Abi mdl - Miniklausur Lösung: Hauptmann, Doktor, Woyzeck, Teil von Szene 9 (Mat7235-loe)

Im Rahmen der Vorbereitung auf das mündliche Abitur wurde die folgende Aufgabe gestellt.

Sie kann natürlich auch für eine „normale“ Klausur verwendet werden.

Sprachlich haben wir den Szenenausschnitt an die heutige Norm angepasst.

Aufgabe:

Analysieren Sie die Szene, indem Sie sie
1. herausarbeiten, wie die Figuren sich präsentieren und zueinander verhalten
2. und welche sprachlichen und rhetorischen Mittel besonders hervortreten.
Klären Sie, welche Bedeutung diese Szene im gesamten Fragment hat.

Es geht um eine der Szenen in Büchners fragmentarischem Drama „Woyzeck“, in denen die Unterdrückung Woyzeck sichtbar wird.
Das Besondere in dieser Szene ist, dass sowohl der Hauptmann als auch der Doktor hier auf Woyzeck treffen.

In den ersten vier Zeilen zeigt sich schon eine Besonderheit beim Hauptmann, der sich nur für die eigenen Gefühle interessiert und am Ende schon eine Attacke auf Woyzeck landet, indem er das Thema Haare und damit indirekt die Untreue Maries anspricht.

Nach einem kurzen Einwurf des Doktors, in dem er wohl wieder seine Gelehrsamkeit zeigen will, holt der Hauptmann dann auch zum großen Schlag aus. Er verbindet nämlich das Haar als kleines Beweisstück für eine mögliche Untreue der Frau mit dem Tambourmajor.
Am Ende dann vor dem Hintergrund der Realität die ironische Bemerkung, dass Woyzeck angeblich besser drauf sei.
Dieser merkt, dass es hier um etwas geht, was für ihn eine Bedrohung darstellt. Der Hauptmann nutzt das aber nur, um sich wie am Anfang über das Erscheinungsbild Woyzeck zu äußern und dann auf ein paar Lippen hinzuweisen, das Woyzeck um die Ecke finden könne. Das ist eine weitere Anspielung auf die Untreue Maries. Und auch hier wieder diese wenig empathische Schlussbemerkung des Hauptmanns: Er habe auch die Liebe gefühlt, womit wohl angedeutet werden soll, dass es etwas ganz normales ist zu betrügen und betrogen zu werden.

Woyzeck reagiert verletzt mit einem Hinweis auf das wenige, das er im Leben hat und dass er nicht verlieren möchte.
Es kommt dann zu einem kurzen Austausch über die Frage, ob der Hauptmann sich einen Spaß mache.
Die Feststellungen des Doktors machen dann aber deutlich, wie sehr Woyzeck getroffen ist.

Seine Reaktion verbinden sich dann gleich mit alptraumartigen Vorstellungen im Hinblick auf die bedrohliche familiäre Situation.
Am Ende versucht Woyzeck sich einzureden, dass eine Untreue Maries unmöglich sei.
Der Hauptmann bleibt auf seiner Linie, durch die Beschreibung der Erscheinung Woyzecks dessen Gefühle noch ins Negative zu steigern. Dann macht er sich fast lustig mit dem Hinweis, dass er es eigentlich mit einem guten Mensch wie Woyzeck gut meine.

Darüber kann man natürlich geteilter Meinung sein, vor allem, wenn man sieht, was aus der ganzen Geschichte geworden ist.
Der Doktor bleibt bei seiner pseudowissenschaftlichen Beschreibung der Symptome, die er glaubt, bei Woyzeck zu finden.
Und Woyzeck entlastet sich durch eine irre Rede, in der er versucht, irgendwie mit der Nachricht und der damit verbundenen Gefahr für ihn fertig zu werden.

Er geht mit mit den Worten, dass er drüber nachdenken wolle. Und man ahnt hier bereits, dass das nicht unbedingt gut ausgeht. Der Doktor, der dem ganzen Vorgang distanziert, nur mit wissenschaftlichem Interesse gefolgt ist, schreit nur noch seine Begeisterung über die neue Entwicklung hinter Woyzeck her und will ihm eine Zulage geben.
Den Schluss des Szenenausschnittes bestreitet dann wieder der Hauptmann mit seiner Kombination von Beobachtungen und Gefühlen.
Eine große Rolle spielt dabei das Wort Courage, das möglicherweise bedeutet, dass Woyzeck auf die Nachricht so reagieren soll, wie man sich im Krieg verhält. Hier wird es Verständnis eingeschränkt durch den zum Teil schlechten Zustand des Manuskript.

Insgesamt macht dieser Szenenausschnitt deutlich, wie egoistisch und selbstbezogen der Hauptmann ist.
Wie bei einer Reportage beschreibt er das, was er sieht, und fügt seine eigenen Gefühle hinzu.
Der Kern der Szene ist natürlich der zweite Hinweis für Woyzeck, dass seine Beziehung zu Marie gefährdet ist, was den Mann verständlicherweise in große Aufregung versetzt.

Der Doktor bleibt auch auf seiner Linie einer vordergründige pseudowissenschaftlichen Betrachtung Woyzecks.
Der ist hier nichts als ein Opfer der Interessen und zum Teil auch der Späße seiner Vorgesetzten.

Sprachlich fällt beim Hauptmann die Aneinanderreihung von Vergleichen auf (2/3) und das andeutungsweise Sprechen über das Bild von dem Haar in der Suppe (beziehungsweise in diesem Falle in der eigenen Wohnung) als Beweis für den Fehltritt, die Untreue der Frau.

Für Woyzeck ist kennzeichnend, dass er offen über seine Situation spricht und – als er merkt, dass es kein Spaß ist – sich in Bildern der Hölle und der abwehrenden Wiederholung des Wortes „unmöglich“ ergeht.
Der Hauptmann reagiert mit Verweisen auf den Krieg und betont ebenfalls in einer Wiederholung, dass Woyzeck ein guter Mensch sei.
Besonders zum Schluss fällt beim Hauptmann auf, dass er kaum zu einem logischen, systematischen Gedankengang fähig ist.

Der ihm geistig wahrscheinlich überlegene Doktor begnügt sich mit einer stichwortartigen Beschreibung der Symptome bei Woyzeck, die er glaubt feststellen zu können.

Insgesamt ist die Szene im Stück sehr wichtig, weil sie zum einen noch einmal den Eindruck vom Charakter und Verhalten der beiden Offiziere vertieft und zum anderen mit dem Verdacht gegenüber Marie einen entscheidenden Impuls für die weitere Handlung liefert.
Wichtig ist, dass Woyzeck darauf hinweist, dass er über all das nachdenken wolle. Von einem offenen Gespräch mit Marie ist keine Rede und man weiß bei Kenntnis des gesamten Stückes, wohin dieses Nachdenken führt. Wichtig ist sicherlich auch, dass Woyzeck auch in dieser Szene in einer fantasievollen Welt lebt, in der hier vor allem die Hölle eine Rolle spielt.

Infos, Tipps und Materialien zu Büchners „Woyzeck“
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Infos, Tipps und Materialien zu weiteren Themen des Deutschunterrichts
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