, indem sie die Möglichkeit objektiver Wahrheit angreifen, vereinfachte Darstellungen fördern und psychologische Anfälligkeiten wie Angst und Empörung ausnutzen. (15:07-15:23, 17:21-17:28)
Anmerkung: Hier kann man natürlich gut auf den Roman „1984“ von Georg Orwell zurückgreifen.
Anmerkung: Totalitäre Systeme unterscheiden sich von autoritären, dass sie sich nicht mit Herrschaft und Gehorsam begnügen, sondern auch das Denken und Fühlen der Menschenkontrollieren wollen.
— - Widerstand erfordert die bewusste Kultivierung intellektueller und moralischer Unabhängigkeit. Dies bedeutet, eine Identität zu entwickeln, die über die unmittelbare soziale Zustimmung hinausgeht, oft verwurzelt in höheren Prinzipien, und die Disziplin, sich von sozialen Zwängen zurückzuziehen. (19:49-19:53, 20:05-20:18, 20:20-20:36)
Anmerkung: Hier deuten sich Möglichkeiten an, wie man zumindest als Einzelner oder Teil einer Gruppe den kollektiven Mechanismen entgehen kann.
Dementsprechend lohnt es sich gezielt nach solchen Beispielen zu suchen.
— - Effektiver Widerstand beinhaltet auch die Entwicklung von Gemeinschaften, die sich der intellektuellen Integrität widmen. Diese „Gemeinschaften der Vernunft“ müssen über gewöhnliche politische Bündnisse hinausgehen und sich Standards der Faktenüberprüfung, ehrlicher intellektueller Erkundung und der Bereitschaft zur Meinungsänderung stellen. (20:59-21:06, 21:37-21:51, 21:53-22:07)
Anmerkung: Das ist sicher eine gute Idee, weil sich hier eine Art Gegengruppe bildet, die selbst auch wieder Kräfte entwickelt, die dem Einzelnen den Widerstand erleichtern.
— - Bonhoeffer sah Dummheit nicht als unheilbar an.
Aber ihre Überwindung erfordert für ihn ein hohes Maß an moralischer (Selbst-)Erziehung
und auch eine entsprechende Lebensweise – z.B. nicht allem sofort zu folgen, was einem erzählt wird.
Wichtig ist das Bemühen um Integrität – also eine Haltung, die offen ist für Neues oder das Andere, aber das an eigenen grundsätzlichen Einsichten und Werturteilen misst.
Wichtig ist auch eine entsprechende Vorstellung von „Wahrheit“ – mit dem klaren Bewusstsein, dass die immer nur vorläufig sein kann.
Auch sollte ein Gefühl universeller Menschlichkeit wichtiger sein als Komfort oder die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe..
— - Wir fügen hinzu, dass das Wichtigste ist,
die notwendige innere Sicherheit offen zu halten für das, was andere denken und sagen.
Andererseits sollte man immer daran denken, dass die „Wahrheiten“, die andere einem vermitteln wollen, erst mal nur ihre eigenen sind. Außerdem können sie mit bestimmten Interessen verbunden sein.
Auf jeden Fall muss man sich die Zeit nehmen, die Dinge zu prüfen – und zwar ohne „Anleitung eines anderen“, wie Immanuel Kant es in seiner Schrift zur Aufklärung verlangt hat.
Allgemeine Anregung:
In diesem Zusammenhang sollte man sich auch mit den Ergebnissen der Forschung des Psychologen Le Bon beschäftigen – aus der Zeit um 1900.
https://textaussage.de/5-min-tipp-le-bon-und-seine-psychologie-der-massen
Weitere Infos, Tipps und Materialien
- Kommunikation – Infos, Tipps und Materialien (Themenseite)
https://textaussage.de/kommunikation- themenseite
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- Infos, Tipps und Materialien zu weiteren Themen des Deutschunterrichts
https://textaussage.de/weitere-infos