Eichendorff, „Aus dem Leben eines Taugenichts“ : Übersicht über Inhalt und Zitate
- Mit dieser Seite wollen wir die Lektüre des „Taugenichts“ erleichtern, indem wir
- einen Überblick über den Inhalt der einzelnen Kapitel geben und
- zugleich wichtige Textstellen vorstellen.
- Dann kann man schon ganz gut mitreden.
- Vor allem, wenn man sich die entsprechenden Textstellen auch in seiner Ausgabe markiert.
Weitere Infos, Tipps und Materialien zum „Taugenichts“ gibt es auf unserer speziellen Themenseite dazu:
Kapitel 1: Aufbruch – viele Glücksfälle und ein Reinfall
- Ich-Erzähler verlässt seine Heimat, weil der Vater ihn als “Taugenichts” bezeichnet: “erwirb dir selber dein Brot” (5)
- T will aber eher “in die Welt gehen und mein Glück machen” (5)
- verlässt sich auf Gott: “Hat auch mein Sach aufs Best bestellt” (6)
- Hat Glück, darf auf einer Kutsche mitfahren (6)
- Unterwegs wird ihm doch mal “kurios”, (7) vermisst das Zuhause
- Gelangt zu einem Schloss, wo er als Gärtnerbursche arbeiten darf
- Wird dadurch aus “Herzensangst” befreit.
- Soll “arbeitsam” (8) sein, möchte aber lieber “herumspazieren […] wie die Herren und Damen”, vor allem an einer jungen Dame interessiert; kommt an sie aber nicht recht ran.
- Dann darf er sie mit anderen doch mal über einen Teich rudern und ein Volkslied singen.
- Fühlt sich verspottet, “das Herz wollte mir zerspringen […] vor Scham und Schmerz” (14)
Kap2: (14-26) Glück im Job, Pech in der Liebe -> Italien
- T. “noch voller Schlaf” (15) bekommt das Amt des gerade verstorbenen Zolleinnehmers “in Betrachtung seiner guten Aufführung” (15).
- T. macht es sich da wieder gemütlich und fasst den Entschluss, “nunmehr alles Reisen zu lassen […], und es mit der Zeit gewiss zu etwas Großem in der Welt zu bringen.”
- Als erstes ersetzt er Kartoffeln und Gemüse im Garten durch die “auserlesensten Blumen” (16) -> tägliches Geschenk -> “meiner schönen Frau”
- Dazu Interesse an der Jägerei -> Streit mit dem lebensklügeren Portier, der erzählt “rasend geworden” (17)
- Begegnung mit der schönen Frau: “Ach könnt ich nur für Euch ins Feuer springen” -> die schaut “fast böse” und verschwindet schnell -> T: “weder Ruh noch Rast” (18)
- Zahlen werden “romantisiert” (18) – will wieder “weit in die Welt”
- Blumen nicht mehr abgeholt. “Das verdross mich sehr.” (19)
- Dann misslungene Begegnung wegen Strauß für Maskenball
- T. sieht sich als “ein großer Narr” (25) -> “Reiselust” -> “Italien”
Kap3 (27-39): Freud und Leid auf dem Weg nach Italien
- kennt den “rechten Weg” nach Italien. nicht
- schämt sich vor einer möglichen Rückkehr
- Traum in einem Garten: Frau “ganz bleich”
- in einem Wald: “Gottes Führung” (30)
- beneidet einen anderen “Faulenzer” (30)
- Angst im “ewigen einsamen Rauschen der Wälder” (31)
- Wirtshaus: macht Musik, Spezielles Mädchen-Interesse – “mein Glück machen” (34)?
- Leicht deprimiert: “allen ist’s gleich … ob ich noch da bin”
- hält zwei Reiter für Räuber, erkennen ihn als Gärtner und nehmen ihn mit als Bedienten (”Maler”: Leonhard u. Guido)
- freuen sich gemeinsam über eine “glückliche Ankunft” (39) in B.
Kap 4: (40-45) T. macht im Gefolge der beiden „Maler“ allerlei Erfahrungen – muss dann aber alleine weiterreisen, wenn auch mit Geld ausgestattet“.
- In B. wird Pause gemacht, der T. bekommt neue Kleider und bald geht „es frisch nach Italien hinein“.
- T. hat eigentlich „ein prächtiges Leben, wie der Vogel in der Luft, und brauchte doch dabei nicht selbst zu fliegen“.
