Mündliches Abitur: Wer die Verzweigungen kennt, schafft mehr Punkte (Mat2638)

Abitur – die große Chance der Querverbindungen bei den Themen

  • Grundsätzlich gilt im Abitur die Regel, dass bei den Prüfungen nicht nur der Stoff eines Halbjahres eine Rolle spielen soll.
  • Das gilt zum einen für die schriftlichen Abiturprüfungen, wo das beim Zentralabitur durch Lehrer gewährleistet wird, die vom Ministerium damit beauftragt worden sind.
  • Wenn es kein Zentralabitur gibt, steht der Fachlehrer selbst vor dem Problem, entsprechende Texte und Aufgaben zu finden.
  • Das gleiche gilt für das mündliche Abitur.
  • Am besten
  • bespricht man seinem mit seinem Fachlehrer diese Problematik bereits bei der Vorbereitung des Abiturs.
  • Das gilt besonders auch für die letzte Klausur, die ja schon unter Abiturbedingungen geschrieben werden soll.
  • Im folgenden versuchen wir am Beispiel einiger Lektüren zu zeigen, welche Möglichkeiten von Querverbindungen es da gibt.
  • Ziel ist dabei,
  • Überlegungen zu entwickeln, die man auch auf andere Lektüren und Themen übertragen kann.
  • Es geht natürlich nicht nur um Lektüren, auch wenn sie (neben Gedichten) in der Regel im Mittelpunkt des Interesses stehen werden.
  • Genauso kann eine Lektüre oder auch eine Epoche mit einem Phänomen des Bereichs Sprache verbunden werden.

Schauen wir uns also mal an, wie man im Abitur 2021 die folgenden Themen bzw. Unterrichtsgegenstände mit Querverbindungen versehen kann:

Wir können nicht garantieren, dass uns zu allen Werken was Passendes einfällt.

Aber je mehr Beispiele durchgespielt werden, desto eher erkennt man Regeln, die zum einen den eigenen Einfallsreichtum stärken und die man zum anderen auch auf andere Werke übertragen kann:

  • Goethe, „Faust“
  • Büchner, „Woyzeck“
  • Eichendorff, „Aus dem Leben eines Taugenichts“
  • E.T.A. Hoffmann, „Der Sandmann“
  • Kafka, „Die Verwandlung“
  • Kleist, „Die Marquise von O….“
  • Judith Hermann, „Sommerhaus, später“
  • Juli Zeh, „Corpus delicti“
  • Lessing, „Nathan der Weise“
  • Schiller, „Maria Stuart“
  • Gedichte aus dem Themenbereich „unterwegs sein“ – Lyrik von der Romantik bis zur Gegenwart
  • Themenbereich Dialekte und Soziolekte

Was einem zur Frage der „Brücken“ bei Querverbindungen sicher schnell einfällt:

  1. Am ehesten kann man Figuren vergleichen, so zum Beispiel die „schöne Seele“ Iphigenie oder besser „Maria Stuart“ mit Gretchen in Goethes „Faust“. Vergleichen kann da auch auf große Unterschiede hinauslaufen – aber einen gemeinsamen Punkt muss es natürlich geben:
    https://schnell-durchblicken.de/maria-stuart-einstieg-und-schaubild-inhalt-und-zitate-akte

  2. Dann kann es um Situationen geben, zum Beispiel der Vergleich der Wegnahme der Kinder nach realem oder scheinbarem Fehlverhalten der Ehefrau:
    https://schnell-durchblicken.de/klausuruebung-auszug-aus-fontane-effi-briest-vergleich-mit-kleist-die-marquise-von-o

