Bertolt Brecht, „Leben des Galilei“ – Szenen 13-15 Überblick – Inhalt – wichtige Textstellen – Kommentar (Mat7309-13-15)

Worum es hier geht:

  • Wir stellen hier die Szenen 1-3 aus Bertolt Brechts Schauspiel „Leben des Galilei“ vor.
  • Präsentiert werden
    • eine Übersicht über Inhalt und Entwicklung des Konflikts in diesem Abschnitt,
    • wichtige Zitate
    • und Anmerkungen zum Verständnis und zur Auswertung.
  • Die Gesamtübersicht über alle „Bilder“ (= Szenen) findet sich hier:
    https://textaussage.de/brecht-galilei-themenseite

Szene 13: Galileis Schüler erwarten seine Standhaftigkeit gegenüber der Inquisition und sind entsetzt, als er widerruft

  • Die Schüler Galileis diskutieren zunächst seine Situation, nachdem der wissenschaftsfreundliche neue Papst ihn nicht mehr empfangen hat.
  • Sie reden sich immer mehr ein, dass Galilei standhaft bleibt – allerdings wollen sie nicht zu Ende denken, was das für ihn bedeuten könnte.
  • Nur Virginia betet, dass ihr Vater widerruft und dann weiterleben kann.
  • Es wird dann angekündigt, dass Galilei bald kommen werde: „Er mag ein Bett benötigen.“
  • Als dann der Widerruf verkündet wird, sind die Schüler Galileis ganz entsetzt – und Andrea bringt es so auf den Punkt: „Unglücklich das Land, das keine Helden hat.“
  • Als Galilei dann erscheint, „völlig, beinahe bis zur Unkenntlichkeit verändert durch den Prozeß“, wird er nicht einmal gegrüßt, sondern von Andrea sogar beschimpft.
  • Dabei wird ihm so schlecht, dass es Galilei ist, der ruhig sagt: „Gebt ihm ein Glas Wasser.“ Das ist natürlich eine völlige Verkehrung der Situation („Bett“, s.o.).
  • Schließlich kommt Galileis Antwort: „Nein. Unglücklich das Land, das Helden nötig hat.“
  • Die Szene schließt – typisch für das epische Theater – mit einer „Vorlesung vor dem Vorhang“. In ihr wird deutlich gemacht, dass große Tiere viel gefährdeter sind als kleine Tiere, wenn sie aus einer gewissen Höhe herunterfallen. Am Ende dann der allgemeine Satz: „Die gemeine Annahme, daß große und kleine Maschinen gleich ausdauernt seien, ist offenbar irrig.“
  • Damit soll Galileis Verhalten gerechtfertig werden, der auf das Überleben und damit auch auf eine neue Chance für missliebige Erkenntnisse setzt.
  • Denn wenn er tapfer geblieben und hingerichtet worden wäre, dann wären die Discorsi nicht zu Ende geschrieben worden.
  • Anregung: Galileis Verhalten kann man gut mit dem Verhalten von Herrn Keuner in der Parabel „Maßnahmen gegen die Gewalt“ vergleichen.

Szene 14: Galilei als „Gefangener der Kirche“ – und im Gespräch mit seinem ehemaligen Schüler Andrea

