Worum es hier geht:
Der Roman „Heimsuchung“ ist sehr eigenwillig aufgebaut und auch die Erzähltechnik ist zumindest gewöhnungsbedürftig, wenn nicht sogar ein bisschen fragwürdig. Aber das ist wortwörtlich gemeint, nicht als Kritik, sondern als Anregung mal darüber nachzudenken.
Auf der folgenden Seite
https://schnell-durchblicken.de/die-erzaehltechnik-in-dem-roman-heimsuchung-von-jenny-erpenbeck
haben wir schon Beobachtungen zusammengestellt und an entsprechenden Textstellen festgemacht.
Das haben wir auf der folgenden Seite genauer ausgeführt.
Hier geht es jetzt um das Kapitel „Das Mädchen“
Wir fassen hier die wichtigsten Elemente so zusammen, dass man sie auch lernen kann.
Auf der folgenden Seite haben wir eine umfangreiche Sammlung von Zitaten zur Erzähltechnik im Kapitel „Das Mädchen“ zusammengestellt. Das hat den Vorteil, dass man sein Verständnis an verschiedenen Textstellen vertiefen kann – außerdem kann man für sich ein passendes aussuchen und das ggf. hier auch einsetzen.
https://schnell-durchblicken.de/lbv-zitatsammlung-erzaehltechnik-im-roman-heimsuchung-kapitel-das-maedchen
Hier nun die Zusammenfassung in 10 Punkten
Was kann man zur Erzähltechnik des Romans am Beispiel des Kapitels „Das Mädchen“ feststellen:
- Allgemein: Mischform des Erzählverhaltens:
Erpenbeck kombiniert personale und auktoriale Erzählanteile – der Text schwankt bewusst zwischen Nähe zur Figur und allwissender Distanz.
— - Erlebte Rede als Vermittlungsschicht:
Viele Gedanken erscheinen in indirekter, aber emotional naher Form – z. B. Erinnerungen an Gespräche mit den Eltern oder Zweifel an der Realität.
D.h. inhaltlich sind es die Gedanken von Doris.
Aber Tempus und Personalform machen deutlich, dass der Erzähler ihre Gedanken aus seiner Perspektive wiedergibt.
→ „Aber gab es überhaupt Krebse, einen See, ein Boot … ?“
— - Personale Passagen:
Die Wahrnehmung der Dunkelheit, die Identitätszweifel und die inneren Fragen entstehen aus Doris’ Bewusstseinsraum.
→ „Sie würde gern irgendeinen Beweis dafür haben, daß sie da ist, aber es gibt keinen Beweis.“
— - Innere Fokalisierung:
Die Innenperspektive dominiert, wenn Doris ihre körperliche Lage und Erinnerungen erlebt:
Hier ist fraglich, was das eigentlich ist. Es kann sein, dass nicht Doris das denkt, sondern der Erzähler sich in sie hineinversetzt.
→ „Rings um sie ist alles schwarz, und der Kern dieser schwarzen Kammer ist sie.“
— - Auktoriale Einsprengsel:
Immer wieder tritt ein Erzähler auf, der mehr weiß als Doris – etwa über die Stille draußen oder das Schicksal anderer.
→ „Sämtliche Fenster des Hauses … stehen noch immer weit offen … jetzt ist alles vollkommen still.“
— - Allwissenheit und Vorausdeutung:
Der Erzähler kommentiert Doris’ Lage als „Übergang“ und kennt ihr Ende.
→ „Jetzt ist es nur noch ein kleiner Übergang, der ihr bevorsteht.“
— - Simultane Szenen (Parallelmontage):
Während Doris in Warschau leidet, beschreibt der Erzähler zeitgleich die Versteigerung ihres Besitzes in Guben – ein extremes Beispiel auktorialer Distanz.
→ „Tatsächlich wurde schon Wochen zuvor … ihr gesamter Gubener Hausrat … herausgenommen.“
— - Erzählerrede und Kommentar:
Der Erzähler deutet, vergleicht, kommentiert – z. B. in der Quintenzirkel-Metapher:
→ „Von C-Dur entfernt man sich … aber von Fis wieder hin zu C ist es nur ein ganz kleiner Schritt.“
— - Wechsel der Perspektiven (Innen ↔ Außen):
Innen: Doris’ Gedanken und sensorische Erfahrung.
Außen: neutrale Beschreibung der Umgebung oder des Endes.
→ „Als das Werterfassungskommando … die Wohnung übernimmt, hat das Rinnsal … einen kleinen See gebildet.“
— - Funktion der Erzähltechnik:
Durch das ständige Changieren zwischen Nähe und Distanz wird das Ausgeliefertsein der Figur erfahrbar – der Roman zeigt, wie der Blick von außen den Menschen zum Objekt macht.
Weitere Infos, Tipps und Materialien
- Infos, Tipps und Materialien zum Roman „Heimsuchung“ von Jenny Erpenbeck
https://schnell-durchblicken.de/themenseite-heimsuchung
— - Tipps und Materialien zu weiteren Themen des Deutschunterrichts
https://textaussage.de/weitere-infos