Adorno und Horkheimer, „Die Dialektik der Aufklärung“

„Dialektik der Aufklärung“

Worum es hier geht:

  • Wenn im Deutschunterricht Lessings „Nathan der Weise“ behandelt wird, kommt man natürlich auch auf die Aufklärung zu sprechen.
  • Im Drama selbst gibt es einige Unstimmigkeiten, was das Verhältnis von Nathan zu seiner Pflegetochter Recha angeht. Zum Beispiel hält er sie vom Lesen von Büchern ab, will ihr alles selbst beibringen.
Das Kernproblem: Was hat die Aufklärung gebracht?
  • Aber viel schlimmer ist eigentlich, was letztlich aus den Hoffnungen der Aufklärer geworden ist.
  • Im 20. Jhdt. gab es schlimmste Kriegen, dazu totalitäre Politiksysteme mit einer unglaublichen Menschenverachtung.
Die Antwort von Adorno und Horkheimer:
  • Zwei bedeutende Philosophen haben sich noch während der Herrschaft des Nationalsozialismus und des II. Weltkrieges im kalifornischen Exil Gedanken gemacht, warum bei der Aufklärung neben vielen guten Ergebnissen auch etwas grundsätzlich schiefgelaufen ist.
  • Es waren Theodor W. Adorno und Max Horkheimer, die 1944 unter dem Titel „Die Dialektik der Aufklärung“ eine Sammlung von Essays herausbrachten, die sie „Philosophische Fragmente“ bezeichneten.
Zu den Begriffen „Essay“ und „Fragment“
    • Unter einem Essay versteht man Auseinandersetzungen mit einem Thema, die nicht nur sachlich sind, sondern auch eigene Akzente setzen. Das Wort „Essay“ bedeutet ja wörtlich „Versuch“. Das heißt: Man wagt auch mal etwas und freut sich im Idealfall auf Kritik, weil die in der Sache weiterbringen kann.
    • Der Begriff der „Fragmente“ geht in eine ähnliche Richtung, betont allerdings, dass es sich hier auch um Überlegungen abseits des Hauptstroms der Wissenschaft handeln kann. So etwas ist insofern „bruchstückhaft“, weil es sich eigentlich um Denkanstöße handelt, die im Idealfall noch weitergedacht werden.
    • Im Falle des Werkes von Adorno und Horkheimer hat sich dann aber herausgestellt, dass es nach anfänglicher Erfolglosigkeit im Rahmen der Studentenbewegung zu einem Klassiker geworden ist.
Vorab schon mal: Die Kernthese von Adorno und Horkheimer
    • Seine These, dass die Aufklärung nicht nur die persönliche Herrschaft über Menschen abgebaut hat, wie sie für Feudalismus und Absolutismus charakteristisch war, sondern sie hat auch neue Herrschaftsformen mit sich gebracht.
    • Die sind eher institutioneller Art. Das heißt: Es haben sich allgemeine und zum Teil undurchschaubare Gemengelagen ergeben, die neue Formen des Zwangs ausüben.
    • Dazu gehört insgesamt das kapitalistische Wirtschaftssystem, aber auch eine entsprechende „Kulturindustrie“.
Ein hilfreiches Video
    • In einem sehr guten Youtube-Video wird außerdem darauf hingewiesen, dass auch die heutige Wissenschaft eingebunden ist in Fördersysteme, die auch Abhängigkeiten mit sich bringen. Letztlich dient so die Wissenschaft auch der Herrschaft über Mensch und Natur.
      Das Video ist hier zu finden:
      «Dialektik der Aufklärung» von Adorno/Horkheimer („Denkstoffe“)
      SRF-Sendung von 2011 mit Felix Schneider und dem Soziologen und Autor einer Adorno-Biografie Prof. Detlev Claussen
      https://youtu.be/OeLWK1k5ix0?si=_67BHq1APTWhJntj
Unser Plan – bitte etwas Geduld

Wir gehen auf dieses Video noch genauer ein.
Ziel ist es, einen „Baustein“ zu schaffen, der sich gut für Diskussionen und eigene Recherchen sowie weitergehende Überlegungen nutzen lässt.

Ergänzung: Goethes Werther als Beleg …

  • Man glaubt es kaum: Da liest man mal wieder in Goethes Werther – und gleich am Anfang merkt man, wie der Protagonist ganz im Sinne Kants zunächst auf selbstständiges Denken setzt:
  • Am 13. Mai schreibt Werther an seinen Brieffreund Wilhelm:
    http://www.zeno.org/Literatur/M/Goethe,+Johann+Wolfgang/Romane/Die+Leiden+des+jungen+Werther/Erstes+Buch
    Du fragst, ob du mir meine Bücher schicken sollst? – Lieber, ich bitte dich um Gottes willen, laß mir sie vom Halse! Ich will nicht mehr geleitet, ermuntert, angefeuert sein, braust dieses Herz doch genug aus sich selbst; ich brauche Wiegengesang, und den habe ich in seiner Fülle gefunden in meinem Homer.“

    • Hier sieht man außerdem ganz im Sinne der „Dialektik der Aufklärung“ die nächste Stufe – eine Art neuer Mythos: Ich bin mir selbst genug, was zu dem Egoismus passt, mit dem Werther in eine laufende Beziehung einbricht. In gewisser Weise übt er durch sein Verhalten Herrschaft aus über andere Menschen.
    • Und das passt ganz zu der Entwicklung, die Adorno und Horkheimer beschrieben haben.

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