- Mit dem angeblichen Maler Guido kann er sich gut unterhalten, während das den Herrn Leonhard eher stört. Schließlich gerät er in ein „entsetzliches und unaufhaltsames Schlafen“.
- Als sie dann in einem Wirtshaus rasten, stellt der T. erfreut fest: „Was der Mensch doch nicht alles erfährt, wenn er sich einmal hinterm Ofen hervormacht.“ (41)
- Dazu gehört aber auch ein seltsames „bucklichtes Männlein“, das versucht, seine wenigen Deutschkenntnisse beim T. anzubringen, dem war aber „in dem fremden Lande nicht anders, als wäre ich mit meiner deutschen Zunge tausend Klafter tief ins Meer versenkt, und allerlei unbekanntes Gewürm ringelte sich und rauschte da in der Einsamkeit um mich her, und glotzte und schnappte nach mir.“ (43)
- Er schläft dann ein und muss am nächsten Morgen feststellen, dass die beiden „Maler“ überstürzt abgereist sind, ihm aber einiges Geld da gelassen haben.
- Er nimmt dann die Postkutsche „und so ging’s mit mir fort in die weite Welt hinein.“ (45)
Kap 5: (45-50): Zwischen unheimlichen und wieder sehr schönen Erfahrungen in einem Schloss – der Taugenichts fühlt sich schon recht erwachsen.
- T. leidet etwas unter „ausnehmender Geschwindigkeit“ (45), auch geht ihm das Geld aus und der Kutscher fährt recht seltsame Wege – wie „in ein großes Grabgewölbe hinein“ (47).
- Schließlich kommen sie zu einem Schloss, wo man dem T. „wie einem großen Herrn, aus dem Wagen heraus“ (48) hilft. Ihm ist dabei „recht unheimlich zumute“. (48)
- Er bekommt dann „ein großes schönes herrschaftliches Zimmer“ (49) zugewiesen und stellt fest, dass er „in Italien so ein gewisses feuriges Auge bekommen“ (50) hat – ganz offensichtlich wächst er mit seinen Erfahrungen über den „Milchbart“ (50) hinaus, wird also zum Mann.
- Einer möglichen erotischen Begegnung mit einer Magd weicht er dann aber doch lieber aus.
- Am Ende schläft er „voller Vergnügen“ (50) ein.
Kap6: (50-60): Zwischen Schlaraffenland-Gefühl, beginnender Melancholie und dem Gefühl, verfolgt zu werden
- Verzicht auf ein erotisches Abenteuer hinter einer unverschlossenen Tapetentür.
- Am nächsten Morgen durchstreift er eine „lüderliche Gärtnerei“ und lernt einen „langen schmalen blassen Jüngling“ kennen.
- Dann begeistert er die ganze Schloss-Gemeinde mit seiner Musik.
- Was ihm auffällt: „Das war nun aber doch ganz seltsam auf dem Schloss! Kein Mensch dachte da ans Weiterreisen.“ (53)
- Der Ich-Erzähler vermittelt das Gefühl, dass die Leute da nicht ganz bei Verstand sind, das liegt möglicherweise nicht nur an sprachlichen Missverständnissen.
- Anregung: Dies könnte man als Ansatzpunkt für eine eigenständige Fortsetzung der Novelle an dieser Stelle nutzen. Denn es könnte sich wirklich um ein Pflegeheim für geistig nicht mehr ganz Gesunde halten, das durch die Gunst oder auch Ungunst der Umstände sich keinerlei Sorgen um seine Versorgung machen muss. Eine besondere Variante von Schlaraffenland.
- Eichendorff begnügt sich aber mit der Feststellung seines Protagonisten: „Sonst hatte ich hier ein Leben, wie sich’s ein Mensch nur immer in der Welt wünschen kann. Der gute Portier! er wusste wohl, was er sprach, wenn er immer zu sagen pflegte, dass in Italien einem die Rosinen von selbst in den Mund wachsen.“ (53)
- Dann erkennt der T. doch auch die Gefahr, „von dem guten Essen und Trinken ganz melancholisch zu werden“ (54).
- Ein Lied, das ihm einfällt, leitet dann über über zu einem Brief, den er mit der Post erhält und in dem seine geliebte Frau um rasche Heimkehr bittet, alle Probleme hätten sich aufgelöst.
- T. ist davon ganz hin und weg, lässt dann eine Art Freudenfest veranstalten, das aber dann anfängt, böse zu enden, als er den Leuten mitteilt, dass er nach Hause aufbrechen wolle.