  •  Im 14. Kapitel wird Galilei als „Gefangener der Kirche“ gezeigt.
  • Im ersten Teil der Szene geht es um verschiedene Aspekte seiner Situation: Er beschäftigt sich immer noch mit Experimenten, allerdings unter Aufsicht der Kirche. Virginia macht deutlich: „Er tut nichts gegen die Vorschriften. Seine Reue ist echt. Ich passe auf ihn auf.“
  • Gegenüber dem Erzbischof, der ihm regelmäßig Fragen stellt, verhält Galilei sich scheinbar an seine neue Lage angepasst, gönnt sich aber hin und wieder auch durchaus einen Schuss Ironie.
  • Der wichtigste Teil des Szene beginnt, als sein ehemaliger Schüler Andrea Sarti ihn besucht.
  • Der bleibt zunächst sehr förmlich zurückhaltend. Man hat den Eindruck, dass er Galilei seinen Widerruf immer noch nicht verziehen hat.
  • Dann aber präsentiert der Wissenschaftler ihm plötzlich eine Abschrift seiner aktuellen Forschungen, der so genannten „Discorsi“. Das löst bei Andrea regelrechte Begeisterung aus: „Sie versteckten die Wahrheit. Vor dem Feind. Auch auf dem Feld der Ethik waren Sie uns um Jahrhunderte voraus. […] Hätten Sie in einer Gloriole von Feuer auf dem Scheiterhaufen geendet, während die anderen die Sieger geblieben.“
  • Galilei ist der deutlich skeptischer: „Sie sind die Sieger. Und es gibt kein wissenschaftliches Werk, das nur ein Mann schreiben kann.“
  • Galilei gibt auch ganz offen zu, dass er mit seinem Widerruf keinen Plan verfolgt habe: „Ich habe widerrufen, weil ich den körperlichen Schmerz fürchtete.“
  • Ganz deutlich verbindet er seine Forschungen mit Politik:
  • „Unsere neue Kunst des Zweifels entzückte das große Publikum. Es riss uns das Teleskop aus der Hand und richtete es auf seine Peiniger.
  • Diese selbsttischen und gewalttätigen Männer, die sich die Früchte der Wissenschaft gierig zu Nutze gemacht haben, fühlten zugleich das kalte Auge der Wissenschaft auf tausendjähriges, aber künstliches Elend gerichtet, das deutlich beseitigt werden konnte, indem sie beseitigt wurden.“
  • Deutlich ist seine Warnung an alle Wissenschaftler:
  • „Ich halte dafür, dass das einzige Ziel der Wissenschaft darin besteht, die Mühseligkeit der menschlichen Existenz zu erleichtern.
  • Wenn Wissenschaftler, eingeschüchtert durch selbstsüchtige Machthaber, sich damit begnügen, Wissen um des Wissens aufzuhäufen, kann die Wissenschaft zum Krüppel gemacht werden,
  • und eure neuen Maschinen mögen nur neue Drangsale bedeuten.“
  • Er sieht sogar die Gefahr, dass „irgendeine neue Errungenschaft von einem universalen Entsetzensschrei beantwortet werden könnte.“
  • Seinen eigenen Widerruf kritisiert er im Nachhinein:
  • „Ich hatte als Wissenschaftler eine einzigartige Möglichkeit.
  • In meiner Zeit erreichte die Astronomie die Marktplätze.
  • Unter diesen ganz besonderen Umständen hätte die Standhaftigkeit eines Mannes große Erschütterungen hervorrufen können.
  • Hätte ich widerstanden, hätten die Naturwissenschaftler etwas wie den hippokratischen Eid der Ärzte entwickeln können, das Gelöbnis, ihr Wissen einzig zum Wohle der Menschheit anzuwenden!“
    (Anmerkung: Hier gibt es natürlich große Parallelen zu den „Physikern“ Dürrenmatts.
  • Vor diesem Hintergrund stellt er fest:
  • „Ich habe meinen Beruf verraten.
  • Ein Mensch, der das tut, was ich getan habe, kann in den Reihen der Wissenschaft nicht geduldet werden.“
  • Diese „mörderische Analyse“ will Andrea allerdings nicht als „das letzte Wort“gelten lassen.
  • Es widerspricht auch völlig dem, was Galilei bei der Übergabe der Abschrift der „Discorsi“ im Hinblick auf seine Hände festgestellt hat:
    „besser befleckt als leer. Klingt realistisch. Klingt nach mir. Neue Wissenschaft, neue Ethik.“
  • Am Ende der Szene macht Andrea sich mit der Abschrift der „Discorsi“ auf dem Weg über die Grenze.

Szene 15: Andrea Sarti gelingt es, die Abschrift der Discorsi über die Grenze in die freien Niederlande zu bringen

  • Mit einem Trick gelingt es Andrea, seine wissenschaftlichen Schätze problemlos über die Grenze zu bringen. Er liest ganz offen in den Discorsi und schützt sie damit vor jedem Verdacht.
  • Bezeichnend ist, dass gleichzeitig einige Jungen sich über eine angebliche Hexe unterhalten. Dementsprechend gelten die letzten Worte des Dramas einem der Jungen:
  • „Du musst lernen, die Augen aufzumachen. […] Auf einem Stock kann man nicht durch die Luft fliegen. […] Wir wissen bei weitem nicht genug, wir stehen wirklich erst am Beginn.“

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