Erzählperspektive verändern – wie macht man das?
In dem Erzählband „Von Istanbul nach Hakkari“, herausgegeben von Tevfik Turan, gibt es eine Passage, in der jemand im Bus unterwegs ist und sich über die jugendliche Lebendigkeit von zwei Mädchen freut. Da sieht er plötzlich eine alte Frau, der es anscheinend nicht gut geht und die kaum noch stehen kann. Niemand im Bus interessiert sich für sie und ihr Leiden.
Wir präsentieren hier mal den Anfang und wandeln ihn um.
Mit dem folgenden Link sieht man, wie die Geschichte weitergeht und kann die Umwandlung dann mal selbst fortsetzen.
Der Ausgangstext in der Er-Perspektive
„Der Mann, der eben noch so verzückt die beiden Mädchen beobachtet hatte, verspürte nun angesichts dieses Anblicks großen Schmerz.
Wie war es möglich, dass diese beiden Mädchen nicht einmal bemerkten, welche Tragödie sich da in ihrer unmittelbaren Nähe abspielte, dass sie den hilflosen, stumm um einen Sitzplatz flehenden Blick der alten Frau nicht gewahrten? Er fühlte, wie er innerlich revoltierte.“
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Aus urheberrechtlichen Gründen können wir hier den Originaltext nicht weiter abdrucken, aber wer das mit uns mal weiter ausprobieren möchte, kann sich einfach bei uns melden auf der Seite:
Der Ausgangstext in der Ich-Perspektive
„Eben fand ich die beiden Mädchen noch richtig süß, aber dann dachte ich, das darf doch nicht wahr sein. Ich war regelrecht entsetzt. Wie war es möglich, dass diese beiden Mädchen nicht einmal bemerkten, welche Tragödie sich da in ihrer unmittelbaren Nähe abspielte. Sahen Sie denn den hilflosen Blick der Frau nicht, die stumm um einen Sitzplatz flehte? Ich merkte, wie ich innerlich revoltierte.“
Was ist hier gemacht worden?
- Man hat sich einfach in die Situation der Figur versetzt.
- Aus „Der Mann“ wurde ein „Ich“.
- Das distanzierte „verzückt“ wurde übersetzt in „richtig süß“.
- Aus „verspürte großen Schmerz“ wurde: Ich war regelrecht entsetzt.
- Man merkt also, dass man die Wörter nicht einfach übernehmen kann, man muss „übersetzen“, so dass es erzählerisch auch stimmt. Ein Er-Erzähler erzählt eben anders als die Figur, um die es geht.
- Im Extremfall kann es sich um einen Er-Erzähler handeln, der der Figur kritisch gegenübersteht – die Figur tut das natürlich nicht, sie ist gewissermaßen in sich und ihrer Eigenart „eingekapselt“ – das muss man dann erzählerisch nachempfinden.
Einfach mal selbst ausprobieren!
Weitere Infos, Tipps und Materialien
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