Goethe, „Faust“ und Hoffmann, „Der Sandmann“ im Vergleich (Mat7262)

Worum es hier geht:

Stellen wir uns vor:

  • In einem Kurs sind von Goethe „Faust“ und von E.T.A. Hoffmann „Der Sandmann“ besprochen worden.
  • Jetzt geht es um die Frage, was ein Vergleich der beiden Werke ergeben könnte.
  • Das ist eine typische Aufgabe für die letzte Aufgabe einer Klausur.
  • Auch für die, die die Werke ganz oder teilweise nicht kennen, ist die Lösung sicher vom Aufbau her interessant.

Hinweise zur Beantwortung der Frage:

  1. Zunächst einmal handelt es sich um zwei verschiedene Gattungen, was sich natürlich auch inhaltlich auswirkt:
  2. Der „Sandmann“ ist eine Erzählung, die aber als Novelle verstanden werden kann, womit sich schon eine erste partielle Gemeinsamkeit mit Goethes Faust ergibt, nämlich die Dramatik, die im Drama ja immer mit einem Konflikt verbunden ist.
    Theodor Storm hat ja die Novelle als „kleine Schwester des Dramas“ bezeichnet.
  3. In Goethes „Faust“ haben wir einen übergeordneten Konflikt, nämlich den einer Wette zwischen dem Herrn und Mephisto.
    Diese Ebene fehlt beim Sandmann völlig.
  4. Dann gibt es im Faust den inneren Konflikt, der sehr stark mit Gefühlen verbunden ist, aber durchaus auch mit Bewusstsein.
    Und da haben wir schon einen Unterschied, nämlich beim Sandmann beziehungsweise dann bei Nathanael, der Hauptfigur, kann man ja nun wirklich nicht von Bewusstsein sprechen, sondern nur von Gefühlen.
  5. Auch diese Gefühle sind nicht letztlich romantisch wie bei Faust (Sehnsucht), sondern sie sind krankhaft bedingt durch ein zu grundlegendes Trauma, das nur auf eine Gelegenheit zum Ausbruch wartet.
  6. Was den Verlauf des Dramas „Faust“ angeht, haben wir dort gewissermaßen Teststationen, die Mephisto anbietet und bei denen sich eine interessante Entwicklung ergibt,
    • nämlich von der Distanz am Anfang (Auerbachs Keller)
    • über die Entstehung einer von Mephisto nicht beabsichtigten Parallelebene im Hinblick auf die Beziehung zu Gretchen, nämlich echte Liebe.
    • Und schließlich fast die Trennung, als Faust erfährt, wie er von Mephisto hintergangen worden ist.
  7. Allerdings zeigt er sich so sehr noch von der Welt der Zauberei gefangen, dass er sich hier nicht lösen kann, zumal die Entwicklung bei Gretchen wahrscheinlich ähnlich wie bei Nathanael zu weit fortgeschritten ist, als dass eine normale Rückkehr noch möglich wäre.
  8. Bei Nathanael haben wir dann eine schwankende Entwicklung, die sehr stark abhängt von der Außensituation und letztlich endet wie bei Gretchen im Wahnsinn, aber einem auf andere Art und Weise hervorgerufenen.
  9. Bei Nathanael ist das ein Wahnsinn, der von vornherein von falschen Vorstellungen und Missverständnissen (Verzerrung durch das Perspektiv) ausgegangen ist und nur kurzzeitig zwischendurch Pause macht:
    Bei Gretchen ist es ein Wahnsinn, der sich durch zunehmenden Außendruck ergibt, der dann auch zu Innendruck wird.
  10. Fazit:
    1. [Einstiegs-These = allgemein]
      Wenn man Goethes Faust und Hoffmanns Sandmann miteinander vergleicht, dann muss man zunächst große Unterschiede feststellen, im Verhältnis von Vernunft und Gefühlen.
    2. [Entwicklung als roter Faden]
      Dann ist wichtig im Hinblick auf die Entwicklung, dass es bei Faust eine Art Stationen-Entwicklung gibt, bei der sich bei Faust einiges ändert.
    3. Bei Nathanael dagegen gibt es ein Ausgangstrauma, das unter entsprechenden Bedingungen verstärkt werden kann.
    4. Wenn man die Werke vergleicht, muss man natürlich auch noch andere Figuren einbeziehen. Bei Gretchen ist es eben so, dass sie letztlich einfach zum Opfer einer speziellen Situation wird, die durch eine Steigerung der Probleme bis zum Mord und Wahnsinn reicht.
    5. In gewisser Weise kann man ansatzweise zumindest Gretchen mit Clara verbinden, weil Gretchen sich ja am Anfang recht klug und überlegt zeigt, ähnlich wie Clara. Aber beide Figuren spielen natürlich eine ganz andere Rolle in den jeweiligen Werken.
    6. Auf jeden Fall hat sich gezeigt, dass es sich fast immer lohnt zu vergleichen, selbst wenn die Gemeinsamkeiten sehr gering sind, so werden im Vergleich zumindest die Unterschiede noch umso klarer.

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