- Er fühlt sich sogar verfolgt und bedroht und nutzt die erste Gelegenheit, regelrecht vom Schloss zu flüchten, wobei er sogar ein wenig so abstürzt, „dass mir’s im Gehirnkasten knisterte“ (59).
- Schließlich befiehlt er seine „Seele dem lieben Gott“ (60) und kann dem Verfolgungstümmel auch entkommen.
Kapitel 7: (60-68)
- Dies ist wieder eins der Kapitel, bei dem man sich fragt, warum junge Menschen so etwas lesen sollen.
- Wir machen das mal so, dass wir einfach die Stellen sammeln, zu denen man sich kritisch (aber durchaus auch konstruktiv) aus heutiger Sicht äußern könnte.
- Da ist der junge Mann „Tag und Nacht“ (60) unterwegs gewesen und hat dabei keine Probleme gehabt.
- Interessant dann die Bemerkung:
- „Unterweges erfuhr ich, daß ich nur noch ein paar Meilen von Rom wäre. Da erschrak ich ordentlich vor Freude.“
- Anmerkung: Da könnte man schon mal überlegen, wo es heute Gelegenheiten gibt, bei denen man vor Freude erschreckt. Wichtig ist dabei nur, dass es mit Vorerwartungen zu tun hat, wie sie jetzt auch noch beschrieben werden.
- „Denn von dem prächtigen Rom hatte ich schon zu Hause als Kind viele wunderbare Geschichten gehört, und wenn ich dann an Sonntagsnachmittagen vor der Mühle im Grase lag und alles ringsum so stille war, da dachte ich mir Rom wie die ziehenden Wolken über mir, mit wundersamen Bergen und Abgründen am blauen Meer, und goldnen Toren und hohen glänzenden Türmen, von denen Engel in goldenen Gewändern sangen.
- Anmerkung: In der Realität ist häufig das, was sich schön vorgestellt hat, bei weitem nicht so wunderbar wie in der Fantasie. Das könnte man mal ausgestalten, um ein bisschen Realitätssinn aus der Novelle von Eichendorff für sich herauszuholen.
- Anmerkung: Interessant ist hier auch, wie sehr der Taugenichts sich in Klischees verliert, also in Vorstellungen, die eher einer idealisierten Wirklichkeit entsprechen als einer echten. Erstaunlich auch, dass er wie ein „tumber Tor“ durch Rom läuft, nur den Zufall und seine seltsame große Liebe im Kopf hat. Er nimmt eigentlich nichts von dem wahr, was Rom ausmacht.
- Natürlich kommt ihm dann gleich wieder seine geliebte Frau zu Gesicht – oder auch nicht?
- „Wie ich nun eben so weiter fortschlendere, und vor Vergnügen, Mondschein und Wohlgeruch gar nicht weiß, wohin ich mich wenden soll, läßt sich tief aus dem einen Garten eine Gitarre hören. Mein Gott, denk ich, da ist mir wohl der tolle Student mit dem langen Überrock heimlich nachgesprungen! Darüber fing eine Dame in dem Garten an überaus lieblich zu singen. Ich stand ganz wie bezaubert, denn es war die Stimme der schönen gnädigen Frau, und dasselbe welsche Liedchen, das sie gar oft zu Hause am offnen Fenster gesungen hatte.“
- Allerdings wird daraus dann trotz Geigenspiel nicht viel.
- Dann holt er doch noch ein bisschen Schlaf nach – passend auf der Türschwelle eines Hauses – dann wieder ein Wechselbad der Gefühle:
- „Als ich aufwachte, rieselte mir die Morgenluft durch alle Glieder. Die Vögel waren schon wach und zwitscherten auf den Bäumen um mich herum, als ob sie mich für’n Narren haben wollten. Ich sprang rasch auf und sah mich nach allen Seiten um. Die Wasserkunst im Garten rauschte noch immer fort, aber in dem Hause war kein Laut zu vernehmen. Ich guckte durch die grünen Jalousien in das eine Zimmer hinein. Da war ein Sofa, und ein großer runder Tisch mit grauer Leinwand verhangen, die Stühle standen alle in großer Ordnung und unverrückt an den Wänden herum; von außen aber waren die Jalousien an allen Fenstern heruntergelassen, als wäre das ganze Haus schon seit vielen Jahren unbewohnt. – Da überfiel mich ein ordentliches Grausen vor dem einsamen Hause und Garten und vor der gestrigen weißen Gestalt. Ich lief, ohne mich weiter umzusehen, durch die stillen Lauben und Gänge, und kletterte geschwind wieder an dem Gartentor hinauf. Aber da blieb ich wie verzaubert sitzen, als ich auf einmal von dem hohen Gitterwerk in die prächtige Stadt hinuntersah. Da blitzte und funkelte die Morgensonne weit über die Dächer und in die langen stillen Straßen hinein, daß ich laut aufjauchzen mußte, und voller Freude auf die Straße hinuntersprang.“ (63)
- Glücklicherweise tritt der T. dann gleich wieder einen freundlichen Menschen, der sich als Maler vorstellt und ihn natürlich gerne zum Essen in seine Wohnung mitnimmt, die sich allerdings sehr unordentlich präsentiert.
