Goethe, „Iphigenie auf Tauris“ Akt 4 – Inhalt, wichtige Textstellen und Kommentar (Mat2283-akt4)

Worum es hier geht:

  • Wir geben hier einen schnellen Überblick über den Inhalt von Akt 4 , verbinden das aber gleich mit dem Hinweis auf Schlüssel-Textstellen, die man sich gut in der eigenen Textausgabe anstreichen kann.
  • Soweit nötig bzw. interessant geben wir auch Hinweise zur Interpretation einzelner Stellen.
  • Ein früheres Video behandelt die Vorgeschichte dieses Dramas, d.h. vor allem die Familiengeschichte der Iphigenie.
    Zu finden ist es unter:
    Videolink
    https://youtu.be/-e7igK0F2d4
  • Die zugehörige Dokumentation ist hier zu finden:
    https://www.schnell-durchblicken2.de/iph-klassik-idee-mythos

Szene IV,1:

  • Iphigenie ist Pylades sehr dankbar, weil sie festgestellt hat
    „Denken die Himmlischen / Einem der Erdgebornen / Viele Verwirrungen zu […] Dann erziehen sie ihm […] Daß in Stunden der Not /Auch die Hilfe bereit sei, / Einen ruhigen Freund. / O segnet, Götter, unsern Pylades.“ (1369ff).
  • Ihm und seinen Vorschlägen gegenüber stellt sie fest: „Ich muss mich leiten lassen wie ein Kind.“ (1403)
  • Dann aber heißt es plötzlich
    „O weh der Lüge“ (1405)
    und am Ende ist sie in großer Sorge, als der Bote des Königs sich nähert:
    „Es schlägt mein Herz, es drückt sich meine Seele, da ich des Mannes Angesicht erblicke, dem ich mit falschen Wort begegnen soll.“ (1417ff)

Szene IV,2:

  • Hier kommt es zu einer Art Wettkampf zwischen Iphigenie und Arkas.
  • Die Priesterin versucht,  dem Boten des Königs klarzumachen, dass das Heiligtum durch einen Mann entheiligt worden sei und man nun die Statue der Göttin erst im Meer waschen müsse.
  • Arkas ist erstaunt, nimmt das aber auf und will es dem König melden,
  • wiederholt ansonsten aber seine Mahnungen, sie möge doch den König zufriedenstellen,
  • damit die Opferungen nicht wieder aufgenommen werden müssen.
  • „Das Heer entwöhnte längst vom harten Opfer / Und von dem blut’gen Dienste sein Gemüt. (1468ff)

Szene IV,3:

  • Iphigenie stellt fest:
    „Von dieses Mannes Rede fühl‘ ich mir / Zur ungelegnen Zeit das Herz im Busen / Auf einmal umgewendet. Ich erschrecke!“ (1503ff)
  • und etwas später:
    „Nun hat die Stimme / Des treuen Manns mich wieder aufgeweckt, / Dass ich auch Menschen hier verlasse, mich / Erinnert. Doppelt wird mir der Betrug / Verhasst.“ (1525)

Szene IV,4:

  • Iphigenie und Pylades
    Letzterer erzählt freudig:
    „Dein Bruder ist geheilt! Den Felsenboden / Des ungeweihten Ufers und den Sand / Betraten wir mit fröhlichen Gesprächen; / Der Hain blieb hinter uns, wir merkten’s nicht. / Und herrlicher und immer herrlicher / Umloderte der Jugend schöne Flamme / Sein lockig Haupt; sein volles Auge glühte / Von Mut und Hoffnung, und sein freies Herz / Ergab sich ganz der Freude, ganz der Lust, / Dich, seine Retterin, und mich zu retten.“ (1536ff)
  • Dann beschreibt er die aktuelle Situation, stellt dann aber auch fest:
    „Du stehst und zauderst“ (etwa 1567)
    und er fürchtet:
    „So wirst du, reine Seele, dich und uns  / Zu Grunde richten“. (1582)
  • Iphigene macht deutlich, was sie bedrückt:
    „Die Sorge nenn‘ ich edel, die mich warnt, / Den König, der mein zweiter Vater ward, / Nicht tückisch zu betrügen, zu berauben.“ (1641)
  • Am Ende stellt sich dann aber doch wiederum fest:
    „Fast überredst du mich zu deiner Meinung.“ (1665)
  • Der Schluss gehört dann Pylades:
    „Du weigerst dich umsonst; die ehrne Hand / Der Not gebietet, und ihr ernster Wink / Ist oberstes Gesetz, dem Götter selbst / Sich unterwerfen müssen.“ (1680)

Szene IV,5:

  • Iphigenie ist tief gespalten: „Ich muss ihm folgen: denn die Meinigen / Seh ich in dringender Gefahr.“ (1689f)
  • „Doch ach! […] Soll dieser Fluch denn ewig walten? Soll / Nie dies Geschlecht mit einem neuen Segen / Sich wieder heben?“ (ca. 1695)

„So legt die taube Not ein doppelt Laster

Mit ehrner Hand mir auf: das heilige,

Mir anvertraute, viel verehrte Bild

Zu rauben und den Mann zu hintergehn,

Dem ich mein Leben und mein Schicksal danke.“ (1706ff)

  • Schließlich die Bitte an die Götter:
    „Rettet mich / Und rettet euer Bild in meiner Seele!“ (1716f)
  • Dann das alte „Lied der Parzen“, das die Willkür und Abgehobenheit der Götter beschreibt – und ihr kaltes, gnadenloses Spiel mit den Menschen.

Zusammenfassung des IV. Aktes unter dem Aspekt der „Peripetie“

Der vierte Akt von Goethes „Iphigenie auf Tauris“ zeigt

  1. die Entwicklung und geplante Verwirklichung des Fluchtplans
  2. sowie Iphigenies innere Zerrissenheit:
    • Orest und Pylades entwickeln einen Plan zur Flucht von der Insel Tauris.
    • Pylades erklärt Iphigenie die Details: Sie soll Arkas mit religiösen Bedenken im Hinblick auf die Statue hinhalten und damit die Gefangenen erst mal vor weiteren Gewalttaten schützen.
    • Diese Zeit wollen Orest und Pylades nutzen, um die Statue zum Schiff bringen
  3. Iphigenie hat große Bedenken im Hinblick auf diesen Plan,
    • da er ja bedeutet, König Thoas zu hintergehen, der für sie zu einer Art zweitem Vater geworden ist.
    • Sie fühlt sich hin- und hergerissen zwischen ihrer Sehnsucht nach der Heimat und ihrer Verbundenheit gegenüber Thoas.
    • In einem Monolog macht Iphigenie ihren inneren Konflikt deutlich.
      • Sie erkennt, dass sie rein verstandesmäßig keine andere Wahl hat als dem Plan zu folgen,
      • kann es aber nicht über sich bringen, einen doppelten Verrat zu begehen –
        • sowohl gegenüber der Göttin Diana
        • als natürlich auch gegenüber König Thoas.
  • Sie fürchtet, dass der Fluch, der auf ihrer Familie lastet, damit nur fortgeschrieben wird.
  1. Insgesamt verdeutlicht dieser Akt
    • Iphigenies moralischen Konflikt
    • und ihre Gewissensqualen hinsichtlich der geplanten Täuschung,
    • was den humanistischen Idealen der Weimarer Klassik entspricht und sie im Sinne Schillers zu einer „schönen Seele“ macht..

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