Siegfried Lenz, „Der große Wildenberg“ mit einer Anregung in Richtung Kafka (Mat2189)

Worum es hier geht:

Vorgestellt wird eine Geschichte, die

  • die eine Situation zeigt, in der jemand mit einer Bürokratie kämpft, mit der man einfach nicht klarkommt
  • eine scheinbare Autorität, hinter der in Wirklichkeit wenig steckt,
  • außerdem einen scheinbar endlosen Ablauf, der am Ende zu seinem Anfang zurückkehrt.
  • Die Geschichte enthält damit guten Diskussionsstoff für die Frage, welche ähnlichen Situationen man erlebt hat oder sich vorstellen kann – und wie man damit umgehen kann.

Gefunden haben wir die Geschichte z.B. hier.

Nun zu den Details:

Die Erzählung „Der große Wildenberg“ von Siegfried Lenz hat Ähnlichkeit mit vergleichbaren Geschichten von Franz Kafka, vor allem mit der Parabel „Vor dem Gesetz“.

  1. Es geht um einen Ich-Erzähler, der einen Brief mit der Einladung bekommt, sich für eine Bewerbung in einer Fabrik vorzustellen.
  2. Dann „riecht“ es schon nach Franz Kafka, wenn der Erzähler vom Pförtner erfährt, dieser Wildenberg sei sehr beschäftigt und man habe kaum eine Chance, an ihn ranzukommen.
  3. Allerdings bekommt er den Ratschlag, es am nächsten Tag noch mal zu versuchen.
  4. Diesmal wird er freundlich empfangen und an einen Doktor Setzki verwiesen, der ihn allerdings auf Dr. Petersen vertröstet.
  5. Als dieser erscheint, gibt er ihm den Rat, sich bei Wildenberg ganz kurz zu fassen.
  6. Als der Erzähler schließlich am Ziel ist, trifft er auf einen kleinen, schüchtern wirkenden Mann, der ihm stundenlang Geschichten aus der Firma erzählt und ansonsten über seine Einsamkeit klagt.
  7. Als der Ich-Erzähler ihn nach der Bewerbung, dem eigentlichen Anlass seines Kommens, fragt, zeigt sich, dass dieser große Wildenberg anscheinend nichts zu sagen hat und von allen Alltagsgeschäften ferngehalten wird.
  8. Immerhin bekommt der Erzähler noch den Rat, sich an Dr. Setzki zu wenden, bei dem er ja schon war. Der „habe mehr Möglichkeiten und sei über den Pförtner zu erreichen“ – auf gut deutsch: Die Geschichte geht wieder von vorne los.
  9. Man hat richtig Lust, sich vorzustellen, wie es beim zweiten Durchlauf zu einer erneuten Variante des Scheiterns kommt.
  10. Deutlich geworden sei dürfte, dass d8iese Erzählung wirklich etwas „Kafkaeskes“ hat, nämlich eine Wirklichkeit, die einfach nur grotesk ist und den Betroffenen immer wieder zurückwirft.
  11. Das hat Ähnlichkeiten mit „Vor dem Gesetz“, nur dass dort alles vor der Tür und letztlich im Kopf des Besuchers bzw. im Gespräch mit dem ersten Torwärter stattfindet.
  12. Ähnlichkeiten gibt es auch mit Kafkas Erzählung „Ein Bericht für eine Akademie“, in der ein Affe, der von der afrikanischen Goldküste entführt worden ist und ausführlich beschreibt, wie hinter jeder Tür mit ihrer möglichen Fluchtperspektive ein neues Hindernis wartet.

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