Eichendorff, „Neue Liebe“ (Mat2085)

Eichendorff, „Neue Liebe“

Joseph von Eichendorff
 
Neue Liebe
Herz, mein Herz, warum so fröhlich,

So voll Unruh und zerstreut,
Als käm über Berge selig

Schon die schöne Frühlingszeit?
  • Verdoppelte Anrede an das eigene Herz als Zentrum der Gefühle
  • Dann die Frage nach den Gründen für ganz unterschiedliche Gefühlsregungen
  • Abschluss: Ein Vergleich mit einer besonders intensiven Situation im Frühjahr, wenn Wärme und Licht über die Berge als letztes Hindernis herankommen
  • Wichtig ist die Unterschiedlichkeit der Gefühle, die mit einer neuen Liebe – so der Titel – verbunden sind.

Weil ein liebes Mädchen wieder
Herzlich an dein Herz sich drückt,
Schaust du fröhlich auf und nieder,

Erd und Himmel dich erquickt.
  • Angabe des Grundes, eben der neuen Liebe
  • Wortspiel von „Herzlich“ und „Herz“, zeigt die Gemeinsamkeit
  • „dein Herz“: Das lyrische Ich führt deutlich einen Dialog mit dem eigenen Herzen, also letztlich mit sich selbst.
  • Interessante Verbindung von „auf und nieder“, d.h. es kommt gar nicht auf das Schauen an, sondern auf das „fröhlich“.
  • Schlusszeile: Der gesamte Kosmos wird zu einer Quelle des Sich-besser-fühlen-Könnens.

Und ich hab die Fenster offen,
Neu zieh in die Welt hinein
Altes Bangen, altes Hoffen!

Frühling, Frühling soll es sein!
  • Öffnung des Fensters als symbolische Handlung,
  • um aus der Enge des Bisherigen herauszukommen
  • Verbindung der Gegensätze neu und alt – verbunden mit jeweils einem eher positiven und eher negativen Gefühl
  • Die Frühlingsfrage wird hier positiv verbunden – Wiederholung passt zu „Herz“ am Anfang, das zeigt die Verbindung von inneren Gefühlen und äußerer Situation.

Still kann ich hier nicht mehr bleiben,
Durch die Brust ein Singen irrt,
Doch zu licht ist’s mir zum Schreiben,

Und ich bin so froh verwirrt.
  • Umstellung, Subjekt nach hinten, das bedeutet eine Betonung, Hervorhebung
  • Personifizierung des Singens
  • „irrt“ passt wieder zu den anderen Signalen der durchaus freudigen Irritation, die eine neue Liebe hervorruft.
  • In der 3. Zeile dann wohl eine Anspielung auf den Dichter mit dem schönen Hinweis, dass man nicht schreibt, wenn man glücklich ist 😉
  • Die letzte Zeile verbindet dann das Irren, die Unklarheit der Gefühle mit dem Schönen, Wohltuenden.

Also schlendr‘ ich durch die Gassen,
Menschen gehen her und hin,
Weiß nicht, was ich tu und lasse,

Nur, dass ich so glücklich bin.
  • Statt an seinem Schreibtisch etwas zu verfassen, geht das lyrische Ich hinaus – und zwar schlendert es, was eher eine Bewegung des Nicht-Müssens, aber Dürfens, ist, mit schöner Ziellosigkeit verbunden, mit Offenheit für alles, was einem einfällt oder was man zu sehen bekommt.
  • Menschen werden anders wahrgenommen als gewöhnlich, sie gehen nicht „hin und her“, sondern „her und hin“ – diese Abwandlung der Redewendung entspricht dem Besonderen der Situation und der Gefühle.
  • Am Ende wird alles noch mal auf den Punkt gebracht, die weitgehende Ausschaltung des Verstandes, der Selbstkontrolle und die volle Konzentration auf ein schönes Gefühl, das mit der im Titel angegebenen Situation verbunden ist.

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