Brecht, „Der gute Mensch von Sezuan“ – Shen Te, ein guter Mensch? (Mat8513)

Worum es hier geht:

  • Im Folgenden wollen wir zeigen, wie man eine Frage, die kurz vor einer Klausur auftauchen kann dadurch bewältigt werden kann, dass man
    • auf künstliche Intelligenz zurückgreift,
    • sie aber durch MIA, also „Menschliche Intelligenz in Aktion“ prüft und weiterentwickelt
    • und am Ende schaut, dass man eine „lernbare“ und „schreibfähige“ Fassung für die Klausur hinbekommt.
    • Es geht, wie die Überschrift schon besagt, um eine kurze Stellungnahme zur Frage, ob und inwieweit Shen Te in Brechts Theaterstück „Der gute Mensch von Sezuan“ wirklich ein guter Mensch ist.
Stufe 1: Wir fragen Bing/Copilot

Wichtig ist immer ein möglichst guter „Prompt“, also die Frage oder Aufforderung an die KI:

Wir haben uns entschieden für:

„Inwiefern kann man sagen, dass Shen Te, die Hauptfigur in Bertolt Brechts Theaterstück „Der gute Mensch von Sezuan“ ein guter Mensch ist. Und inwiefern gilt das vielleicht auch nicht oder muss eingeschränkt werden?

Bing/Copilot

Die Antwort des Programms erscheint in Kursivschrift. Unser MIA-Kommentar eingerückt.

Shen Te, die Hauptfigur in Bertolt Brechts Theaterstück “Der gute Mensch von Sezuan”, ist eine faszinierende und vielschichtige Figur. Ihre Handlungen und Entscheidungen werfen die Frage auf, was es bedeutet, ein “guter Mensch” zu sein. Hier sind einige Aspekte, die ihre Charakterisierung beleuchten:

  • Die KI präsentiert hier einen guten Einleitungssatz, den man fast so übernehmen kann. Natürlich würde man den letzten Satz für die Lehrkraft etwas aufregender zu formulieren 😉
  • Überhaupt sollte man immer schauen, dass man die KI-Sprache in die Richtung des eigenen Stils verändert.
  1. Selbstlosigkeit und Optimismus: Shen Te ist die Protagonistin des Stücks. Ursprünglich vom Land, zieht sie in die Stadt und arbeitet zunächst als Prostituierte. Als die drei Götter auf der Suche nach einem guten Menschen sind, führt ihr guter Freund, der Wasserverkäufer Wang, sie zu Shen Te. Aufgrund ihrer gastfreundlichen Art sehen die Götter in ihr einen guten Menschen1. Sie versucht, anderen zu helfen und ist optimistisch, selbst in schwierigen Situationen.
    • Das würde ich weniger erzählend, dafür mehr analysierend präsentieren.
    • Also deutlich machen, dass es sich hier um die Entwicklung eines dramatischen Konflikts handelt.
    • Stufe 1: Die Nachricht von allgemeiner Not – und der Erkundungsauftrag der drei Götter.
    • Stufe 2: Das soziale Engagement Shen-Te’s = eindeutiger Belege für einen „guten Menschen“.
  2. Die Dualität von Shen Te und Shui Ta: Shen Te gerät jedoch in finanzielle Schwierigkeiten, da ihre Gutherzigkeit sie fast in den Ruin treibt. Um zu überleben, erschafft sie die fiktive Figur Shui Ta, ihren bösen Vetter. Shui Ta ist skrupellos und baut ein ausbeuterisches Tabakimperium auf. Hier zeigt sich Brechts Parabel: Je skrupelloser Shui Ta handelt, desto schmerzlicher wird die gütige Shen Te von den Menschen in Sezuan vermisst2. Diese Dualität verdeutlicht die Ambivalenz menschlicher Natur und die Schwierigkeit, in einer ungerechten Welt moralisch zu handeln.
    • Stufe 3: Die reale Unmöglichkeit des Nur-Gut-Seins angesichts der Not, aber auch der aus ihr entstehenden Skrupellosigkeit anderer Menschen.
    • Stufe 4: Die Erfindung des Vetters aus Not heraus
      Hier könnte man darauf hinweisen, dass Nur-gut-Sein nicht das richtige Gut-Sein ist. Es wird ja später deutlich, dass die Idee von Shen Te durchaus bei ihrem Möchtegern-Flieger Lernpotenzial entfaltet.
    • Was Bing/Copilot da aus lektürehilfe.de herausholt, überzeugt uns nicht so ganz. Hier würden wir auch stärker Brechts Idee des „Epischen Theaters“ aufnehmen und auf Selbst-Denken setzen.
  3. Die ethische Herausforderung: Shen Tes Handlungen sind nicht eindeutig “gut” oder “schlecht”. Sie jongliert mit den Erwartungen der Gesellschaft, ihren eigenen Bedürfnissen und dem Druck der Götter. Ihre Selbstlosigkeit führt zu persönlichem Leid, während Shui Tas Rücksichtslosigkeit materiellen Erfolg bringt. Dies wirft die Frage auf, ob es überhaupt möglich ist, in einer komplexen Welt absolut “gut” zu sein.
    • Schön, dass Bing/Copilot hier am Ende eine Art Synthese versucht.
    • Insgesamt ist uns das aber zu beschreibend. Wie schon gesagt: Wer hier maximale Punktzahl in einer Klausur will, muss schon mehr bieten als eine solche Standardlösung, die über die Schluss-Seite des Werkes nicht hinausgeht.

