Vergleich: Ferdinand aus „Kabale und Liebe“ und Karl aus „Die Räuber“ (Mat2207)

Worum es hier geht:

Hier zeigen wir mal, wie zwei zentrale Figuren aus verschiedenen Dramen miteinander verglichen werden können.

Es geht dabei um:

  1. Ferdinand von Walter, Major und Sohn des Präsidenten in Schillers Drama „Kabale und Liebe“
    und
  2. Karl Moor, der ältere von zwei Brüdern aus einer Grafenfamilie.

Im Folgenden gehen wir davon aus, dass beide Dramen bekannt sind, so dass wir nur nach Vergleichspunkten suchen müssen.


Vergleich der Entwicklung der beiden Schicksale

Am besten stellt man erst mal zusammen, was einem alles beim Vergleichen einfällt.

Dabei sollte man von den zentralen Punkten des jeweiligen Inhalts ausgehen und sich nicht unnötig mit Äußerlichkeiten aufhalten. Eine Charakteristik ist keine Personenbeschreibung, sondern eine Art Interpretation, bei der eben die Eigenschaften und das Verhalten einer Figur im Vordergrund steht.

1. Beide sind adlig und haben eine große Zukunft vor sich:
  • Ferdinand ist der Sohn des Präsidenten – eine Art Kanzler, der für den Herzog als höchster Beamter die Geschäfte erledigt. Und er hat die Chance, seinem Vater im Amt zu folgen.
  • Karl ist der ältere Sohn eines Grafen, der zu Beginn des Dramas noch ein sehr bewegtes Studentenleben führt und in ziemlichen Schwierigkeiten steckt, so ist etwa von Schulden die Rede und dass man ihn und seine Freunde schon sucht.
2. Beide geraten in Probleme
  • Ferdinand durch die nicht standesgemäße Liebe zu Luise, einer Geigerstochter, was die Pläne seines Vaters stört.
  • Karl durch eine Intrige seines Bruders Franz, der dem Vater ganz üble Dinge über den älteren Bruder erzählt, weil er an seine Stelle treten und das Erbe bekommen möchte.
3. Verschärfung der Probleme
  • Ferdinands Probleme vergrößeren sich, weil sein Vater ihn mit der Mätresse des Herzogs verheiraten will. Diese Lady Milford muss gewissermaßen aus dem Bett des Herzogs raus, weil dieser seinerseits nun standesgemäß heiraten will oder muss.
  • Karls Probleme verschärfen sich, weil sein Bruder Franz einen gefälschten Brief seines Vaters an ihn schickt, in dem dieser ihn angeblich verstößt.
4. Umgang mit den Problemen
  • Ferdinand lässt sich nichts zuschulden kommen, er sagt seinem Vater und dann auch der Lady nur deutlich, dass er Luise, seine große Liebe, heiraten will und wird.
  • Karl dagegen gerät völlig auf die schiefe Bahn und gründet mit seinen Leuten eine Räuberbande, die auch vor Mord nicht zurückschreckt. Zwar bemüht sich der verhinderte Graf um gewisse Spielregeln, hilft auch armen Leuten, aber das ändert nichts daran, dass er sehr schnell zum richtigen Verbrecher wird – aus Enttäuschung und Perspektivlosigkeit.
5. Aktionen der Gegenseite
  • Ferdinand muss erleben, dass gegen ihn und Luise eine Intrige (Kabale) inszeniert wird, in deren Verlauf Luises Vater ins Gefängnis kommt und sie – um die Tochter letztlich erpresst wird, einen angeblichen Liebesbrief an den Hofmarschall zu schreiben, der dann ihrem Geliebten in die Hände geraten soll und gerät.
  • Karls Bruder Franz geht mit äußerster Härte gegen alle vor, nachdem er durch den Scheintod des Vaters zum neuen Schlossherrn geworden ist. Der alte Graf wird versteckt eingesperrt und überlebt nur durch das Mitgefühl eines Mittäters aus dem Umfeld von Franz.
6. Die Entscheidung
  • Ferdinand ist so eifersüchtig, dass er den gemeinsamen Tod mit Luise beschließt. Zuerst gibt er ihr Gift, dann nimmt er es selbst, so dass sowohl sein Vater als auch der von Luise schließlich vor den Leichen ihrer Kinder stehen.
  • Karl versucht, sich Amalia, seiner Liebe noch einmal verkleidet zu nähern. Er erfährt dann von einem Bediensteten, der ihn erkennt, was sein Bruder Franz angerichtet hat. Er kann dann zwar noch seinen eingesperrten Vater befreien und lässt auch von seinen Leuten das Schloss stürmen, wobei Franz umkommt. Aber er hat zu viele Verbrechen zu verantworten und hat auch seinen Leuten geschworen, sie nicht zu verlassen. Als diese Amalia bedrängen, tötet Karl sie auf ihren Wunsch und liefert sich dann der Justiz aus.
7. Gesamteinschätzung:
  • Ferdinand
  • ist ein typischer Vertreter des Sturm und Drang, der glaubt, mit seiner Geliebten aus dem Bürgertum mal eben so alle Standesgrenzen überspringen zu können.
  • Dabei zeigt er aber selbst eine Art „Absolutismus der Liebe“, weil er wenig Rücksicht auf Luise und ihre Bedürfnisse nimmt, sondern nur an sich und seine Ziele denkt.
  • Am Ende geht er soweit, Luise zu vergiften. Zwar will er mit ihr sterben, aber er zwingt ihr seine Entscheidung auf, ohne das mit ihr zu besprechen.
  • Von daher muss man die Frage stellen, ob so etwas überhaupt Liebe ist.
  • Man muss allerdings auch berücksichtigen, dass er sich sonst nichts zuschulden kommen lässt und Opfer der Karrierepläne seines Vaters wird, der selbst schon Verbrechen begangen hat, um an seinen Posten zu kommen.
  • Karl
  • ist von Anfang nicht nur ein „geistiger“ Stürmer und Dränger, sondern lebt auch in der Praxis ziemlich verantwortungslos.
  • Sein Problem ist, dass er durch die Intrige seines Bruders noch einige Stufen weiter auf die schiefe Bahn rutscht, so dass es schließlich für ihn keine Rückkehr in die Normalität gibt.
  • Im Unterschied zu Ferdinand spielt die Liebe zu Amalia keine so große Rolle.

Rückblick auf die Vorgehensweise:

Insgesamt hat sich die Methode bewährt, die Lebenswege beider Figuren zu vergleichen und dabei Gemeinsamkeiten und Unterschiede herauszuarbeiten sowie am Ende ein Fazit zu ziehen.