Eichendorff, „Der Einsiedler“ – mit Anregungen für die Besprechung im Deutschunterricht (Mat518)

Worum es hier geht:

Wir stellen ein Gedicht von Eichendorff vor, das aus der Perspektive eines Einsiedlers einen romantischen Blick auf die Natur und die menschliche Existenz präsentiert. Angesichts der Sprecherfigur ist eine religiöse Andeutung am Schluss nicht verwunderlich. Sie dürfte auch Eichendorffs Grundhaltung entsprechen.

Am interessantesten für uns sind die Anregungen für einen kritisch-kreativen Deutschunterricht am Schluss.

Quelle: Joseph von Eichendorff: Werke., Bd. 1, München 1970 ff., S. 279.‘
Permalink: http://www.zeno.org/nid/20004738381

Anmerkungen zu Titel und Strophe 1

Joseph von Eichendorff

 Der Einsiedler

  • Der Titel nennt nur eine besondere Form menschlicher Existenz, die meist mit religiösen Vorstellungen und Zielen verbunden ist.
  1. Komm, Trost der Welt, du stille Nacht
  2. Wie steigst du von den Bergen sacht,
  3. Die Lüfte alle schlafen,
  4. Ein Schiffer nur noch, wandermüd,
  5. Singt übers Meer sein Abendlied
  6. Zu Gottes Lob im Hafen.
  • Das Gedicht beginnt mit der Aufforderung an die Nacht, „sacht“ von den Bergen herabzukommen
  • Deutlich wird hier, dass es um eine behutsame Annäherung geht.
  • Es folgt eine Beschreibung der Situation aus der Perspektive dessen, der in der Überschrift genannt wird.
    • Konkret ist die Situation gekennzeichnet durch das unmittelbare Empfinden einer zur Ruhe gekommene Atmosphäre.
    • Dazu kommt die vielleicht fantasievolle Vorstellung von einem Schiffer, der ermüdet vom Tag ein Abendlied singt.
    • Ansonsten müsste es sich um einen Ort handeln, bei dem die Berge und das Meer nah beieinander sind.
Anmerkungen zu Strophe 2
  1. Die Jahre wie die Wolken gehn
  2. Und lassen mich hier einsam stehn,
  3. Die Welt hat mich vergessen,
  4. Da tratst du wunderbar zu mir,
  5. Wenn ich beim Waldesrauschen hier
  6. Gedankenvoll gesessen.
  • Diese Strophe geht jetzt auf grundsätzliche Dinge ein, die das Bewusstsein dieses Einsiedler bestimmen:
    Es ist das Vergehen der Zeit und die Erfahrung der Einsamkeit.
  • Man weiß nicht so genau, ob dieser Einsiedler etwas beklagt, was er doch wohl gesucht hat.
  • Die Schlusszeilen dieser Strophe machen nur deutlich, dass die Nacht hier empfunden wird als eine Art Partner in solchen Situationen, bei denen einem angesichts der Nacht viele Gedanken kommen können.
Anmerkungen zu Strophe 3
  1. Trost der Welt, du stille Nacht!
  2. Der Tag hat mich so müd gemacht,
  3. Das weite Meer schon dunkelt,
  4. Lass ausruhn mich von Lust und Not,
  5. Bis dass das ew’ge Morgenrot
  6. Den stillen Wald durchfunkelt.
  • Die letzte Strophe macht dann deutlich, dass diese Partnerschaft vor allen Dingen eine Quelle des Trostes für den Einsiedler ist.
  • Was den Einsiedler so trostbedürftig gemacht hat, wird nicht näher erklärt. Es bleibt nämlich unklar, was konkret hier mit „Lust und Not“ gemeint ist.
  • Klar ist dafür eine barockähnliche religiöse Zukunftsperspektive, in den Vordergrund gestellt wird:
    Nämlich eine Art Erlösung durch das Ende des irdischen Daseins und die wohl erhoffte Aufnahme in ein besseres Jenseits.
Zusammenfassung

Insgesamt ein Gedicht,

  • das wohl nur die Funktion hat, eine bestimmte Situation von Einsamkeit und Müdigkeit ins Bewusstsein zu bringen.
  • Das wird verbunden mit der Erwartung des Endes einer als elend empfundenen.
  • Der gegenüber steht eine offensichtlich als schöner vorgestellte Welt im Himmel.
  • Die Wirkung dieses Gedichtes dürfte vor allem in einer Übertragung dieser Gefühlswelt auf den Leser sein.
  • Der mag sich dann auf seine Art und Weise auch vielleicht verstanden und getröstet fühlen.
Anregungen:
  1. Zum einen könnte diskutiert werden, wie diese Sicht des Lebens heute bei jungen Menschen ankommt.
  2. Dann ist man sicher gespannt, welche heutigen Situationen es gibt, in denen man trostbedürftig ist.
  3. Damit sofort verbunden ist dann die Frage, wo man heute Trost herholt.
  4. Dazu eine kleine Anregung: Die Musik – und gerade die in Gedichtform, also Songs – dürfte heute eine ähnliche Wirkung haben wie die stille Nacht bei diesem Einsiedler aus der Epoche der Romantik. 
  5. Vielleicht entsteht da ja sogar ein Gedicht, das nicht nur von der Stimmung her, sondern auch vom Inhalt her eher in die heutige Zeit passt.

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