Insgesamt ist Shen Te eine ambivalente Figur, die uns dazu anregt, über Moral, Selbstlosigkeit und die Realität menschlicher Entscheidungen nachzudenken. Ihre Geschichte im “Guten Menschen von Sezuan” ist eine tiefgründige Reflexion über die menschliche Natur und die Herausforderungen, die damit einhergehen.

  • Das gehört hier zu den typischen KI-Antworten, mit denen man am Ende eine Art harmonisierendes Schlummertuch über die Themenfrage ausbreitet.
  • Hier dürfte mehr möglich sein.
  • Weil dies hier der Versuch einer spontanen Not-Lösung ist, können wir das Problem wohl nicht mit maximaler Textkenntnis lösen, aber wir schauen mal, was sich da noch machen lässt.
Zunächst mal unsere vorläufige „Klausur-Lösung“.

Wir bemühen uns hier um eine systematische Lösung, die die Lehrkraft möglichst zu einer Höchstbewertung veranlasst 😉

  1. Die Frage, ob Shen Te ein „guter Mensch“ ist, kann man in einer Hinsicht ganz klar mit Ja beantworten. Brecht hat nämlich seinem Stück einen Titel gegeben, der sich nur auf sie beziehen kann.
  2. Vor diesem Hintergrund kann es nur noch um die Frage gehen, wie dieses „Gut-Sein“ im Sinne Brechts konkret aussieht.
  3. Damit ist übrigens ein wesentliches Problem aus dem Weg geräumt, denn das Attribut „gut“ im Hinblick auf einen Menschen enthält riesige konnotative Spielräume. Das wird schnell klar, wenn man sich fragt, was ein „guter“ Freund oder gar Partner ist. Da gibt es sehr unterschiedliche Ansichten.
  4. Wenn man Brecht folgt, dann zeigt sich das „Gut-Sein“ von Shen Te zunächst in der Ausgangssituation ganz klar:
    • Zu Recht wird sie von Wang auf S. 13 der es-Ausgabe als „der beste Mensch von Sezuan“ bezeichnet – also sogar ein Superlativ.
    • Auf S. 15 wird es dann spannend, denn She Te sagt von sich selbst: „Ich bin nicht gut. Ich muss euch ein Geständnis machen: Als Wang mich für euch um Obdach anging, schwankte ich.“
      Die Götter beziehen sich in ihrer Reaktion nur auf den moralischen Sieg. Wir fügen hinzu, dass die Güte sich auch noch in der Ehrlichkeit der jungen Frau zeigt.
    • Auf S. 16 dann die Klage von Shen Te: „Wie soll ich gut sein, wo alles so teuer ist?“
      Hier scheint das Stück zu unterscheiden zwischen dem Gut-Sein-an-sich und dem, was man tun kann.
  5. Shen Te bekommt dann Geld für einen Tabakladen und hofft dort, „viel Gutes tun zu können“ (18). Das wird dann schnell ausgenutzt.
    Das gehört offensichtlich auch zu einem Menschen, dass er durch seine Güte erst mal dieser Gefahr ausgesetzt ist. Shen Te reagiert mit Verständnis: „Wer könnte sie schelten?“ (21)
  6. Auf S. 22 dann schon der erste Hinweis zum Publikum: „Ein Durch-die-Finger-Sehen und der Gaul zieht besser.“ Hier wird deutlich, dass zum Gut-Sein kein moralischer Rigorismus gehört, der nur zur Zerstörung der Basis des Gut-Sein-Könnens führt.
  7. Damit ist letztlich auch ihre hilfreiche Lüge auf S. 25 gerechtfertigt: „Ich habe einen Vetter.“ Und begleitend dazu die Beschreibung der Situation in poetischer Weise auf S. 29: „Der Rettung kleiner Nachen … Zu viele Versinkende greifen gierig nach ihm.“
  8. Ab S. 32 dann das Eingreifen des „Vetters“, das die größten Schwierigkeiten erst mal beseitigt. Dann aber auf S. 41 die Steigerung: „Aber Härte und Verschlagenheit helfen nur gegen die Unteren, denn die Grenzen sind klug gezogen.“
