Eichendorff, „In der Fremde“ (Mat1626)

Worum es hier geht:

Vorgestellt wird ein Gedicht, das zeigt, dass der Wald nicht nur ein Ort der Ruhe und Erholung ist. Er kann auch für Irritationen sorgen und für eine Erinnerung, die mit der Wirklichkeit nicht mehr viel zu tun hat.

Joseph von Eichendorff

In der Fremde

01 Ich hör die Bächlein rauschen
02 Im Walde her und hin,
03 Im Walde in dem Rauschen
04 Ich weiß nicht, wo ich bin.

  • Die erste Strophe beginnt sehr romantisch, indem typische Motive präsentiert werden.
  • Die letzte Zeile stellt dann einen Bruch dar, weil mit der scheinbar gewohnten Umgebung keine Sicherheit der Orientierung im Raum  verbunden ist.

05 Die Nachtigallen schlagen
06 Hier in der Einsamkeit,
07 Als wollten sie was sagen
08 Von der alten, schönen Zeit.

  • Auch die zweite Strophe beginnt dann mit zwei wichtigen romantischen Motiven.
  • Das endet aber nicht in der Realität, sondern nur in einer letztlich irrealen Vorstellung.
  • Man hat den Eindruck, dass nach dem Verlust des Ortes nun noch ein zweiter dazu gekommen ist, nämlich der der Zeit.

09 Die Mondesschimmer fliegen,
10 Als säh ich unter mir
11 Das Schloss im Tale liegen,
12 Und ist doch so weit von hier!

  • In der dritten Strophe merkt man dann spätestens, dass die romantischen Elemente immer mehr zurücktreten, denn jetzt haben wir nicht nur eine zweite irreale Vorstellung, sondern sogar die Feststellung der räumlichen Entfernung.
  • D.h., das lyrische Ich ist sich jetzt klar darüber geworden, was in Zeile vier noch als eine Art Frage formuliert worden ist.

13 Als müsste in dem Garten
14 Voll Rosen weiß und rot,
15 Meine Liebste auf mich warten,
16 Und ist doch lange tot.

  • Wie man es schon fast erwartet hat, enthält die letzte Strophe überhaupt keine realen romantischen Motive mehr, sondern alles ist im Konjunktiv gehalten
  • und konzentriert sich letztlich auf das Wichtigste, nämlich die Liebste
  • – und an der Stelle schlägt dann die Brutalität der Realität mit größter Wucht zu, in dem ihr Tod festgestellt wird.
Intentionalität:
  • Insgesamt zeigt dieses Gedicht die Beobachtungen, Gefühle und ansatzweise auch Reflexionen eines Menschen, der offensichtlich seine gewohnte Umgebung und damit wohl auch die Heimat verloren hat und sich dessen im Verlauf des Gedichtes immer stärker bewusst wird.
  • Am Ende bleibt die Frage, ob das ein behebbarer Zustand ist, indem man einfach in die Heimat zurückkehrt,
  • oder ob die Fremde hier nicht in einem allumfassenden Sinne verstanden werden muss, als eine Situation, aus der man nicht mehr heraus kann
  • und in der man nur noch Trauer empfinden kann.

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