Worum es hier geht:
Das Besondere an unserer Vorstellung der ersten Szene
Wir versuchen hier, ein Theaterstück aus dem 18. Jahrhundert so zu präsentieren,
- dass man es leicht versteht, deshalb konzentrieren wir uns auf die wichtigsten Elemente und präsentieren sie in moderner Sprache (nicht im Original). Dies hat nur die Funktion, dass man versteht, worum es geht. Außerdem bekommt man so mit, wie sich das Geschehen entwickelt,
- und trotzdem auch wichtige Stellen im Original aufnimmt – die bauen wir deshalb in unsere eigene Kurzfassung ein.
Wir beginnen hier mit der 1. Szene des I. Aktes und zeigen dabei, worauf es uns ankommt:
Die Zeilenangaben sind ungefähre Angaben und sollen nur helfen, die entsprechende Textstelle leicht in der eigenen Ausgabe zu finden.
Hier zunächst ein Überblicks-Schaubild, auf das wir fortlaufend zurückgreifen.
Vorab-Information zum Stück: Zeit, Ort, Personen
- Das Theaterstück spielt in der Zeit der Kreuzzüge, also um 1200, und zwar in Jerusalem, also dem zentralen Ort der Streitigkeiten zwischen Christen und Muslimen – dazu kommen Juden, die noch in der Gegend leben.
- In der ersten Szene geht es um die Rückkehr des jüdischen Kaufmanns Nathan, der von einer Geschäftsreise zurückkehrt.
- Begrüßt wird er von Daja, einer Christin, die in seinem Hause lebt.
- Sie ist „Gesellschafterin“ von Recha, der Tochter Nathans. Unter dieser Rolle muss man sich jemanden vorstellen, der einem anderen eben „Gesellschaft“ leistet – sie ist hier so etwas wie eine Freundin.
Die Schritte des Aufbaus des dramatischen Konflikts
- V1-28: Schritt 1: Begrüßung und Hausbrand
- V1: Daria begrüßt Nathan: Gott sei Dank, dass ihr endlich von eurer Reise zurückgekommen seid.
- V3: Nathan: Wieso endlich, ich hatte doch gut zu tun.
- V12: Daria: Naja, immerhin ist euer Haus abgebrannt.
- V14: Nathan, der das schon weiß: Wo ist das Problem, ich kann mir doch ein neues bauen.
- V19: Daja: Das stimmt natürlich, doch auch Recha wäre um ein Haar mit verbrannt.
— - V29-62: Schritt 2: Nathans Verhältnis zu Recha
V21: Nathan entsetzt: Verbrannt? Meine Recha?
V29: Daria: Wieso „eure“ (29) Recha? - V30: Nathan: Ein schrecklicher Gedanke, dass ich dieses Kind nicht mehr mein Kind nennen könnte. Sie ist das beste, was ich habe, und ich verdanke es der „Tugend“ (34).
- V45: Daria: Naja, ob das noch Tugend ist. Mein „Gewissen“ (45) lässt sich nicht länger betäuben.
- V47: Nathan: Komm, such dir was aus von den Sachen, die ich mitgebracht habe, und „schweig“ (58).
- V59: Daja: Ich schweige, aber wenn hier etwas „Sträfliches vor Gott“ (59) hier geschieht, das ich nicht verhindern kann, dann sollt ihr die Folgen tragen.
— - V63-79: Schritt 3: Recha noch unter Schock
V62: Nathan: Das mache ich, aber wo ist jetzt Recha? - V65: Daja: O, die ist immer noch unter dem Eindruck des Brandes und „ihre ganze Seele war / Die Zeit (…) nur bei Euch – und ihm.“ (79)
— - V80-128: Schritt 4: Gespräch über den Retter
V80: Nathan: „Bei welchem Ihm„? - V85: Daja: „Ein junger Tempelherr, den man … gefangen eingebracht und Saladin begnadigt hatte (85).“ Der hat Daja aus dem Feuer gerettet.
- V92: Nathan: Wo ist der edle Mann?
- V105: Daja: Er ist nach der Rettungstat gleich verschwunden. Ich habe ihn dann später getroffen, aber er wollte sich seinen Dank nicht abholen, hat mich sogar verhöhnt, weil ich als Christin im Hause eines Juden lebe.
— - V129-153: Schritt 5: Rechas „Schwärmerei“
V128: Nathan: Da kann ich schon gut verstehen, dass dieser Mann meine Tochter immer noch sehr beschäftigt. Das ist schon seltsam: „so weggestoßen, Und doch so angezogen werden.“ (132) Sie schwärmt wahrscheinlich. - V142: Daja: Ja, sie sieht in ihm einen Engel, an den sie seit ihrer Kindheit glaubt und sie lebt den Traum, „In dem sich Jud‘ und Christ und Muselmann / Vereinigen“ (152).
— - V154-168: Schritt 6: Überleitung zum weiteren Verlauf: Nathan übernimmt den Kontakt zum Tempelherrn
V160: Nathan: Nun gut, dann werde ich mich mal um diesen Mann kümmern, damit Recha von ihrem Schwarm geheilt wird und den Menschen wirklich kennen lernt, der sie gerettet hat. - V167: Daja: „Ihr seid so gut, und seid zugleich so schlimm“ (167). Ach, da kommt ja Recha.
Auswertung der Szene im Hinblick auf den dramatischen Konflikt – und hier besonders die „Exposition“, d.h. die Ausgangslage.
Die Szene zeigt:
- Nathan liebt Recha auf besondere Weise und spricht dabei von „Tugend“.
- Daja kennt das dahinter stehende Geheimnis, sieht auch „Sträfliches vor Gott“, soll aber schweigen.
- Der Tempelherr zeigt ein seltsam abweisendes Verhalten, ja verhöhnt sogar Daja. Das hängt mit seiner Arroganz als Christ gegenüber dem Juden und seinen Leuten zusammen.
- Recha schwärm für ihren Retter, fühlt sich hingezogen – trotz seiner Abweisung. Er hält sie ja auch für eine Jüdin. Zu ihren Träumen gehört auch die Versöhnung von Christen, Muslimen und Juden.
- Impuls in Richtung 2. Szene: Nathan will sich jetzt um den Tempelherrn kümmern, dass Recha sich bei ihm bedanken kann.
Weitere Infos, Tipps und Materialien
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