    Dies kann als deutlicher Hinweis darauf verstanden werden, dass nach Brechts Verständnis zum endgültigen Gut-Sein-Können mit ein bisschen Shui-Ta-Reparatur letztlich eine Revolution gehört, die die krassen Unterschiede zwischen Oben und Unten beseitigt.
  9. Die nächste Stufe wird dann auf S. 41 angedeutet, es soll ein Mann für Shen Te gesucht werden – nur so kann sie in der Gesellschaft nach Meinung des Polizisten als des Staatsvertreters als „respektabel“ angesehen werden.
  10. She Te zieht als Zwischenfazit auf S. 43: „Mit Entsetzen sehe ich, wieviel Glück nötig ist … Wie viele Freunde.“ Und auf den Seiten 65/66 ist sogar von „Tanks und Kanonen“ die Rede, die man braucht, damit die Menschen wirklich „gut“ sein können. Das erinnert so ein bisschen an den Spruch: „Es kann der Frömmste nicht in Frieden leben, wenn es dem bösen Nachbarn nicht gefällt.“ Und das kann auch ein angriffslustiger Nachbarstaat sein.
  11. Shen Te verliebt sich, dummerweise in einen Sun, der moralisch weit unter ihr steht. Das führt dazu, dass von der „tödlichsten“ aller Schwächen, der Liebe zu reden ist. (73) Und auf S. 80 ist die Liebe so groß, dass Shen Te deutlich macht: „Ich will nicht nachdenken, ob es gut ist.“
  12. Das führt zur Wende auf S. 81: „Keinen verderben zu lassen, auch nicht sich selber.“ Shen Te macht ihre Liebe abhängig davon, ob Sun aus Liebe zu ihr bereit ist, lieber in eine Zementfabrik zu gehen, als sie in eine Betrugssituation zu bringen. (83) Das führt dann zu der „Blamage“ (91) bei der Hochzeitsveranstaltung. Die Schlüsselstelle findet sich im Übergang von S. 89/90: „Er ist schlecht und er will, daß auch ich schlecht sein soll … Aber um mich sitzen die Verletzlichen … sie alle beschützen mich, indem sie mir vertrauen.“
  13. Die letzte Entschlossenheit ergibt sich bei der Feststellung, welche Gefahr dem Kind droht (103): Hier wird Shen Te endgültig zum „Tiger“. Geschaffen wird eine Art sozialistischer Gesellschaft, in der die „Speisungen ohne Gegendienst … aufhören“. (107). Jedem nach seinem Verdienst – ist ja wohl die entsprechende Parole, die sozial bedeutsame Leistung einfordert. Und es funktioniert, wie Frau Yang im Hinblick auf Sun feststellt: Er ist – allerdings immer noch in der Maske des Shui Ta in einen „nützlichen“ Menschen verwandelt worden (111). Interessant auf S. 117 der weise Spruch von der Glocke, die geschlagen werden muss, um zu tönen.
  14. Die Schwangerschaft als Symbol für die Wirkmacht der natürlichen Verhältnisse führt am Ende erst zu der Situation, in der die Wahrheit der Notlösung von Shen Te offenbar wird. Deutlich wird das auf S. 139 im Bekenntnis Shen Tes gegenüber den Göttern: „Euer einstiger Befehl / Gut zu sein und doch zu leben / Zerriß mich wie ein Blitz in zwei Hälften.“
  15. Die Götter reagieren darauf auf äußerst unpassende Weise und delegitimieren sich und ihre Gesetze damit selbst. Den Schluss kann man so verstehen, dass Gut-Sein im Sinne des Dramas ein Sich-Bemühen in einem ausgewogenen Sinne ist. Und in diesem Sinne kann Shen Te wirklich als Erfüllung des Titel-Anspruchs gesehen werden. Jede darüber hinausgehende Lösung kann wirklich nur im Sinne der 21 Punkte Dürrenmatts zu den Physikern realisiert werden: „Was alle angeht, können nur alle lösen.“
    https://www.ruhrbarone.de/friedrich-durrenmatt-21-punkte-zu-den-physikern/24789/
    Das ist übrigens ein wunderschönes Beispiel für die Zusatzpunkte, die bei Abiturklausuren ja auch vergeben werden können – für Leistungen, die den Erwartungsrahmen übertreffen.

Weitere Infos, Tipps und Materialien