  3. Vergleich der allgemeinen Lebenssituation:
  4. etwa zwischen „Faust“ und dem „Taugenichts“. Sehr interessant könnte hier auch ein Vergleich mit „Sommerhaus, später“ sein.
  5. Wenn man Rüdiger Safranskis Interpretation des Schicksals Nathanels aus Hoffmann „Der Sandmann“ liest:
    (Rüdiger Safranski, E.T.A. Hoffmann. Das Leben eines skeptischen Phantasten, Carl Hanser Verlag, München/Wien 1984/2014, 2. E-Book-Auflage 2017: Position 5721ff)
    „Hoffmann erzählt die Geschichte eines Menschen, der sein verkörpertes Selbst entrissen wird. Die Macht, die solches in der frühen Kindheit bewirkt, ist familiär und bleibt doch im dunkeln, von Imagination umsponnen, faßbar nur in ihren dramatischen Wirkungen. Und die Urszene fixiert jenen grellen Augenblick, als die Macht das Kind zwingt, seinen Körper als leblose Puppe der Außenwelt zur mechanischen Hantierung zu überlassen. Damals hatte Coppelius Nathanael in eine mechanische Puppe verwandelt, jetzt dreht er ihm eine Augenprothese an. Er bringt ihn dazu, sich nicht mehr seinen Sinnen, seiner Sinnlichkeit, anzuvertrauen, sondern einem künstlichen Apparat. Im ‚Perspektiv‘ ist das ganze Psychodrama Nathanaels enthalten: Das Selbstgefühl und die Wahrnehmung haben sich aus dem verkörperten Selbst zurückgezogen, der lebendige Organismus bewaffnet sich mit einem toten Organersatz, die Coppolasche Brille, die sich Nathanael vor die Augen hält, täuscht ihn, lässt ihn sein Leben verfehlen, macht ihn fast zum Mörder, auf jeden Fall aber zum Selbstmörder.“
    Dann kann man dieses verfehlte Leben sicher mit dem Gregor Samsas vergleichen, wenn es da auch interessante Unterschiede gibt – aber das herauszuarbeiten ist ja gerade Sinn und Zweck eines Vergleichs.
  6. Vergleich der „Sich-mit-dem-Teufel-einlassen-Situation“ in Hoffmanns „Der Sandmann“ und Goethes Faust (ggf. nur als Überleitung zu einem anderen Themenbereich)
    „Coppelius, verruchter Satan, du hast den Vater erschlagen!« – So schrie ich auf; mir vergingen die Sinne. Als man zwei Tage darauf meinen Vater in den Sarg legte, waren seine Gesichtszüge wieder mild und sanft geworden, wie sie im Leben waren. Tröstend ging es in meiner Seele auf, daß sein Bund mit dem teuflischen Coppelius ihn nicht ins ewige Verderben gestürzt haben könne. –“ (Reclam XL-Ausgabe: S. 11)
    Vorher die Bemerkung von Coppelius: „Der Alte hat’s verstanden.“ Querbezug zu Mephisto im „Prolog im Himmel“: „Von Zeit zu Zeit seh ich den Alten gern.“
  7. Vergleich der Frauenbilder
  8. Gretchen in Goethes „Faust“
  • mit Marie aus „Woyzeck“: Hier könnte die Anfälligkeit für einen werbenden Mann eine thematische Brücke sein (Gretchen in ihrer reinen Unschuld und Marie in ihrer Defiziterfahrung und mit entsprechender Hoffnung auf sozialen Aufstieg)
  1. Aurelie im „Taugenichts“
  • Die bis zur Sehnsucht und Überhöhung gehende Verehrung des Taugenichts für Aurelie könnte man vergleichen mit den Gefühlen und dem (in seinem Falle: durchaus übergriffig werdenden) Verhalten der Figur des Mortimer in „Maria Stuart“
  1. Marie in „Woyzeck“
  • Hier könnte die Anfälligkeit für einen werbenden Mann eine thematische Brücke sein (Gretchen in ihrer reinen Unschuld und Marie in ihrer Defiziterfahrung und mit entsprechender Hoffnung auf sozialen Aufstieg)
  1. Klara und Olimpia im „Sandmann“ etwa mit Grete Samsa
  • Hier könnte die Frage der Rationalität oder auch des Umgangs mit einem Problem im unmittelbaren sozialen Umfeld die thematische Brücke sein.
  1. Wir setzen das noch fort …

Grundsätzlich muss man unterscheiden zwischen zwei Arten von Querverbindungen:

  1. Übergangs-Querverbindungen (hier kann eine einzelne Textstelle reichen, um überzuleiten zu einem anderen Thema. Damit ist das mit der Querverbindung aber auch zu Ende – im Unterschied zum zweiten Fall! Das ist also eher ein atmosphärischer Service des Lehrers, um harte Schnitte zu vermeiden – der Schüler kann hier aber ggf. ein paar Sekunden  früher erkennen, was als nächstes Thema kommt und die entsprechende Erinnerungsseite im Kopf abrufen)
  2. von einem Thema zum nächsten im Gesprächsteil des mündlichen Abiturs –
  3. oder auch vom ersten Prüfungsteil (etwa ein Gedicht zum Thema „Reisen“) zum zweiten Prüfungsteil („Aus dem Leben eines Taugenichts“)
  4. Vergleichs-Querverbindungen: etwa Maria Stuart und Gretchen unter dem Gesichtspunkt der „schönen Seele“

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