- Eigentlich wird es dann ein bisschen peinlich – es erinnert an den tumben Toren Parzival – jedenfalls erwähnt der Maler dann den berühmten Kollegen Leonardo da Vinci – und der T. denkt dabei natürlich gleich an seine Malererlebnisse mit Leonardo und Guido.
- Erst wird er für „verrückt“ gehalten – dann aber klärt sich alles auf.
- „Nun wahrhaftig«, versetzte der Maler, »da war eine Gräfin aus Deutschland hier, die hat sich in allen Winkeln von Rom nach den beiden Malern und nach einem jungen Musikanten mit der Geige erkundigen lassen.“
- Typisch dann die Reaktion des T:
- „»Sie ist’s, sie ist’s!« rief ich endlich, erwischte meinen Hut und rannte rasch zur Tür hinaus, die vielen Treppen hinunter, und hörte nur noch, daß mir der verwunderte Maler nachschrie, ich sollte gegen Abend wiederkommen, da könnten wir vielleicht mehr erfahren!“
—
- Insgesamt schon ein bisschen ärgerlich, wie hier romantische Versatzstücke einfach aneinandergereiht werden und man vergeblich nach Textstellen sucht, in denen auch so ein „tumber Tor“ wie dieser Taugenichts mal etwas Kluges sagt oder etwas beobachtet, worüber nachzudenken sich lohnt.
- Man hat den Eindruck, dieser junge Mann ist nur in seinen Träumen unterwegs – da muss man nicht auf die Toilette, man verrenkt sich auch nur ein Bein in einer Weise, dass es gleich wieder zum Laufen reicht.
- Man sollte mal ausprobieren, ob dieses Kapitel überhaupt die Möglichkeit bietet, es auf eine vergleichbare Situation heute zu übertragen. Das dürfte schwer werden.
Kapitel 8-10
Wir sind mal gespannt, ob jetzt mehr kommt als in Kapitel 7.
Sicherheitshalber stellen wir uns auf eine dünne „Zitatendecke“ ein und fassen das hier in einem Abschnitt zusammen:
Kapitel 8:
- Hier geht es erst mal wieder orientierungslos durch die Stadt – natürlich trifft der T. den Maler wieder.
- Auf einem Spaziergang entdecken sie ein streitendes Pärchen, bei dem der weibliche Part rein zufällig die Kammerjunger ist, die der T. schon aus dem Wiener Raum her kennt.
- Hier gibt es ein bsd. erzählerisches Highlight, nämlich die Einbeziehung aktueller Phänomene des Kulturbetriebs durch Eichendorff:
- „»Barbar!« rief ihm einer von dem runden Tische zu, »du rennst da mitten in das sinnreiche Tableau von der schönen Beschreibung hinein, welche der selige Hoffmann, Seite 347 des ›Frauentaschenbuchs für 1816‹, von dem schönsten Hummelschen Bilde gibt, das im Herbst 1814 auf der Berliner Kunstausstellung zu sehen war!« – Aber das half alles nichts. »Ach was!« entgegnete der junge Mann, »mit Euren Tableaus von Tableaus! Mein selbsterfundenes Bild für die andern, und mein Mädchen für mich allein! So will ich es halten! O du Ungetreue, du Falsche!«“
- Jetzt wird es immer ärgerlicher: Natürlich hat die rein zufällig einen Zettel dabei, auf dem geschrieben steht, dass die junge Gräfin ihn an einer bestimmten Stelle zu einer bestimmten Zeit erwarte.
- Leider ist es dann die falsche Gräfin, nämlich die „große korpulente, mächtige Dame“ (79).
- Er muss erfahren, dass die, die er sucht, längst wieder in Deutschland ist.
