Eichendorff, „Gestürzt sind die goldenen Brücken“ (Mat2832)

Worum es hier geht:

Vorgestellt wird ein Gedicht Eichendorffs, das in tiefer Verzweiflung beginnt, sich dann aber im Frühling zu neuem Mut und neuer Lebenslust aufschwingt.

Joseph von Eichendorff

Abend

Gestürzt sind die goldnen Brücken

Und unten und oben so still!

Es will mir nichts mehr glücken,

Ich weiß nicht mehr, was ich will.

  • Das Gedicht beginnt mit einem negativen Rückblick auf eine schöne, vielleicht ertragreiche Zeit.
  • Der Absturz wird dann ganz auf das lyrische Ich selbst bezogen,
  • dem zum einen nichts mehr „glücken“ will,
  • das zum anderen nicht mehr weiß, was es „will.“
  • Worum es konkret geht, bleibt offen.

 

Von üppig blühenden Schmerzen

Rauscht eine Wildnis im Grund,

Da spielt wie in wahnsinnigen Scherzen

Das Herz an dem schwindligen Schlund. –

  • Die zweite Strophe präsentiert dann das eigene Unglück in intensiven Gefühlsbildern.

 

Die Felsen möchte ich packen

Vor Zorn und Wehe und Lust,

Und unter den brechenden Zacken

Begraben die wilde Brust.

  • Die dritte Strophe bringt dann eine kleine Veränderung vom Leiden hin zu Aggression bis hin zum Wunsch nach Selbstvernichtung.

 

Da kommt der Frühling gegangen,

Wie ein Spielmann aus alter Zeit,

Und singt von uraltem Verlangen

So treu durch die Einsamkeit.

  • Hier kommt dann durch den Jahreswechsel die Wende.
  • Dazu kommt allerdings noch ein „Spielmann“ und die Anlehnung an das Potenzial „aus alter Zeit“.
  • Deutlich wird hier, dass ein sehr altes „Verlangen“, im Sinne von Sehnsucht immer schon da war.

 

Und über mir Lerchenlieder

Und unter mir Blumen bunt,

So werf ich im Grase mich nieder

Und weine aus Herzensgrund.

  • Die fünfte Strophe schafft dann durch zwei Begleitphänomene des Frühlings die Möglichkeit der Lösung der ganzen Verkrampftheit im Weinen.

 

Da fühl ich ein tiefes Entzücken,

Nun weiß ich wohl, was ich will,

Es bauen sich andere Brücken,

Das Herz wird auf einmal still.

  • Zur Erleichterung kommt eine Art neuer Aufbruch.
  • Plötzlich ist das Wissen wieder da, was das lyrische Ich „will“.
  • Aufgenommen wird das Bild der Brücken und einfach festgestellt, dass „sich“ (!!!) andere Brücken wieder „bauen“.
  • Wer das tun soll, bleibt offen.
  • Am Ende ist aber eine Art wohltuende Ruhe da.

 

Der Abend streut rosige Flocken,

Verhüllet die Erde nun ganz,

Und durch des Schlummernden Locken

Ziehn Sterne den heiligen Kranz.

  • Zum Frühling kommt ein Abend mit einem wohl vielversprechenden Abendleuchten.
  • Die „Erde“ als Ort möglichen Leidens wird verhüllt.
  • Das lyrische Ich kann sich sogar von außen im Schlaf sehen, vielleicht im Traum.
  • Am Ende ist es dann der gestirnte Himmel und mit dem „heiligen Kranz“ kommt ein Moment der Transzendenz ins Gedicht.
Insgesamt ein Gedicht,
  • das die Veränderung von einem Tiefpunkt hin zu neuem Aufbruch beschreibt.
  • Dabei spielt die Zeit eine Rolle und der Wechsel der Jahreszeiten.
  • Etwas sehr allgemein fühlt sich das lyrische Ich jetzt in eine bessere Zeit hinein.
  • Wie das genau geschehen soll, bleibt offen – es geht hier nur um von außen, von der Natur aus hervorgerufene Gefühle,
  • die am Ende im Gefühl oder Bewusstsein einer höheren Wirklichkeit enden.