Christian H. von Hoffmannswaldau – Er liebt vergebens – Barock-Klage über unerwiderte Liebe

Wozu auch ein Barockgedicht gut sein kann:

Ein schönes Barockgedicht, das zeigt, dass es vor 300 Jahren schon genau so ein Liebesleid gab wie heute auch – oder ist etwas heute anders?

Das kann man gut mal selbst ausprobieren – sich in die Situation versetzen, aber so, wie es einem heute gehen kann.

Dann sieht man schnell Gemeinsamkeiten und Unterschiede.

Wir haben hier das Gedicht so abgedruckt, wie es bei zeno zu finden ist. Unter jeder Strophe steht aber eine Übersetzung in heutige Sprache. Das hilft hoffentlich.

Christian Hoffmann von Hoffmannswaldau

Er liebt vergebens

  1. Ich finde keinen rath/ die liebe wächst alleine/
  2. Und wenig neben mir/ es sey denn meine noth/
  3. Die brunst bestricket mich/ warum nicht auch der tod?
  4. Frist jene marck und fleisch/ so fresse der die beine.
    • Ich finde keinen Rat – die Liebe wächst von selbst,
    • und kaum etwas anderes neben mir, außer meinem Leid.
    • Die Glut der Liebe fesselt mich – warum nicht auch der Tod?
    • Wenn die Liebe mein Innerstes frisst, warum nicht auch den ganzen Körper?
  5. Was aber hilfft mein wunsch/ was hilffts mich/ daß ich weine?
  6. Der tod hört nicht vielmehr/ als sonst der liebes-gott/
  7. Wo solte meine qual und meines lebens spott
  8. Nun besser seyn bedeckt/ als unter einem steine?
    • Doch was nützt mir mein Wunsch, was bringt es mir, dass ich weine?
    • Der Tod hört nicht mehr als sonst der Liebesgott.
    • Wo könnte mein Schmerz und der Spott meines Lebens
    • besser aufgehoben sein als unter einem Stein (Grabstein?)
  9. Und bin ich endlich todt/ vergraben und verscharrt/
  10. So schwatzt die grabschrifft noch/ daß dieser mensch genarrt/
  11. Und sagt: Hier liegt ein narr/ und läst nicht wenig erben.
    • Und wenn ich schließlich tot bin, begraben und verscharrt,
    • Dann spricht die Grabinschrift noch immer, dass dieser Mensch ein Narr war.
    • Da steht dann: Hier liegt ein Idiot, der nichts als seine Dummheit hinterlässt.
  12. Ach! daß den schwartzen leib das erste wasser-bad/
  13. So mir die mutter gab/ nicht bald ersäuffet hat/
  14. So dörfft ich ietzt allhier nicht wie ein narr verderben.
    • Ach, hätte doch den noch ganz schwarzen Körper das erste Wasserbad,
    • das mir meine Mutter gab, mich gleich ertränkt!
    • Dann würde ich hier nicht wie ein Dummkopf kaputtgehen.

Quelle:

Herrn von Hoffmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte erster Teil, Tübingen 1961, S. 43-44.

Permalink:

http://www.zeno.org/nid/2000508489X

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