Zur Diskussion gestellt: Hat sich dumm stellen wirklich Vorteile?
Für besonders Interessierte – die Erklärung des Bildes kommt weiter unten .
Einleitung:
Wer kennt das nicht. Man ist in einer Gruppe zusammen – und alle versuchen, möglichst gut da zu stehen. Man möchte sich intelligent zeigen, ein paar Treffer im Gespräch landen, wo die anderen beifällig nicken.
Noch mehr verbreitet ist das, wo es wirkliche Konkurrenz gibt: Im Berufs- oder auch im Geschäftsleben. Da darf man keine Schwäche zeigen, sonst wird sie genutzt.
Dann findet man plötzlich ein Video, das wir nur empfehlen können.
Da wird allen Ernstes vorgeschlagen, sich lieber dümmer zu stellen, als man ist. Wenn man sich das Video – auf englisch – dann genauer anschaut, merkt man: Es geht eigentlich weniger um Dummheit als um Zurückhaltung. Sei es, dass man vorwiegend schweigt – oder einfach nur darauf verzichtet, seine besten Ideen rauszuhauen und damit zugleich alle Scheinwerfer auf sich zu richten.
Wir stellen hier mal die Highlights des Videos vor und hoffen, dass man sich einiges auch genauer im Original anschaut. Deshalb präsentieren wir hier auch die Timeline-Daten, also die Minuten-Sekundenstelle.
Zu finden ist das Video hier:
https://www.youtube.com/watch?v=-TRaYO8uJDg
Auf Youtube hochgeladen wurde es wohl am 2.4.25
Ausgangspunkt ist der Philosoph Arthur Schopenhauer. Außer ihm vertraten auch andere historische Persönlichkeiten wie Sokrates, Diogenes oder Sun Tzu diese These, die man so auf den Punkt bringen könnte.
„Wahre Stärke zeigt sich nicht im Zurschaustellen von Intelligenz, sondern in der Fähigkeit, diese gezielt zurückzuhalten.“
Das Video argumentiert klug, ruhig und differenziert. Es überträgt diese Idee auf heutige Kontexte: Meetings, soziale Medien, Freundeskreise. Wer nicht konkurriert, wird oft unterschätzt – und gewinnt dadurch Raum. Innerlich wie äußerlich.
Im Folgenden stellen wir zehn zentrale Gedanken des Videos vor – jeweils mit Zeitstempel versehen. So kann man gezielt hineinhören oder die Aussagen im Unterricht, im Coaching oder in der Diskussion vertiefen.
Zehn zentrale Thesen aus dem Video
„Why You Should Play the Fool in Society (Schopenhauer)“
- 0:05 – Soziale Situationen gleichen oft einer Bühne.
Ausgangspunkt – eine Normalität: Wer kennt das nicht: Viele Menschen treten auf, präsentieren sich, wollen gesehen werden. Wer sich bewusst zurückhält, fällt auf – durch Ruhe statt Lautstärke.
— - 0:25 – Der „Narr“ ist kein Dummer.
Aber es gibt in Einzelfällen auch das Gegenteil: Da ist jemand, der sich stark zurückhält, aber nicht überfordert oder isoliert wirkt. Das kann den Vorteil haben, dass man unterschätzt wird und im entscheidenden Moment umso gezielter agieren kann. Es ist eine Strategie der Stärke, nicht der Schwäche.
— - 0:50 – Schopenhauer glaubte: Die Weisen zeigen ihre Weisheit nicht.
Wer klug ist, muss das nicht beweisen. Im Gegenteil: Wer auf Show verzichtet, wirkt oft überzeugender.
Kritische Anmerkungen:- Man muss aber auch darauf achten, dass die Leute, auf die es ankommt, wissen, was man ggf. für sie wert sein kann. Denn nur Fähigkeiten, die gezeigt werden, können auch abgerufen und letztlich honoriert werden.
- Dazu kommt, dass es im Leben häufig auch auf die Show ankommt – das weiß jeder, der schon mal ein Referat gehalten hat. Da spielt es bei der Bewertung schon eine Rolle, ob man nicht nur inhaltlich richtig lag, sondern auch das Entscheidende wirkungsvoll präsentiert hat.
