„Dunkelgang“ – eine Zeitreise ins Mittelalter (Mat5366-zrm)

Worum es hier geht:

  • Es gibt viele Möglichkeiten, sich früheren Zeiten zu nähern.
  • Meist geschieht das durch Beschreibungen in Büchern oder durch Quellen, also Zeugnisse (Verträge, Berichte Briefe usw.) aus der entsprechenden Zeit.
  • Aber man kann die frühere Zeit auch erleben – z.B. durch Filme.
  • Wir gehen hier einen anderen Weg, bei dem man mehr über das nachdenken kann – nämlich in Form einer Zeitreise.
  • Die hat den Vorteil, dass sie uns heute direkt mit den damaligen Verhältnissen konfrontiert – da wird manches schnell klarer.
Hier der Text zunächst als Screenshot und dann als Druckvorlage

Mat5366-zrm Fiktive Zeitreise ins Mittelalter

Dunkelgang

Eine Zeitreise ins Jahr 1142

Als das Flackern aufhörte, war es sofort still.
Nicht still wie am frühen Morgen zu Hause, sondern still wie in einem Raum, den niemand betreten will. Nur der Wind, der durch die kahlen Äste fuhr, machte Geräusche. Und irgendwo weiter hinten, kaum hörbar, ein Käuzchen.

Nea und Jon standen auf einem matschigen Waldpfad. Vor einer halben Minute hatten sie noch in einem Laborraum gestanden, das Licht flackerte, die Anzeige zeigte „1142“ – und dann dieser Ruck. Jetzt roch es nach feuchter Erde und Holzrauch. Der Himmel war grau, tief und schwer.
Nea schüttelte sich. „Kalt. Und das Licht ist weg. Ich meine… komplett.“

Jon nahm sein Handy aus der Jackentasche. Kein Empfang. Kein GPS. Nur der helle Bildschirm, der jetzt völlig fehl am Platz wirkte. „Ich glaub, wir sind da.“
„Wo da?“
„Na ja… Mittelalter.“

Sie gingen los. Der Pfad führte bergab, zwischen knorrigen Bäumen hindurch, und verwandelte sich irgendwann in einen breiten, ausgefahrenen Weg. Pferdespuren, Holzwagenspuren, Hufabdrücke – und etwas, das wie getrocknetes Blut aussah. Nea schwieg. Die Luft war voller Gerüche – Mist, Feuer, nasses Leder. Sie kamen an einer verrotteten Hütte vorbei, ein Windstoß riss das lose Dachstück zur Seite, als wollte es sie ansehen.

Dann, hinter einer Kurve:
Ein Stadttor. Riesig. Massiv. Holz und Eisen. Geschlossen.

Davor: zwei Männer.
Breit gebaut. Bärtig. Speere.
Sie redeten leise miteinander, dann wandte sich einer um. „Was suchet ihr hier?“
Der Dialekt war hart, aber verständlich – gerade so.

Jon wollte etwas sagen. Nea trat ihm auf den Fuß. Sie hatte sofort verstanden: Hier bedeutete zu viel Reden wahrscheinlich Probleme.

„Wir sind unterwegs zum… Kloster“, sagte sie.
„Wir?“
„Geschwister. Vom Hof aus dem Tal.“
„Was wollt ihr da?“
„…Hilfe. Ein Dach für die Nacht. Essen. Wir…“ – sie drehte sich leicht zur Seite – „…unsere Eltern sind tot.“

Die Männer schauten sich an. Einer trat näher. Er roch nach Schweiß, Eisen und Stall. Dann winkte er mit dem Kopf zur Seite. „Da. Der Pfad entlang. Kloster Sankt Marien. Klopf an. Aber beeilt euch. Die Pforte schließt vor dem Gebet.“

Nea nickte. „Dank euch.“

Sie gingen. Die Männer sahen ihnen lange nach. Jon atmete erst aus, als das Tor hinter ihnen lag. „Krass. Das war knapp.“

Der Pfad war schmal, matschig und von Mauern flankiert. Am Ende: ein kleines Tor, eine eiserne Klopfkette, eine eingelassene Tür.
Jon hob die Hand. Klopfte.

Nichts.

Dann – ein Geräusch. Schritte. Ein Riegel. Langsam öffnete sich die Tür einen Spalt.
Dunkelheit dahinter. Und dann trat jemand heraus.

Ein Mann. Groß. In schwarzem Gewand. Schweigend. Nur sein Blick war wach.

Er sah die beiden lange an. Dann sagte er: „Ihr seid zu spät. Aber… vielleicht ist das kein Zufall.“

Er drehte sich um. „Kommt.“

📝 Fragen zum Text

  1. Wie wird die Stimmung zu Beginn der Zeitreise beschrieben?

  2. Welche ersten Hinweise auf das Mittelalter begegnen Nea und Jon?

  3. Wie reagieren die Torwächter auf die Fremden?

  4. Warum behauptet Nea, dass sie zum Kloster wollen?

  5. Was signalisiert der letzte Satz des Mönchs, der die Tür öffnet?

Antworten für Lehrkräfte (Kurzform)

  • Stimmung zu Beginn:

    • Unheimlich, still, fremd – wie „in einem Raum, den niemand betreten will“

    • Atmosphäre durch Geräusche (Kauz, Wind) und Gerüche verstärkt

  • Hinweise aufs Mittelalter:

    • Pferdespuren, Holzwagenspuren, Stadtmauer mit Tor

    • Kleidung und Sprache der Wachen, Gerüche (Mist, Feuer, Leder)

  • Reaktion der Wachen:

    • Misstrauisch, aber nicht feindselig

    • Strenge Sprache, verlangen nach Erklärung

  • Neas Behauptung:

    • Sie gibt sich als Schwester von Jon aus, behauptet, Eltern seien tot

    • Ziel: Mitleid erwecken und Zugang zum Kloster erhalten

  • Aussage des Mönchs:

    • „Vielleicht ist das kein Zufall“ – öffnet Raum für Deutung (Schicksal, Fügung)

    • Hinweis auf Bedeutung der Zeitreise, möglicher Auftakt zu einer größeren Geschichte

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