Worum es hier geht:
- Friedrich Schiller (1759–1805), einer der bedeutendsten Dichter der Weimarer Klassik, verfasste das Gedicht „Nänie“, ein Klage- oder Elegiegedicht.
- Der Titel leitet sich vom lateinischen naenia ab, einem Trauergesang.
- In diesem Gedicht thematisiert Schiller die Vergänglichkeit des Schönen – eine universale Erfahrung von Tod, Verlust und der Ohnmacht selbst göttlicher Kräfte gegenüber dem Schicksal.
- Für die Epoche der Klassik interessant, dass Schiller hier das Schöne auf doppelte Weise betrachtet:
- zum einen als genauso vergänglich wie alles andere
- zum anderen als tendenziell unvergänglich, weil es zum Gegenstand des Gesangs, der Poesie werden kann.
Quelle: Friedrich Schiller: Sämtliche Werke, Band 1, München 31962, S. 242,251.
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Friedrich von Schiller
Nänie
Das Gedicht gliedert sich inhaltlich in drei Abschnitte, in denen exemplarisch mythologische Figuren und Szenen aufgegriffen werden:
- Auch das Schöne muß sterben! Das Menschen und Götter bezwinget,
- Nicht die eherne Brust rührt es des stygischen Zeus.
- Grundsatzbehauptung: Das Schöne ist dem Tod unterworfen, selbst göttliche Schönheit schützt nicht.
- Einführung des zentralen Themas: die Machtlosigkeit des Schönen gegenüber dem Tod.
- Zwischenfazit:
Bereits der Einstieg macht deutlich, dass sich der Leser mit der Unentrinnbarkeit des Todes auseinandersetzen muss – sogar das Ideal, das Schöne, ist nicht unsterblich.
- Einmal nur erweichte die Liebe den Schattenbeherrscher,
- Und an der Schwelle noch, streng, rief er zurück sein Geschenk.
- Nicht stillt Aphrodite dem schönen Knaben die Wunde,
- Die in den zierlichen Leib grausam der Eber geritzt.
- Nicht errettet den göttlichen Held die unsterbliche Mutter,
- Wann er, am skäischen Tor fallend, sein Schicksal erfüllt.
- Drei mythologische Beispiele:
- Orpheus und Eurydike – selbst Liebe kann Hades kaum erweichen.
- Adonis – Aphrodite kann ihn trotz ihrer Liebe nicht retten.
- Achill – selbst göttliche Mutter kann seinen Tod nicht abwenden.
-
Zwischenfazit:
Durch diese Erzählungen wird das Thema individualisiert und emotionalisiert. Die bekannten Figuren dienen dazu, die universelle Aussage sinnlich greifbar zu machen.
- Drei mythologische Beispiele:
- Aber sie steigt aus dem Meer mit allen Töchtern des Nereus,
- Und die Klage hebt an um den verherrlichten Sohn.
- Siehe! Da weinen die Götter, es weinen die Göttinnen alle,
- Daß das Schöne vergeht, daß das Vollkommene stirbt.
- Die Götter trauern um das Schöne.
- Das Schöne erhält wenigstens einen Nachklang, einen „Klang“ im Lied der Geliebten.
- Kontrast: Das „Gemeine“ verschwindet wortlos.
- Auch ein Klaglied zu sein im Mund der Geliebten, ist herrlich,
- Denn das Gemeine geht klanglos zum Orkus hinab.
- Abschluss: Zusammenfassung des Unterschiedes zwischen der Vergänglichkeit des Schönen (hier großartiger Menschen) und des Gemeinen = Normalen, Alltäglichen.
4. Aussage des Gedichts
Das Gedicht zeigt, dass auch das Schöne sterben muss – es ist der Tod, dem sich alles beugt, selbst das Vollkommene. Aber: Das Schöne bleibt in der Klage, im Gesang, in der Erinnerung erhalten. Diese ästhetische Form der Trauer hebt das Schöne über das Gemeine hinaus.
5. Sprachliche und rhetorische Mittel
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Anapher („Nicht…“, Z. 2 und 5): Betonung der Ausweglosigkeit.
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Mythische Beispiele (Orpheus, Adonis, Achill): Verallgemeinerung durch konkrete Fälle.
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Kontrast: „das Schöne“ vs. „das Gemeine“ (Z. 11–12).
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Personifikation: „die Götter weinen“ (Z. 10): Emotionale Aufladung.
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Pathos: Verwendung des feierlichen Tons durch Rhythmus und Wortwahl („herrlich“, „verherrlichten Sohn“, „vollkommene stirbt“).
Diese Mittel dienen dazu, das Thema emotional zu verstärken, die Vergänglichkeit als tragisch, aber nicht sinnlos darzustellen.
6. Was kann man mit dem Gedicht anfangen?
„Nänie“ bietet einen philosophischen Zugang zum Thema Tod und Schönheit – besonders relevant für den Umgang mit Verlust. Es lädt dazu ein, über die Rolle der Kunst in der Erinnerungskultur nachzudenken und hilft, dem Schmerz durch ästhetische Formen Ausdruck zu verleihen.
7. Einschätzung der Qualität
Das Gedicht ist formal wie inhaltlich hochkomplex und durchdacht. Schiller gelingt es, klassische Form und zeitlose Aussage zu verbinden. Die Verbindung aus Mythos, Elegie und Reflexion macht „Nänie“ zu einem der bedeutendsten Trauergedichte der deutschen Literatur.
8. Persönliche Erst-Reaktion von Mia (fiktive Schülerin)
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Ich finde die Idee schön, dass das Schöne nicht einfach verschwindet, sondern wenigstens beklagt wird.
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Die Beispiele mit Orpheus und Adonis machen mich irgendwie traurig – sie zeigen, wie wenig selbst Liebe helfen kann.
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Ich mag, dass so viele alte Mythen vorkommen – das wirkt irgendwie ehrwürdig und feierlich.
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Etwas schwierig fand ich den Rhythmus, weil es keinen Reim gibt – das bin ich nicht gewohnt.
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Der Gedanke, dass ein Lied jemanden unsterblich machen kann, gefällt mir.
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Ich musste ein bisschen nachdenken, was „Gemeine“ bedeutet – da musste ich nachschauen.
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Ich finde den Stil sehr edel – wie ein Denkmal aus Sprache.
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Es überrascht mich, dass selbst Götter weinen – das macht sie irgendwie menschlich.
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Vielleicht könnte man das Gedicht als Monolog in einem Theaterstück – und am besten natürlich in einer Tragödie – verwenden.
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Ich würde gern mal versuchen, das Gedicht mit eigenen Worten in ein modernes Gedicht umzuschreiben.
Überhaupt ist die Frage, ob man diese Haltung der Klassik auch auf unsere Zeit übertragen kann.
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