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- Man muss aber auch darauf achten, dass die Leute, auf die es ankommt, wissen, was man ggf. für sie wert sein kann. Denn nur Fähigkeiten, die gezeigt werden, können auch abgerufen und letztlich honoriert werden.
- 2:41 – Intelligenz im Verborgenen wirkt doppelt.
Wer nicht als Konkurrent wahrgenommen wird, erhält mehr Einblicke – und wird seltener angegriffen.
Anmerkung: Das ist auf jeden Fall richtig. Wer viel redet, sich immer wieder einmischt, kann auch leichter durchschaut werden, verrät unbeabsichtigt viel über sich. In der Kommunikation spielt ja die sogenannte „Selbstkundgabe“ eine große Rolle. Das ist das, was man unbeabsichtigt preisgibt und was negativ wirken kann. Wir waren mal zufällig in einer Apotheke, in der auch ein Kamerateam eines Fernsehsenders war. Es ging um eine Umgehungsstraße. Wir deuteten eine Meinung dazu an. Aber als es dann aufgezeichnet werden sollte, hielten wir uns glücklicherweise zurück. Wir wollten es schließlich nicht mit den 50% Nachbarn verscherzen, die anderer Meinung waren als wir.
— - 3:15 – Historische Vorbilder: Sokrates, Sun Tzu, Diogenes.
Alle drei nutzten Unterschätzung als Schutz – und als Waffe. Scheinbare Schwäche als strategischer Vorteil.
- Anregung: Hier lohnt es sich, genauer auf diese drei Personen einzugehen, gezielt danach zu recherchieren.
Weiter unten geben wir entsprechende Hinweis.
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- Anregung: Hier lohnt es sich, genauer auf diese drei Personen einzugehen, gezielt danach zu recherchieren.
- 4:04 – Psychologische Wirkung: Wer nicht konkurriert, verwirrt.
Wer sich nicht einmischt, profitiert von denen, die gewissermaßen ihre eigene Deckung fallen lassen. Man wird übersehen – und kann in Ruhe verstehen.
— - 5:11 – Der wahre Gewinn: innere Freiheit.
Wer sich nicht beweisen muss, wird frei. Kein Wettlauf um Aufmerksamkeit – sondern Gelassenheit.
Kritische Anmerkung: Dazu gehört aber ein entsprechendes Maß an Selbstbewusstsein – das muss man erst mal erwerben. Man könnte auch sagen: Nicht beweisen muss der sich, der schon einen entsprechenden Ruf hat oder es gar nicht braucht.
— - 7:29 – Zuhören ist oft klüger als Reden.
Wer andere sprechen lässt, lernt mehr – und verschwendet keine Energie auf Rechthaberei.
Anmerkung: Dem kann man ohne Einschränkung zustimmen – aber es gibt natürlich auch Momente, in denen man mutig sein könnte oder sein muss. Wenn zum Beispiel jemand gemobbt wird – aber auch dann ist eine gute Vorgehensweise hilfreich – offener Streit bringt jedenfalls nicht viel. Der Psychologe Le Bon hat mal darauf hingewiesen, dass man einen passenden Moment braucht und die richtige Form des Eingriffs, um die Mobber vielleicht zum Nachdenken und das Opfer aus der Schusslinie zu bringen.
— - 10:48 – Den Narren zu spielen heißt nicht, zu täuschen.
Es geht nicht um Manipulation. Sondern um den bewussten Entschluss, das soziale Spiel nicht in jedem Moment mitzuspielen.
Anmerkung: Das ist ein schönes Bild, das des Spiels. Aber man darf beim Nichtspielen auch nicht übertreiben, sonst erregt man eher negative Reaktionen. Man merkt hier, dass die Regeln, die hier gegeben werden, nicht absolut gesetzt werden dürfen. Es sind eher nur Anstöße, über das eigene Verhalten nachzudenken.
— - 19:54 – Die größte Ironie: Wer keine Anerkennung braucht, wird am meisten geachtet.
Selbstbewusstsein ohne Bühne wirkt oft stärker als jeder Beweis.
