Experiment: Arbeitsblatt- Büchners „Woyzeck“ als episches Theater (Mat563)

Worum es hier geht:

Wir stellen einfach mal ein Unterrichtsprojekt vor, das ganz anders und auch ein bisschen originell mit Büchners „Woyzeck“ umgeht.

Wir betrachten das Stück nämlich einfach mal mit den Augen von Bertolt Brecht.

Ganz unten findet sich ein Arbeitsblatt für ganz Mutige, die das mal ausprobieren wollen.

AB: Büchners Woyzeck als „episches Theater“

Was macht ein Lehrer, dessen Schüler sich so sorgfältig auf die Besprechung eines Stückes vorbereitet haben, dass sie zum Beispiel zu Büchners Drama Woyzeck sogar den zugehörigen Wikipedia Artikel gelesen haben?

Ganz einfach: Er tut das auch, hält sich nicht unnötig lange mit den Informationen auf, sondern macht etwas damit. Was könnte reizvoller sein, als die Figuren des Dramas mal mit anderen Augen zu sehen. Hier bietet sich Bertolt Brecht  mit seiner Idee des „epischen Theaters“ an.  Dabei wird nämlich nicht nur auf der Bühne etwas gespielt, sondern es wird auch auf verschiedenste Weise kommentiert und damit letztlich infragegestellt.

Nähere Infos zum „Epischen Theater“:
https://textaussage.de/brecht-episches-theater-leicht-verstaendlich-erklaert

Deshalb die folgenden Aufgaben:

Verteilt die Figuren des Dramas so unter euch, dass jeweils eine Gruppe

  1. sich zunächst die Informationen aus Wikipedia erarbeitet (und dabei klärt: Was ist charakteristisch für unsere Figur?), gegebenenfalls kann/muss auch noch etwas ergänzt werden.
    (https://de.wikipedia.org/wiki/Woyzeck#Woyzeck – 16.05.18 17:03;
    ergänzende Infos finden sich auf der Seite: http://literaturlexikon.uni-saarland.de/?id=3605).
  2. sich dann eine oder auch mehrere Ausschnitte aus dem Drama auswählt, in denen die Figur sich auf besonders charakteristische Weise präsentiert,
  3. Und überlegt euch, wie ihr, während der Ausschnitt von euch gespielt wird, das Präsentierte auch kritisch kommentieren könnt. Das kann zum Beispiel geschehen, indem an einer bestimmten Stelle ein von euch bestimmter Erzähler („Episches“ Theater!) das Spiel stoppt und er dann Kritik oder eine andere Sicht äußert. Eine andere Möglichkeit bestünde darin, dass während des Spiels kritische Kommentare auf Plakate gemalt (in ausreichend großer Schrift) und hinter dem Rücken der Schauspieler hochgehalten werden.

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Grp 1: Woyzeck

„Friedrich Johann Franz Woyzeck, genannt Franz, ist ein 30 Jahre alter Mann (geboren am 20. Juli), dessen Hauptberuf Wehrmann ist. Er hat ein uneheliches Kind mit Marie. Da Woyzeck nur einen kargen Soldatensold bekommt und für Marie und ihr Kind Christian Unterhalt bezahlen muss, versucht er sich mit Nebenberufen, wie Proband für den Doktor, über Wasser zu halten. Er leidet an Schizophrenie, weshalb er stark labil wirkt. Auf den Tambourmajor ist er eifersüchtig und gegenüber Marie misstrauisch.“


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Grp 2: Marie
Marie ist die Geliebte von Woyzeck und die Mutter des gemeinsamen (unehelichen) Kindes. Sie wird als sehr attraktiv beschrieben. Sie lässt sich auf eine Affäre mit dem Tambourmajor ein, dadurch verschlechtert sich ihr anfangs vertrautes Verhältnis zu Woyzeck. Letztendlich führt dies dazu, dass sie von ihm erstochen wird. Marie erscheint sehr untreu und nimmt Beziehungen nicht sehr ernst. Allgemein lässt sie sich stark durch materielle Werte beeinflussen. Trotz ihrer Untreue ist sie jedoch nicht gewissenlos, da sie diese später bereut und Hilfe in der Bibel sucht, was sie als religiös erscheinen lässt.“