- Außerdem erfährt er, wie von ihr über ihn gedacht wird:
„»Da hast du wieder einmal recht dummes Zeug gemacht«, sagte sie unterweges voller Bosheit zu mir. Ich wurde auch schon giftig. »Nun, zum Teufel!« sagte ich, »habt Ihr mich denn nicht selbst hierherbestellt?« – »Das ist’s ja eben«, rief die Kammerjungfer, »meine Gräfin meinte es so gut mit dir, wirft dir erst Blumen aus dem Fenster zu, singt Arien – und das ist nun ihr Lohn! Aber mit dir ist nun einmal nichts anzufangen; du trittst dein Glück ordentlich mit Füßen.« – »Aber«, erwiderte ich, »ich meinte die Gräfin aus Deutschland, die schöne gnädige Frau« – »Ach«, unterbrach sie mich, »die ist ja lange schon wieder in Deutschland, mitsamt deiner tollen Amour. Und da lauf du nur auch wieder hin! Sie schmachtet ohnedies nach dir, da könnt ihr zusammen die Geige spielen und in den Mond gucken, aber daß du mir nicht wieder unter die Augen kommst!« - Also nichts wie weg aus Italien.
- Anregung: Man könnte mal die Rede genauer untersuchen, die ab S. 75 gehalten wird und in der der T. am Ende „für ein vazierendes Genie“ gehalten wird – was allerdings von jemandem gesagt wird, der sich selbst auch für ein Genie hält.
- Kommentar: Sagen wir es mal eichendorff-freundlich: Da hat er uns Lesern aber klargemacht, dass der T. einem Phantom nachgejagt ist – oder doch nicht? War auch die Frau, die der T. sucht, in Italien – und warum dann? Nun ja, das wäre eine Novelle gewesen, die nicht nur den T. interessiert, sondern vielleicht auch uns heutige Leser. 🙁
Kapitel 9:
- Leider kann der Taugenichts nicht einfach wieder zurück nach Wien fahren, sondern muss sich erst noch mit Studenten aus Prag treffen.
- Überflüssigerweise muss einer von ihnen auch noch der Vetter des Portiers sein.
- Natürlich gibt es auch noch einen Geistlichen, der erklärt, dass es auf dem Schloss „bald eine große Hochzeit geben“ werde.
- Der Taugenichts glaubt natürlich gleich, dass er dort der lange erwartete Bräutigam sein werde.
- Aber deutlich wird schon, dass all diese Informationen auch recht ungesichert sind.
- Auf jeden Fall freut sich der Taugenichts, als er zumindest von Ferne das Schloss und das Zollhäuschen wieder sieht.
Kapitel 10:
- Jetzt klärt sich alles auf: Herr Leonard erweist sich jetzt als reicher Graf, der den Herrn Guido, der eigentlich die Tochter der Gräfin ist, aus Liebe nach Italien entführt hat.
- Jetzt hat man sich aber geeinigt und die Hochzeit darf ganz normal stattfinden.
- Bei alldem hat auch noch die junge schöne Frau mitgewirkt, die wir schon als Aurelie kennen gelernt haben, die aber keine Gräfin, sondern nur die verwaiste Nichte des Portiers ist.
- Auch wenn sie und ihr Möchtegern-Liebhaber sich eigentlich noch gar nicht richtig kennen, steht jetzt gleich auch ihre Hochzeit an.
- Passenderweise hat der reiche Graf den beiden auch gleich ein Schlösschen samt Garten und Weinbergen geschenkt.
- Eichendorff zieht sich aus allen offenen Fragen zurück und zieht am Ende noch mal alle Taugenichts-Register:
- „Nun war’s mir doch nicht anders, als wenn mir ein Stein vom Herzen fiele! »Gott segne den Portier«, versetzte ich ganz entzückt, »daß er unser Onkel ist! ich habe immer große Stücke auf ihn gehalten.« –
- »Er meint es auch gut mit dir«, erwiderte sie, »wenn du dich nur etwas vornehmer hieltest, sagt er immer. Du mußt dich jetzt auch eleganter kleiden.« –
- »Oh«, rief ich voller Freuden, »englischen Frack, Strohhut und Pumphosen und Sporen! und gleich nach der Trauung reisen wir fort nach Italien, nach Rom, da gehn die schönen Wasserkünste, und nehmen die Prager Studenten mit und den Portier!«
- – Sie lächelte still und sah mich recht vergnügt und freundlich an, und von fern schallte immerfort die Musik herüber, und Leuchtkugeln flogen vom Schloß durch die stille Nacht über die Gärten, und die Donau rauschte dazwischen herauf – und es war alles, alles gut!“
- Kommentar: Da können wir – bestenfalls – auch nur still lächeln und den beiden eine glückliche Hochzeitsreise wünschen, bei denen sie entweder die Realität kennenlernen oder uns aber mit weiteren Nicht-Abenteuern verschonen.
