Klassenarbeit / Klausur: Eichendorff, „Nacht“ (Mat6148)

Worum es hier geht:

Präsentiert wird ein Gedicht von Eichendorff, das auf den ersten Blick recht belanglos wirkt.

Es gibt eine ganze Menge typisch romantischer Motive. Damit ist das Gedicht zunächst mal gut als Vorlage für eine Klassenarbeit gedacht.

Wenn man aber genauer hinschaut, wird es schwieriger und damit auch interessanter, wie wir gleich sehen werden.

Damit ist dieses Gedicht gut als Textvorlage für eine Klassenarbeit oder Klausur geeignet.

Die Aufgabenstellung könnte etwa lauten:

  1. Analysieren Sie das Gedicht „Nacht“ von Joseph Eichendorff unter besonderer Berücksichtigung typischer Motive der Romantik.
  2. Erörtern Sie anschließend, wie die Nacht hier im Vergleich zu anderen Gedichten Eichendorff gesehen wird.

Voraussetzung für die Lösung der 2. Aufgabe ist natürlich die vorherige Behandlung von entsprechenden Gedichten im Unterricht. Sonst muss sie ggf. abgewandelt oder durch eine andere Aufgabe ersetzt werden.
Entsprechende Gedichte sind zum Beispiel hier aufgelistet:
https://textaussage.de/gedichte-romantik-thema-nacht

  • Noch ein Tipp für eine originelle Zusatzaufgabe:
    Man kann auch bei entsprechenden Voraussetzungen die Möglichkeit eröffnen, ausgehend von der Bezeichnung New Yorks als „Stadt, die niemals schläft“ persönlich Stellung nehmen zu lassen zur Frage: Wozu ist die Nacht am besten geeignet?

Weiter unten gibt es eine Druckvorlage. Hier schon mal die Vorschau:

Gefunden haben wir das Gedicht zum Beispiel hier:

https://www.textlog.de/eichendorff/gedichte/die-nacht

Genauere Infos und einen wissensschaftsnahen Textstand bekommt man hier:
Joseph von Eichendorff, Sämtliche Gedichte, Herausgegeben Von Hartwig Schultz, Deutscher Klassiker Verlag, 2. Auflage, 2006, S. 745ff – ISBN: 978-3-618-68012-3, S. 293

Überschrift und Strophe 1

Joseph von Eichendorff

Die Nacht

1.  Wie schön, hier zu verträumen
2.  Die Nacht im stillen Wald,
3.  Wenn in den dunklen Bäumen
4.  Das alte Märchen hallt.

  • . In der ersten Strophe drückt das lyrische Ich seine Freude darüber aus, sich nachts im „stillen Wald“ zu befinden, wo es von alten „Märchen“ träumen kann.
  • Damit hat man schon einige typisch romantische Motive:
    • Traum
    • Nacht
    • Wald mit seinen Bäumen
    • Stille
    • Dunkelheit
    • Alter
    • Märchen
    • Unklarer, indirekter Ton („hallt“), vgl. Motiv der Dämmerung oder des Zwielichts

Strophe 2

5.     Die Berg im Mondesschimmer
6.     Wie in Gedanken stehn,
7.     Und durch verworrne Trümmer
8.     Die Quellen klagend gehn.

  • In der zweiten Strophe werden zwei Naturphänomene personifiziert.
    • die Berge, die als „in Gedanken“ stehend beschrieben werden
    • und die Quellen, die durch „verworrne Trümmer“ gehen (gleich zwei romantische Motive werden hier verbunden).
    • Dazu kommt das mit ihnen verbundene Signal der Klage.

Strophe 3

9.     Denn müd ging auf den Matten
10.  Die Schönheit nun zur Ruh,
11.  Es deckt mit kühlen Schatten
12.  Die Nacht das Liebchen zu.

  • In dieser Strophe wird der Gedanke der Klage noch einmal aufgenommen. Das wird mit der Vorstellung begründet, dass mit dem Tag auch die Schönheit zur Ruhe gegangen ist.
  • Anschließend geht das, lyrische ich noch einen Schritt weiter und wendet sich den menschlichen Bereich zu. Er stellt fest, dass auch das Liebchen, also der geliebte Mensch, jetzt schlafen gegangen ist.
  • Es bleibt offen, wer damit gemeint ist. Aus heutiger Sicht würde sich die Klage wohl eher darauf beziehen, dass man nicht gemeinsam schlafen, also ins Bett gegangen ist.

