Die Sprache in Lessings Theaterstück „Nathan der Weise“ (Mat8478)

Worum es hier geht:

  1. „Nathan der Weise“ ist als Theaterstück natürlich ein Kunstwerk,
  2. zudem eins, bei dem es vor allem um den Austausch von Gedanken und die Veränderung von Einstellungen geht.
  3. Dementsprechend spielt die Sprache in diesem „Ideendrama“ eine besondere Rolle.

Zu den Einzelheiten

  1. Das merkt man auch daran, dass sich die Regieanweisungen kaum stärker über die Gestaltung des Raums auslassen, stattdessen aber stark auf Körpersprache eingehen, etwa wenn Nathan seine Annäherung an den Tempelherrn durch einen Griff zum Mantel des Tempelherrn in II,5 sichtbar macht.
  2. Verständlicherweise gibt es auch vielfältige Hinweise auf den Gemütszustand der Figuren. Das wird besonders in der Schluss-Szene deutlich, wenn der Tempelherr „aus seiner wilden, stummen Zerstreuung auffahrend“ nach seinem Bruder fragt bzw. es zur „Wiederholung allseitiger Umarmungen“ kommt.
  3. Rein sprachlich spielen zentrale Begriffe eine Rolle, so die Unterscheidung zwischen „Wahn“ und „Wahrheit“.
  4. Bei den Dialogen gibt es ganz unterschiedliche Varianten: Da ist zum einen das recht entspannte und zum Teil fast komisch wirkende Gespräch zwischen Nathan und dem Kurzzeit-Schatzmeister des Sultans (I,3 und II,9).
  5. Dort fallen auch Wortspiele auf, wenn der Derwisch darauf verweist, der Sultan wollte die Bettler ausrotten, auch wenn er dabei selbst zum Bettler wird. (ca. 408) oder wenn darauf hingewiesen wird, dass es nicht gut ist, wenn Fürsten „Geier unter Äsern“ sind, aber noch schlimmer sei es, wenn sie „Äser unter Geiern“ sind. (ca.. 419).
  6. Dem gegenüber steht das spannungsreiche Gespräch zwischen dem blutgierigen Patriarchen und dem moralisch ganz anders aufgestellten Tempelherrn.
  7. Besonders wichtig sind natürlich die Szenen, in denen Grundsätzliches deutlich wird: Zum Beispiel, wenn Recha gegenüber Daja deutlich macht, wieso sie ihre Herkunft und Geschichte nicht aufgeben will. Oder wenn Nathan und der Tempelherr sich über Menschsein als fundamentale Gemeinsamkeit austauschen. Und dann die viel wichtigere Passage als die Ringparabel selbst in der III,7, in der Nathan in Verstärkung dessen, was Recha schon Daja gesagt hat, sich mit dem Sultan über die Bedeutung der Bindung an das Umfeld des Erwachsenwerdens verständigt,
  8. Wichtig ist auch, dass Lessing in diesem Theaterstück im sogenannten Blankvers verfasst, einem fünfhebigen Jambus ohne Reimbindung. Der passt gut zur Dynamik des Sprechens und ist später in den klassischen Dramen Schillers und Goethes zum Normalfall geworden.

    Wir zeigen die Struktur dieses Blankverses mal an den ersten Zeilen des Dramas:
    Daja:
    Er ist es! Nathan! – Gott sei ewig Dank,
    x X   x   X    x        X      x   X x   X
    Daß Ihr doch endlich einmal wiederkommt.
    x     X    x      X   x     X   x    X     x X
  9. Die Dynamik zeigt sich auch in Versen, in denen die Sprecher schnell wechseln, z.B. in der ersten Szene gleich in dem Dialog zwischen Nathan und Daja, indem es ja gerade um die Notwendigkeit des Schweigens geht.

Fazit:

Insgesamt also ein Drama, das rein sprachlich dem Anspruch gerecht wird, den Austausch von Gedanken, Gefühlen und Ideen optimal zu gestalten.

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