Was ist typisch für Gedichte aus der Zeit des „Sturm und Drang“?
- Zum Sturm und Drang gehört eine neue Meinung darüber, was ein Dichter ist. Er ist nicht wie in früheren Epochen (Barock und Aufklärung) eine Art poetischer Handwerker, der mehr oder weniger nach Formen und Vorgaben arbeitet. Vielmehr ist er jemand mit einem besonderen Talent. Früher sagte man: „Er hat Genie“, d.h. das kann man sich auch aneignen. Jetzt heißt es: „Jemand ist ein Genie“ – das ist einem dann mitgegeben und kann nicht erworben werden.
- Wenn der Autor „Genie“ haben muss, dann ist sein Denken und Fühlen auch etwas Besonderes. Eine besondere Rolle spielen Erlebnisse. Dementsprechend werden unmittelbare Eindrücke und Gefühle geäußert.
Ein sehr gutes Beispiel für diese „Erlebnislyrik“ ist „Willkommen und Abschied“ – das kann auch bei Goethe für den nächsten Punkt herhalten.
„Es schlug mein Herz, geschwind, zu Pferde!“ - Eine große Rolle spielen ganz allgemein auch biografische Momente.
„Ich ging, du standst und sahst zur Erden
Und sahst mir nach mit nassem Blick“
Goethe neigte dazu, Frauen zu verlassen, wenn die Liebe anfing, ihn zu bedrängen. - Dazu kommen ganz bestimmte Themen, die Infragestellung von Tradition und Herrschaft oder auch sozialer Ordnung.
Am besten zu sehen im Gedicht „Prometheus“, das mit einer klaren Absage an den Göttervater beginnt:
„Bedecke deinen Himmel, Zeus,
Mit Wolkendunst!
Und übe, Knaben gleich,
Der Disteln köpft,
An Eichen dich und Bergeshöhn!“ - Was die Form angeht, so geht es weniger streng zu – am Beispiel von Goethes „Prometheus“ kann man zum Beispiel sehen, wie freie Rhythmen eingesetzt werden.