Heinrich Heine Träumereien I (Mat9429)

Heines „Träumereien“

Zunächst der Text mit Überlegungen zum Versmaß

Heinrich Heine

Träumereien I

  1. Mir träumte von einem schönen Kind,
    • u B u u B u B u B
      Hier sieht man schon, dass kein regelmäßiger Wechsel von unbetonter und betonter Silbe gegeben ist.
  2. Sie trug das Haar in Flechten;
    • u B u B u B u
    • Hier ist ein dreihebiger Jambus zu erkennen.
  3. Wir saßen unter der grünen Lind,
    • wieder unregelmäßig
  4. In blauen Sommernächten.
    • wieder regelmäßig

  5. Wir hatten uns lieb und küßten uns gern,
  6. Und kosten von Freuden und Leiden.
  7. Es seufzten am Himmel die gelben Stern,
  8. Sie schienen uns zu beneiden.
  9. Ich bin erwacht und schau mich um,
  10. Ich steh allein im Dunkeln.
  11. Am Himmel droben, gleichgültig und stumm,
  12. Seh ich die Sterne funkeln.

Einleitung mit Thema:

  • Das Gedicht „Träumereien I“ handelt von einer romantischen Begegnung und thematisiert die Kluft zwischen Traum und Realität.
  • Es gehört zur Gattung der Liebeslyrik und greift typische Motive der Romantik auf, wie Naturverbundenheit und emotionale Intensität.

Äußere Form

  • Das Gedicht besteht aus drei Strophen mit jeweils vier Versen.
  • Es folgt einem durchgängigen Kreuzreim (abab)
  • Der Rhythmus ist unregelmäßig, was zur Situation passt.

Inhalt und Äußerungen des lyrischen Ichs

Das Gedicht schildert eine traumhafte Szene, die von einer plötzlichen Ernüchterung abgelöst wird:

  1. Erste Strophe (Z. 1–4): Das lyrische Ich beschreibt eine träumerische Begegnung mit einem „schönen Kind“ unter einer Linde in einer Sommernacht. Es herrscht eine idyllische, romantische Stimmung.
  2. Zweite Strophe (Z. 5–8): Die innige Verbindung wird durch Zärtlichkeit und gegenseitige Liebe dargestellt. Die Sterne am Himmel scheinen diese Harmonie zu beneiden, wodurch die kosmische Bedeutung der Szene hervorgehoben wird.
  3. Dritte Strophe (Z. 9–12): Der Traum endet abrupt, und das lyrische Ich findet sich allein in der Dunkelheit wieder. Die Sterne erscheinen nun gleichgültig und stumm, was den Kontrast zur Traumwelt betont.

Signale und Aussagen

Das Gedicht macht deutlich, wie stark die Grenze zwischen Traum und Wirklichkeit empfunden wird:

  •   Traumhaftigkeit und Naturverbundenheit: Die Beschreibung der Szene (Linde, Sommernacht, Sterne) zeigt eine harmonische Verbindung zwischen Mensch und Natur (Z. 3–4).
  •   Liebe und Vergänglichkeit: Die intensive Darstellung der Liebe und der plötzliche Verlust im Erwachen verweisen auf die Vergänglichkeit menschlicher Glücksmomente (Z. 5–10).
  •   Isolation in der Realität: Das Erwachen wird mit Dunkelheit und Einsamkeit assoziiert, was die Entfremdung des lyrischen Ichs von der Realität betont (Z. 9–12).

Sprachliche und rhetorische Mittel

  1. Personifizierung: Die Sterne als „beneidende“ Wesen (Z. 8) unterstreichen die Intensität der Traumwelt.
  2. Personifikation: Die Sterne „seufzen“ (Z. 7) und erscheinen dadurch als mitfühlende Begleiter im Traum.
  3. Kontrast: Der Wechsel von der lebendigen Traumwelt zur kalten Realität wird durch den Gegensatz von „Sommernächten“ (Z. 4) und „Dunkeln“ (Z. 10) betont.

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