Wie zitierte doch Marcel Reich-Ranicki Bertolt Brecht immer so schön: „alle Fragen offen“
- Dabei ist überhaupt nichts gut, denn als Leser steht man vor einer zwar einigermaßen rund gelaufenen Handlung, auch wenn erstaunlicherweise der Vater mit der Mühle überhaupt keine Rolle mehr spielt. Er kann sich wahrscheinlich für den Rest seines Lebens fragen, wen er da jahrelang großgezogen hat. Familiensinn dürfte anders aussehen.
- Es lohnt sich wirklich nicht, weiteren Fragen nachzugehen, etwa, was der Taugenichts denn nun beruflich weiter machen wird, denn die Hälfte seiner Existenz ist ja nun weg gebrochen: Die Sehnsucht nach seiner jungen schönen Frau. Die andere, die Geige, bleibt ihm zwar, aber Geld wird er damit sicherlich nicht verdienen.
- Man fragt sich am Ende auch: Was ist dieser Taugenichts eigentlich überhaupt von der Welt gesehen hat, denn alles präsentiert sich doch als ein bunt ausgestalteter Fantasie-Raum, der mit der Wirklichkeit so gut wie nichts zu tun hat.
- Aber vielleicht wollte Eichendorff auch nur eine extreme Vorstellung von romantischem Leben ironisch auf die Schippe nehmen. Das Problem wäre dann nur, dass die Abneigung gegenüber dem Philister-Leben, das alleine in der Lage ist, eine Grundlage für das Leben zu schaffen, ja erhalten bleibt. Nirgendwo wird eine Alternative angedeutet, nirgendwo gibt es auch nur ansatzweise einen Kompromiss zwischen Traum und Realität.
- Und im Deutsch-Unterricht wird es auch selten dazu kommen, dass sich nach Abschluss der Lektüre ein Teil der Schülerinnen und Schüler einfach Strohhüte aufsetzt und singend die Schule verlässt.
Anregung: Sich die Novelle mal aus der Sicht heutiger Leser zu erschließen
Vielleicht wäre es eine gute Idee, sich mal die Leserrezensionen von Schülern genauer anzuschauen.
Wir greifen hier mal nur die eine heraus – und regen damit hoffentlich an, sich auch die anderen Kommentare mal genauer anzuschauen:
https://www.lovelybooks.de/autor/Joseph-von-Eichendorff/Aus-dem-Leben-eines-Taugenichts-144507700-w/
Da schreibt also SotsiaalneKeskkond:
- „Wir mussten das Buch im Deutschunterricht im Rahmen des Themas der Romantik lesen, und ich muss sagen, dass mich die Novelle einigermaßen überrascht hat, sowohl im positiven, wie auch im negativen Sinne. Der Schreibstil war recht angenehm zu lesen, man kommt flott durch die Geschichte, auch wenn es mir für meinen Geschmack manchmal zu flott war. Ich habe es gerne etwas breiter und umschreibender. Was aber schön zur Geltung kommt, sind die eindeutigen Merkmale der Literatur der Romantik, weshalb wir die Novelle auch lesen mussten.“
Kommentar: Dem letzten Satz können wir zumindest teilweise zustimmen, aber ob das reicht, um junge Menschen von anderen Werken der Literatur fernzuhalten, die man mit mehr Gewinn hätte lesen können?
Ausblick auf einen anderen – unserer Meinung nach: lohnenderen Eichendorff
Auch fehlt natürlich völlig der andere Eichendorff, der mehr zu bieten hat als romantische Träume aus fernen Zeiten.
Wir verweisen hier auf unsere Sammlung von Eichendorff-Gedichten, von denen jedes möglicherweise mehr Stoff zum Nachdenken bietet als manch komplettes Kapitel des „Taugenichts“:
https://schnell-durchblicken.de/eichendorff-die-wichtigsten-gedichte-aus-der-epoche-der-romantik
Weitere Infos, Tipps und Materialien
- Themenseite „Taugenichts“
https://textaussage.de/eichendorff-aus-dem-leben-eines-taugenichts-infos-tipps-und-materialien-themenseite - —
Infos, Tipps und Materialien zu weiteren Themen des Deutschunterrichts
https://textaussage.de/weitere-infos