Anmerkung: Das sind schöne Formulierungen, die man aber mit Leben füllen sollte. Am besten diskutiert man mal drüber. Auch dabei kann man sich ja erst zurückhalten – und im entscheidenden Moment ganz behutsam eingreifen, ohne sich dabei groß hervorzutun. Dann ist man möglicherweise erfolgreich, ohne Gegenreaktionen hervorzurufen – und das ist die beste Konstellation.
Abschließender Hinweis:
Es dürfte deutlich geworden sein. Das Video provoziert etwas durch Übertreibungen, aber es lohnt sich, hineinzuhören, einzelne Stellen erneut anzuschauen und das eigene Verhalten in Gruppen, Diskussionen oder Gesprächen zu reflektieren.
Man kann es auch so formulieren:
Nicht alles muss kommentiert werden. Nicht jede schlaue Idee muss ausgesprochen werden.
Manchmal ist das Klügste, was man sagen kann, genau das, was man besser für sich behält.
Zu drei „Schweige“-Persönlichkeiten
Schweigen, Weisheit – und die Kunst, gelegentlich den Narren zu spielen
Wir haben ChatGPT mal gebeten, zu den drei Personen entsprechende Infos zusammenzutragen. Das hilft hoffentlich beim Verständnis und ggf. bei weiteren Recherchen.
Persönlichkeit | Bezug zum „weisen Schweigen“ | „Narrenspiel“ als Strategie |
---|---|---|
Sokrates (469–399 v. Chr.) | – Berühmt für sein Bekenntnis „Ich weiß, dass ich nichts weiß.“ – Schweigen ist bei ihm kein Verstummen, sondern bewusstes Zurückhalten eigener Antworten, um das Gegenüber zum Denken zu zwingen (maieutische „Hebammenkunst“). |
– Sokratische Ironie: Er stellt sich naiv, fragt scheinbar ahnungslos – bis die Gesprächspartner ihre Widersprüche selbst entlarven. – So wirkt er gelegentlich wie der Narr am Markt- platz, führt die anderen aber sanft zur Einsicht. |
Diogenes von Sinope (ca. 400–323 v. Chr.) | – Lebt radikal einfach, verweigert große Reden – oft reicht ihm eine Geste (z. B. die berühmte Laterne am hellen Tag, mit der er „einen Menschen“ sucht). – Für Diogenes ist Nicht-Reden ein Statement gegen hohles Geschwätz. |
– Kynische Provokation: Er spielt den „Stadtstreicher-Narren“ – haust in der Tonne, isst roh, lobt den bellenden Hund. – Gerade diese Rolle legt Scheinwerte bloß und entlarvt die „seriösen“ Bürger als eigentliche Toren. |
Sun Tzu (Die Kunst des Krieges, 5. Jh. v. Chr.) | – Leitsatz: „Stille ist das Geheimnis der Planung.“ Wer seine Absichten nicht verrät, behält strategischen Vorteil. – Schweigen als aktiver Teil des Täuschens und der Selbstkontrolle. |
– Verstellte Schwäche: „Zeige dich schwach, wenn du stark bist.“ – Der Feldherr tut, als wüsste er nicht weiter, lockt den Gegner in die Falle. – Hier wird das „Narren-Spiel“ zur militärischen List. |
Erklärung des Einführungsbildes
Ein stilisiertes Besprechungszimmer: Sechs Personen sitzen um einen ovalen Tisch, fünf von ihnen sind aktiv am Reden und wenden sich einem zentral sitzenden Chef zu. Die Gespräche werden symbolisch durch fliegende Gedankenblätter dargestellt, die zum Chef hinströmen.
Eine Person – geschlechtsneutral gehalten – sitzt ebenfalls am Tisch, bleibt aber still. Neben ihr steht eine kleine offene Kiste. Einige der fliegenden Gedankenblätter landen unauffällig darin. Die Szene zeigt, dass nicht nur das gesprochene Wort zählt – sondern auch, was schweigend aufgenommen wird.
Weitere Infos, Tipps und Materialien
- Kommunikation – Infos, Tipps und Materialien (Themenseite)
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- Kommunikationsmodell auf einen Blick
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— - Kurzgeschichten interpretieren – Infos, Tipps und Materialien
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