Strophe 4

13.  Das ist das irre Klagen
14.  In stiller Waldespracht,
15.  Die Nachtigallen schlagen
16.  Von ihr die ganze Nacht.

  • Diese Strophe ist eine Art Zusammenfassung, die das Grundphänomen der Klage, dass hier mit der Nacht verbunden wird, noch einmal hervorhebt.
  • Die Hervorhebung geht noch weiter, in dem diese Klage an die Nachtigallen, die Vögel der Schönheit übertragen wird. Oder ihnen zugeordnet wird.

17.  Die Stern gehn auf und nieder —
18.  Wann kommst du, Morgenwind,
19.  Und hebst die Schatten wieder
20.  Von dem verträumten Kind?

  • Diese Strophe dehnt den Moment der Betrachtung jetzt aus auf einen großen Teil der Nacht. Der langsame Wandel der Sterne am Nachthimmel wird verbunden mit dem Fragewunsch, wann der Morgenwind dieser Nacht und ihren Schatten ein Ende bereiten werde.
  • Es verstärken sich die Signale, die die Nacht hier eher negativ sehen (Klage, Schatten). Das mag jemanden verwundern, der nur romantische Gedichte mit der Verherrlichung der Nacht im Vergleich zum geschäftigen Tag kennt. Aber es gibt eben auch die Nachtseite der Romantik. Aber hier geht es wohl eher um eine Klage für die gewissermaßen nachts schlafende Schönheit der Natur.
  • Die Schatten wiederum werden hier verbunden mit einem verträumten Kind, was einen weiteren Aspekt ins Gedicht einfügt.
  • Das könnte sich auf das vorher genannte Liebchen beziehen, wenn damit zum Beispiel das Kind des lyrischen Ichs gemeint ist.
  • Oder aber es bezieht sich genau auf dieses. Denn dieses Gedicht und die damit verbundene Klage bewegen sich in die Nähe eines Traums. Und das lyrische Ich könnte sich hier trotz des Erwachsenseins als Kind fühlen. Das bleibt aber letztlich offen.

Strophe 5

21.  Schon rührt sich’s in den Bäumen,
22.  Die Lerche weckt sie bald —
23.  So will ich treu verträumen
24.  Die Nacht im stillen Wald.

  • Die letzte Strophe deutet dann den Wechsel von der Nacht zum Tag an. Das wird verbunden mit der Lerche als dem Vogel des Tagesanfangs.
  • Wenn man zum Beispiel das KI-Chat-Programm Bing bzw. Copilot fragt, bekommt man den Hinweis auf eine berühmte Stelle in Shakespeares „Romeo und Julia“. Da sagt nämlich Romeo:
    „Die Lerche war’s, die Tagverkünderin“
    http://www.zeno.org/Literatur/M/Shakespeare,+William/Trag%C3%B6dien/Romeo+und+Julia/Dritter+Aufzug/F%C3%BCnfte+Szene
  • Die letzten beiden Zeilen sind nicht ganz klar. Am ehesten Sinn machen würden sie, wenn das lyrische Ich damit andeuten will, dass jetzt sein Verhältnis zur Nacht zu einem Traum wird, gewissermaßen mit Happy End, denn die Vorsilbe „ver“ kann ja auch verstanden werden wie bei „vergehen“. Und der Traum wäre hier einfach eine typische romantische Grundhaltung des lyrischen ich.

Zusammenfassung

  1. Es hat sich bestätigt, dass sich um ein typisch romantisches Gedicht handelt mit den entsprechenden Motiven.
  2. Dann gibt es Stellen wie „Liebchen“ und „Kind“, die nicht ganz klar sind. Hier kommt es auf begründete Hypothesenbildung an.
  3. Am interessantesten ist die Präsentation des Motivs der Nacht – zwischen dem normalerweise bejubelten Gegenstück zur Geschäftigkeit des manchmal auch betrügerischen Tages und der beängstigenden „Nachtseite“, wie sie auch zur Romantik gehört.
  4. Am besten versteht man die Nacht aus diesem Gedicht heraus als die Unterbrechung der Schönheit der Natur, die man am Tag natürlich viel intensiver wahrnimmt. Man denke etwa an Blumen, deren Blüten sich in der Nacht verschließen.

Druckvorlage

Mat6148-k Eichendorff, Nacht

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