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Grp3: Hauptmann
„Der Hauptmann gehört zur höheren Gesellschaftsschicht und könnte aufgrund seiner Persönlichkeit als typischer Vertreter dieser Schicht im Drama gesehen werden. Er scheint Woyzecks Vorgesetzter zu sein, der ihm hin und wieder den Bart rasiert (vgl. „Beim Hauptmann“). Vom Doktor wird er als aufgedunsen und sein Hals als dick und fett beschrieben, was ihn ungesund aussehen lässt (vgl. „Straße“). Seine Abneigung über Moralverstoße, wie es ein uneheliches Kind für ihn beispielsweise darstellt, sowie seine persönlich große Wichtigkeit des kirchlichen Segens zeigen, dass er allgemein eine kirchlich-konservative Einstellung besitzt (vgl. „Beim Hauptmann“). Zudem vermitteln seine herablassenden Aussagen gegenüber Woyzeck bzw. das Sich-lustig-machen über ihn eine gewisse Arroganz (vgl. „Beim Hauptmann“). Auch seine pfiffige Sprechweise, um Klugheit zu beweisen, zeugt davon. Des Weiteren ist er nach eigener Aussage ein schwermütiger bzw. schwärmerischer Mensch (vgl. „Straße“) und nicht zuletzt mit seinen mündlichen Überlegungen zur Ewigkeit sehr philosophisch (vgl. „Beim Hauptmann“). Sein offensichtlichstes Merkmal stellt jedoch seine enorme Abneigung gegen Hetzerei und Eile dar. So passt allein auch das Rennen für ihn nicht in sein Bild eines guten Menschen, denn Eile gründet seiner Meinung nach auf einem schlechten Gewissen.“


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Grp4: Doktor
„Der Doktor ist Teil der gebildeten Schicht und tritt im Buch nicht als Privatperson, sondern nur als Wissenschaftler und Forscher auf. Er ist höchst interessiert an naturwissenschaftlichen Phänomenen. Aus diesem Grund führt er diverse Experimente durch. So testet er an Woyzeck, wie sich das dauerhafte Essen von Erbsen auf den Körper auswirkt. Bei diesem Experiment wird auch die skrupellose Natur des Doktors deutlich, da er Woyzeck nicht als Mensch betrachtet, sondern als Versuchsobjekt und ihm die negativen Auswirkungen auf Woyzeck egal sind. Bezüglich seines Charakters lässt sich sagen, dass er leicht reizbar ist und Gefallen daran findet, anderen Leuten, mit einer Diagnose des medizinischen Zustandes, einen Schrecken einzujagen.“


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Grp5: Tambourmajor
Der Tambourmajor führt die Militärkapelle an. Er wird als starker und selbstbewusster Mann beschrieben. Marie und Magret vergleichen ihn mit einem Baum und einem Löwen (vgl. Die Stadt). Er schwärmt für Marie und will sie erobern (vgl. Buden.Lichter.Volk). Der Tambourmajor überredet Marie in der Szene „Mariens Kammer“ mit ihm intim zu werden. Außerdem wird er in dieser Szene von Marie bewundert. Auch ihm selbst ist sein Aussehen sehr wichtig. Er ist sehr überzeugt von seiner Uniform sowie seinen „weißen Handschuhen“ und seinem „prächtigen Federbusch“ (Mariens Zimmer). Durch seine hohe militärische Stellung kann er Marie teure Geschenke, wie die goldenen Ohrringe, machen (vgl. Mariens Zimmer). In seinem letzten Auftritt ist der Tambourmajor sehr aggressiv und verprügelt Woyzeck (vgl. Wirtshaus). Insgesamt kann er als Gegenspieler zur Figur des Woyzeck gesehen werden.“


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Grp6: Andres
„Andres singt gerne und viel, was darauf hindeutet, dass er ein fröhlicher und positiver Mensch ist. Er steht zu seinen Gefühlen und Ängsten. Sowohl in der Szene „Die Wachtstube“ als auch in „Ein Zimmer in der Kaserne“ versucht Woyzeck Andres seine innerlichen Unruhen mitzuteilen, jedoch nimmt dieser ihn und seine Sorgen nicht ernst. Er erscheint desinteressiert und kümmert sich nicht weiter um Woyzeck. Andres’ Loyalität gegenüber Woyzeck wird in der Szene „Kasernenhof“ ersichtlich. Er zitiert die Aussage des Tambourmajors über Marie. Die Vertrauenswürdigkeit Andres’ wird deutlich, als in der Szene „Kaserne“ Woyzeck ihm seine Identität und Erbe anvertraut.“


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Grp7:
(für Kreative) Margreth:
Die Figur taucht nur kurz auf im Stück (Szene „Die Stadt“). Hier wäre zu prüfen, ob diese Figur an anderer Stelle noch mal auftauchen könnte. Wichtig ist dabei, dass die Grundrichtung des Stücks nicht verändert wird.

Mat563-Arbeitsblatt- Büchners Woyzeck als episches Theater fHP

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