Eichendorff, „Täuschung“ (Mat2349)

Worum es hier geht:

  • Vorgestellt wird ein Gedicht aus der Zeit der Romantik.
  • Es macht deutlich, dass man manchmal schon froh sein kann,
  • wenn eine „Täuschung“ nur in einem Traum erfolgt
  • und dann auch noch dort beseitigt wird.

Anregung:

  • Es gibt viele Möglichkeiten, ausgehend von diesem Gedicht interessante Dinge zu diskutieren:
  • Vor allem geht es um Sehnsüchte, die in der Realität auf einen harten Kontrast stoßen können.
  • Man kann dann überlegen, wie man so etwas möglichst verhindern oder zumindest abmildern kann.
  • Spannend ist sicher auch die Frage, ob jemand einen Fall kennt, in dem auch im  Traum schon die Auflösung kommt.

Joseph von Eichendorff

Täuschung

  • Der Titel ist sehr kurz und bleibt damit auch sehr allgemein. Auf jeden Fall geht es um einen aktiven Vorgang, bei dem jemand hinters Licht geführt wird oder eben selbst zunächst einem falschen Eindruck beziehungsweise einer falschen Einschätzung aufsitzt.
  • So spricht man etwa von einem Täuschungsversuch, wenn ein Schüler bei einer Klausur abschreibt.
  • Gemeint ist damit, dass jemand in die Irre geführt wird, ihm ein falscher Eindruck verschafft wird. In diesem Fall von der Leistung.
Strophe 1
  • Ich ruhte aus vom Wandern,
  • Der Mond ging eben auf,
  • Zunächst beschreibt das lyrische Ich seine Situation, die gut zur Romantik passt:
  • Es geht um das Wandern und das anschließende Ausruhen.
  • Da sah ich fern im Lande
  • Der alten Tiber Lauf,
  • Die Situation wird hier spezieller, weil dem lyrischen Ich zumindest von Ferne der Lauf des Tibers, also das Herzland Italiens, erscheint.
  • Im Walde lagen Trümmer,
  • Paläste auf stillen Höhn
  • Und Gärten im Mondesschimmer –
  • O Welschland, wie bist du schön!
  • Es folgen typische Versatzstücke der Romantik wie Trümmer, Paläste, Stille Höhen, Gärten und Mondenschein.
  • Am Ende wird dann das Motiv des Tibers wieder aufgenommen und ausgeweitet zu einem allgemeinen Begeisterungsruf über das Welschland, gemeint ist hier dann wohl Italien.
  • Hintergrund dürfte dermittelalterliche Kampf zwischen den Welfen und den Ghibellinen sein, wobei die deutsche Geschichte meistens Partei für letzte nahm.
Strophe 2
  • Und als die Nacht vergangen,
  • Die Erde blitzte so weit,
  • Einen Hirten sah ich hangen
  • Am Fels in der Einsamkeit,
  • Den fragt’ ich ganz geblendet:
    • Im Gedicht gibt es jetzt einen Zeitsprung in den Morgen hinein.
    • Die Erde wird wohl inzwischen vom Morgenschein der Sonne beleuchtet.
    • Da sieht das lyrische Ich etwas Ungewöhnliches, nämlich einen Hirten, der am Felsen hängt.
    • Da weit und breit kein anderer zu sehen ist, wird dieser Hirte dann zum Adressaten einer Frage.
    • Die viel näher liegende Frage, was der Hirte da am Felsen macht, bleibt offen. Möglicherweise folgt er einer Ziege oder einem anderen Herdentier.
Strophe 3
  • „Komm’ ich nach Rom noch heut’?“
  • Er dehnt sich halbgewendet:
  • „Ihr seid nicht recht gescheut!“
  • Ein’ Winzerin lacht herüber,
  • Man sah sie vor Weinlaub kaum,
  • Mir aber ging’s Herze über –
  • Es war ja alles nur Traum.
    • Das lyrische Ich stellt eine aus seiner Sicht ganz vernünftige Frage, denn wenn man den Eindruck hat, schon den Lauf des Tibers zu sehen, ist die Frage, ob man am selben Tag noch Rom erreicht, für einen Fremden ganz vernünftig.
    • Etwas seltsam ist dann, dass nicht etwa der Hirte antwortet, sondern eine Winzerin, also eine Frau, die im Weinbau arbeitet. Sie hält die Frage nicht für sehr vernünftig, erklärt das aber nicht weiter.
    • Überraschend der Schluss des Gedichts: Diese Antwort reicht dem lyrischen Ich schon um, in Begeisterung auszubrechen und sich darüber zu freuen, dass alles nur ein Traum war.
    • Offensichtlich bricht hier irgendeine Realität in den Schein ein und bricht die Täuschung auf.
    • Es spricht einiges dafür, dass das lyrische Ich der Winzerin zustimmt und es für sehr unvernünftig hält, vielleicht überhaupt nach Rom kommen zu wollen.
    • Dies alles hängt wohl damit zusammen, dass zur Entstehungszeit des Gedichtes bereits Italien und besonders Rom zu einer regelrechten Touristenhochburg geworden ist. Das würde dann bedeuten, dass das lyrische Ich und indirekt wohl auch Eichendorff sich von dieser Art von Rombegeisterung abheben. Die Täuschung würde sich dann auf die beziehen, die einen falschen Eindruck von Italien und besonders Rom erwecken.
    • Es kann aber auch bedeuten, dass das lyrische Ich hier nach dem Motto verfährt: Warum in die Ferne schweifen, wo das Gute doch so nah.
    • Das würde dann zu der Heimatbegeisterung vieler Romantiker und besonders auch Eichendorffs passen.
Aussage des Gedichtes
  • Die Aussage des Gedichtes wäre dann,
    • dass es Situationen gibt, in denen man etwas vor sich sieht und vielleicht auch kurzzeitig die Sehnsucht verspürt, dorthin zu gehen,
    • dann aber doch froh ist, wenn sich das eben als Traum und indirekt als Täuschung herausstellt
    • und man also abgehalten wird, etwas für einen selbst Unsinniges zu tun.

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