Kurz-Tipp zu Friedrich Dürrenmatt, „Der Tunnel“ (Mat5738)

Worum es hier geht:

Vorgestellt wird eine recht lange Geschichte, die zeigt, wie etwas Ungeheures plötzlich in die Normalität der Reisenden in einem Zug einbricht.

Da es sich um eine sehr fantastische Geschichte handelt, kann man davon ausgehen, dass es eine Parabel ist, die etwas über die Situation des Menschen in der Welt aussagt.

Das erinnert an die kurzen Erzählungen Kafkas.

Gefunden haben wir die Geschichte hier .

Kurze Tipps zur Geschichte:

  1. Thema der Geschichte ist die Frage, wie es aussehen kann, wenn man als Mensch plötzlich aus der Normalität des Lebens regelrecht in einen Abgrund ohne Ausweg gerät.
  2. Der Beginn der Geschichte spielt noch in der Normalität eines jungen Mannes, der vom Ort seiner Eltern aus mit dem Zug zu seiner Universitätsstadt unterwegs ist.
  3. Allerdings gibt es gleich am Anfang einen Hinweis darauf, dass dieser junge Mann sich auf sehr seltsam Art und Weise versucht gegen alles „Schreckliche hinter den Kulissen“ zu schützen.
  4. Er erreicht in dem vollbesetzten Zug doch noch einen schönen Platz, allerdings ist damit auch der angenehme Teil seines Lebens zu Ende. Denn die eigentlich kurze Fahrt durch einen Tunnel dehnt sich immer weiter aus. Dabei wird der Zug auch noch immer schneller.
  5. Es erscheint dann der Zugführer, mit dem zusammen sich der junge Mann vorne zur Lokomotive vorarbeitet.
    Dort müssen sie feststellen, dass der Lokführer anscheinend rechtzeitig abgesprungen ist und der Zug führerlos der Mitte der Erde zustürzt.
  6. Interessant ist die Antwort des Zugführer auf die Frage des jungen Mannes, warum er denn nicht auch abgesprungen sei:
    „Ich bin der Zugführer […]auch habe ich immer ohne Hoffnung gelebt.“
  7. Dass die beiden – genauso wie alle anderen – vom Tod bedrohten Männer sich vor allem um den Austausch von guten Zigarren kümmern, macht deutlich, wie sehr sie versuchen, zumindest den Anschein der Normalität des Alltags zu erhalten.
  8. Das scheitert aber immer mehr, weil der Absturzwinkel größer wird, wobei sich der Zugführer schon schwer verletzt.
  9. Eine Schlüsselstelle ist das folgende Zitat:
    • „Der junge Mann war froh, nach der bedenklichen Nähe der Felswände auf etwas gelenkt zu werden, das ihn an die Alltäglichkeit erinnerte, in der er sich noch vor wenig mehr denn einer halben Stunde befunden hatte,
    • an diese immergleichen Tage und Jahre (immergleich,
    • weil er nur auf diesen Augenblick hinlebte, der nun erreicht war, auf diesen Augenblick des Einbruchs,
    • auf dieses plötzliche Nachlassen der Erdoberfläche, auf den abenteuerlichen Sturz ins Erdinnere).“
      Das passt natürlich zur Ausgangssituation, wo der junge Mann versucht, sich vor der Außenwelt maximal zu schützen – deshalb auch Wattebüschel in den Ohren.
  10. Interessant und wohl auch wichtig für eine Interpretation der Geschichte ist der Schluss.
    • Der junge Mann fragt: „Was sollen wir nun tun?“
    • und die Antwort des Zugführer lautet:

      • „Nichts, antwortete der andere unbarmherzig, ohne sein Gesicht vom tödlichen Schauspiel abzuwenden,
      • doch nicht ohne eine gespensterhafte Heiterkeit,
      • von Glassplittern übersät, die von der zerbrochenen Schalttafel herstammten,
      • während zwei Wattebüschel, durch irgendeinen Luftzug ergriffen, der nun plötzlich hereindrang (in der Scheibe zeigte sich ein erster Spalt), pfeilschnell nach oben in den Schacht über ihnen fegte.“
    • Man sieht also, dass die so unbedeutend wirkenden Wattebüschel, die der junge Mann sich zu Beginn in die Ohren gesteckt hatte, hier am Ende gewissermaßen frei sind und eben nach oben schweben können, während die beiden Menschen vorne in die Nähe des Abgrunds gedrückt werden.
  11. Am Ende dann ein zunächst rätselhaft wirkender Kommentar:
    • “ Gott ließ uns fallen, und so stürzen wir denn auf ihn zu.“
    • Hier wird deutlich, dass diese Geschichte wohl wirklich eine Parabel ist, also eine Gleichnisgeschichte, die etwas aussagt über die Situation des Menschen in der Welt.
  12. Damit ist man bei Franz Kafka, dessen auch sehr rätselhafte, dafür aber viel kürzere Erzählungen genau dasselbe Thema auf vielfältige Weise variieren.
Anregung:

Man könnte diese Geschichte, die – wie gesagt – viel Ähnlichkeit mit den Erzählungen Kafkas hat, mal in eine kurze verwandeln, die die Gemeinsamkeiten noch deutlicher hervor treten lässt.

Eine Anregung könnte diese Geschichte bieten. Dort wird auch die Normalität des Lebens plötzlich eine absolut unnormale Situation verwandelt. Sogar der Polizist, der um Rat gefragt wird, lacht nur darüber.

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