Worum es hier geht:
Wir stellen hier den Auszug aus einer Erzählung vor, den wir hier gefunden haben:
Erläuterung der Erzählschritte
- Der Auszug beginnt mit der Beschreibung der Art und Weise, wie eine Johanna mit einem Tod umgeht. Offensichtlich geht es ihr um eine schnelle Bewältigung des Trauerfalls durch rasche Entsorgung der Überbleibsel.
- Es folgt in dem Auszug ein Zeitsprung auf den Hinweis, dass diese Johanna es erst Jahre später schafft, die Überbleibsel „durchzusehen“. Offensichtlich handelt es sich um ihren Mann, der Steuerberater gewesen ist.
- Hervorgehoben werden zwei Elemente: Zum einen die Großzügigkeit des Mannes gegenüber Leuten mit wenig Geld. Zum anderen, die Feststellung seiner langjährigen Sekretärin, die den beruflichen Nachlass regeln soll, sie würde ihren Chef vermissen. Darauf reagiert kann die Witwe nur mit „einem rauen Lachen“ reagieren und der rhetorischen Frage: „Was denken Sie?“ Die macht deutlich, dass Johanna verständlicherweise ihren Ehemann noch mehr vermisst.
- Es folgt noch die kurze Feststellung des Erzählers:
Johanna hat „ein schlechtes Gewissen“, was ihren Umgang mit ihrem toten Mann angeht. Aber sie sieht keine andere Möglichkeit für sich - Der Blick wird dann auf die oberste Schublade des Schreibtisches gelingt, der Adrian, wohl das gemeinsame Kind, immer sehr interessiert hat. Johanna beschließt, es dem Sohn zu überlassen, wie weiter mit diesem Teil des Nachlasses umgegangen werden soll.
- Anschließend geht es um verschiedene Hängeregister, von deren Inhalt das meiste weggeworfen werden kann. Erstaunt ist sie, als sie Zeitschriften entdeckt, auf denen immer eine schwarze Frau abgebildet ist. Es stellt sich dann heraus, dass ihr Mann nicht nur diese Zeitschriften vor seiner Ehefrau verborgen hat, sondern auch etwa 20 Briefe, die an das Büro ihres Mannes geschickt worden sind.
- Johanna erkennt, dass ihr Mann ein Doppelleben geführt hat. Und sie erinnert sich vor allen Dingen daran, dass er im Büro anders aufgetreten sei als zu Hause, nämlich „entschiedener und lebendiger und humorvoller“.
- Im folgenden zeigt sich eine Veränderung der Einstellung der Frau zu ihrem Mann: „Wenn sie früher das Grab gepflegt hatte, war ihr Manfred ganz nah gewesen. Jetzt war ihr, als sei er erst wirklich tot, als sei das Band zwischen ihnen gerissen, die Verbindung, die über den Tod hinaus bestanden hatte.“
Die Frau überlegt, ob sie die Briefe ihres Mannes an die Geliebte von dieser zurückverlangen sollte,“um den Betrug ungeschehen zu machen“. Aber sie hat keine Adresse von dieser Monika, und am Ende stellt die Frau Frau sogar die Überlegung an: „Womöglich war sie eine von vielen […] Viele von Manfreds Kundinnen waren zum Begräbnis gekommen.“ - Bei der Lektüre der Briefe der Geliebten gibt es eine überraschende Wendung in der Haltung der Ehefrau: „Sie dachte an seine Lebensfreude, an seine geduldige, hilfsbereite Art und seine selbst Ironie. Sie dachte an die Vertrautheit zwischen ihnen, an seine Zärtlichkeit und daran, wie sehr sie ihn vermisste. Und plötzlich war sie sich sicher, dass ihm nichts gefehlt hatte in ihrer Beziehung, dass er nicht aus einem Mangel fremdgegangen war, sondern aus jenem Überschuss an Liebe und Neugier und Bewunderung, mit dem er allem begegnet war.“
- Diese neue Einstellung führt am Ende dazu, dass sie sich entschließt, einen Brief an ihren toten Mann zu schreiben, „schnell und ohne nachzudenken, Sätze, wie sie sie nie zuvor geschrieben hatte.“
- Insgesamt zeigt die Geschichte eine ungewöhnliche Entwicklung in einer Situation, in der eine Ehefrau nach dem Tod ihres Mannes entdeckt, dass er mindestens eine Geliebte gehabt hat. Das Besondere ist, dass am Ende nicht Zorn und nachträgliche Eifersucht bleiben. Vielmehr stellt die Ehefrau im Nachhinein fest, dass ihr Mann wohl einen „Überschuss an Liebe“ gehabt hat, den er bei anderen loswerden konnte, ohne dass ihr selbst etwas gefehlt hätte. Das ermöglicht es ihr, inneren Frieden mit ihrem Mann zuschließen. Sie tut sogar sogar noch mehr, sondern sie beginnt, einen besonders lebendigen Brief an ihren Mann zu schreiben. Den wird er zwar nicht mehr lesen können, aber der Frau gibt es Gelegenheit, gewissermaßen als Vermächtnis ihres Mannes, nun auch selbst ihr Leben lebendiger zu gestalten.
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