Video: Gedicht schwierig? Manchmal hilft es, sich einfach „hinein zu versetzen“: Beispiel August Stramm, „Patrouille“

Worum es hier geht:

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Videolink
Die Dokumentation kann hier angeschaut werden:
Vorüberlegungen
  • Gedichte sind für viele Schülis ein Horror, weil sie einem wie ein Rätsel vorkommen – dazu der Stress:
    Wenn man es nicht verstehet -ergibt sich eine schlechte Note.
  • Meistens sucht man gleich nach einem Sinn, was damit gemeint sein könnte – das kann ein großer Fehler sein.
  • Wir hatten heute das Glück, mit unserem „Referenz-Schüler“ = Leute, die uns auf Ideen bringen
    Latus Crux = natürlich ein Pseudonymetwas auszuprobieren, was wirklich funktioniert hat.
  • Er gehört auch zu den Schülis,
    • die in der Schule immer gleich bei Gedichten nach dem großen Sinn suchen oder danach, was der Autor uns angeblich sagen wollte.
    • Und am Ende hören sie: „Tja, das mag dein Sinn sein, aber du musst auf den Text achten.“
  • Das kennt man – aber was heißt das?
    • Wir probieren es bei diesem Gedicht mal damit: sich „hinein-zu-versetzen“
      Natürlich nicht ins Gedicht, aber in die Situation, die es beschreibt – und es hat funktioniert.
Das Gedicht:

August Stramm

Patrouille

1.Die Steine feinden
2.Fenster grinst Verrat
3.Äste würgen
4.Berge Sträucher blättern raschlig
5.Gellen
6.Tod.

Unsere „Hineinversetz“-Erklärungen

Überschrift:
Situation = Patrouille = Erkundungsgang von Soldaten, sehr gefährlich, weil es um Feinde geht.

  • Verszeile 1.
    Und hier haben wir schon die ersten Feinde, von denen man „angefeindet“ wird.
    Es geht um Steine – und um Krieg = da kann man auf Häuserkämpfe o.ä. kommen.
    Auf jeden Fall geben sie den Soldaten Deckung, leider auch den Feinden.
  • Verszeile 2.Fenster können nicht grinsen – aber sie kommen den Soldaten vor, als grinsten sie sie an – und raus kommt Verrat – sehen harmlos aus, und dann wird aus ihnen geschossen.
  • Verszeile 3.Äste können nicht würgen – muss man sich einfach vorstellen – da ist ein quälendes Sich-Bewegen – und was die Soldaten empfinden, sehen sie im Gebüsch.
  • Verszeile 4.
    Hier lässt man die Berge erst mal weg – der Rest klar, aber auch gefährlich, aber es klingt entspannt. Man schaut also einen Moment in die Weite – und das ist der Fehler.
  • Verszeile 5.
    Gellen = schreien – meistens wie (kurz) vor dem Tod. Man ahnt: Hier ist etwas schief gegangen für die Patrouille,
  • Verszeile 6.
    denn gleich ist vom Tod die Rede – und von anderen Soldaten ist keine Rede, außer dass sie aus einem Hinterhalt geschossen haben.Einmal unaufmerksam – und schon war es das – furchtbar.
Erst am Ende der große „Sinn“ des Gedichtes
  1. Das Gedicht zeigt auf beeindruckend originelle Weise, was in Soldaten vorgeht, die im Krieg einen gefährlichen Patrouillengang machen müssen.
    Man kann es aber auch auf jeden Menschen übertragen, der in eine gefährliche Situation gerät.
  2. Dann macht das Gedicht auf besondere Weise deutlich, dass nicht nur die Perspektive und die Gedanken der Soldaten am Ende verschwinden, sondern sterben und ihr Tod wird nur noch sachlich – fast von außen – auf jeden Fall sehr distanziert beschrieben.
Noch zwei nachträgliche Anmerkungen:

Natürlich kann man zwei Stellen auch etwas anders verstehen:

  • 1. Das Würgen der Äste kann man auch als direkten Angriff der Äste verstehen. Man hat das Gefühl, sie und das, was möglicherweise dahintersteht, schnürt einem die Kehle zu.
  • 2. Das Rascheln der Blätter kann man natürlich auch als zusätzliche Gefahr sehen. Das überzeugt uns aber nicht so sehr, weil wir ja vorher schon das Würgen der Äste mit einer Bewegung verbunden haben, die einem den Atem nimmt dann ist rascheln etwas, was einem weniger gefährlich vorkommt – und dann den Blick zu den Bergen erlaubt, die dann den Überfall und schließlich das Ende für die Soldaten ermöglichen.
Timeline

Die Zeitpunkte lassen sich wie Hyperlinks direkt anspringen und man ist an der entsprechenden Stelle im Video.

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