Goethe, „Werther“ – 2. Buch, Briefe vom 5.5.1772 bis 16.6.1772 (Mat8603-eb86-91)

Worum es hier geht:

  • Vorgestellt werden die Briefe Werthers vom 5. Mai bis zum 16. Juni 1772.
  • Dabei geht es um den Besuch der Heimatstadt und die kurze Anwesenheit auf dem Jagdschloss eines Fürsten.
Kap4-29-48: Seite 86 – „Am 5. Mai“ Werther kann Stadt verlassen, will Geburtsort besuchen
  • Werther will sich auf dem Weg zum Fürsten in seinem Geburtsort „der alten, glücklich verträumten Tage erinnern.“
  • Dabei will er durch das Tor hineingehen, durch das er mit seiner Mutter nach dem Tod des Vaters den Ort verlassen musste, um „sich in ihre unerträgliche Stadt einzusperren“.
Kap4-30-25: Seite 87 – „Am 9. Mai“ „Wallfahrt nach der Heimat“ dann beim Fürsten
  • Von einer alten Linde aus, die in der Kindheit die „Grenze“ seiner Spaziergänge gewesen ist stellt Werther den Gegensatz fest:
  • „Damals sehnte ich mich in glücklicher Unwissenheit hinaus in die unbekannte Welt, wo ich für mein Herz so viele Nahrung, so vielen Genuß hoffte, meinen strebenden, sehnenden Busen auszufüllen und zu befriedigen. Jetzt komme ich zurück aus der weiten Welt – o mein Freund, mit wie viel fehlgeschlagenen Hoffnungen, mit wie viel zerstörten Planen!“
  • „Alle Veränderungen“, die er dann sieht, sind ihm „zuwider.“
  • Besonders negative Erinnerungen verbindet er mit der Schulstube: „Tränen“, „Dumpfheit des Sinnes, der Herzensangst“.
  • Positiver sind seine Erinnerungen am Fluss, wo er dem Fluss des Wassers nachsah, „bis ich mich ganz in dem Anschauen einer unsichtbaren Ferne verlor. – Sieh, mein Lieber, so beschränkt und so glücklich waren die herrlichen Altväter! so kindlich ihr Gefühl, ihre Dichtung!“
  • Dann Werthers erste Erfahrungen „auf dem fürstlichen Jagdschloss“. Zwei Dinge stören ihn:
    • Zum einen haben für ihn die Leute um den Fürsten herum „nicht das Ansehen von ehrlichen Leuten“.
    • Und beim Fürsten tut es Werther leid, „daß er oft von Sachen redet, die er nur gehört und gelesen hat, und zwar aus eben dem Gesichtspunkte, wie sie ihm der andere vorstellen mochte. Auch schätzt er meinen Verstand und meine Talente mehr als dies Herz, das doch mein einziger Stolz ist, das ganz allein die Quelle von allem ist, aller Kraft, aller Seligkeit und alles Elendes. Ach, was ich weiß, kann jeder wissen – mein Herz habe ich allein.“
  • Man erkennt deutlich, dass Werther hier nicht lange bleiben wird.
Kap4-????: Seite: 89 – „Am 25. Mai“ Werther will in den Krieg, Fürst rät ab
  • Auch hier wieder eine der Ideen, die mit der Realität kaum etwas zu tun haben dürften.
  • Werther hat Glück, dass der Fürst ihn von einer Beteiligung an einem Krieg abraten kann.
  • Werther selbst bezeichnet es dann als „Grille“, also als nicht zu Ende gedachte Vorstellung – weit ab von „Leidenschaft“.
Kap4-36-15: Seite 90 – „Am 11. Junius“ Abschied vom Fürsten
  • Werther stellt bald fest: „Wir haben im Grunde nichts gemein miteinander.“
  • Statt eines Gesprächs mit dem Fürsten könnte er besser ein Buch lesen.
  • Besonders stört ihn das „garstige wissenschaftliche Wesen und durch die gewöhnliche Terminologie“ und dass er das, was Werther wichtig ist, „mit einem gestempelten Kunstworte“ abtut.
Kap4-37-15: Seite 90 – „Am 16. Junius“ – Werther als Wanderer
  • Werther versteht sich – wahrscheinlich resignierend – als „Wanderer“
  • Und stellt an Wilhelm und letztlich an alle Leute die Frage: „Seid ihr denn mehr?
  • Anregung: Darüber kann man sicher gut diskutieren.

Worum es hier geht:

Wir gehen hier einen Überblick über die Entwicklung im 2. Teil des Werther-Romans vom 20.1.1772 bis zum 19. April.

Zunächst aber kurz zur Erinnerung die Voraussetzungen ab dem 20.10.1771.

  • Werther hat Probleme mit seinem neuen Vorgesetzten, mahnt sich aber zu Geduld, will sich nicht immer mit anderen zum eigenen Nachteil vergleichen.
  • Er hat das Glück, mit dem Grafen C. einen verständnisvollen Zeitgenossen gefunden zu haben.
  • Allerdings wird der auch zum Anlass für einen Streit mit seinem Vorgesetzten, weil Werther den Grafen gegen Vorwürfe verteidigt.
  • Im Laufe der Zeit stört Werther sich aber doch immer mehr an den „fatalen bürgerlichen Verhältnissen“, vor allem der „Rangsucht“.
  • Ein bisschen Ausgleich dazu findet Werther in der Bekanntschaft mit dem Fräulein von B…, die auf ihre Art und Weise auch leiden muss, nämlich unter einer griesgrämigen Tante.
Kap4-11-20, EB77 – „Am 20. Januar“:  Werther an Lotte: Kurzer Ausflug aus dem „Käfig“
  • Am 20. Januar 1772 kommt Werther während eines Sturms in einer schützenden Bauernhütte dazu, wieder mal an für ihn eigentlich Wichtigeres in seinem Leben zu denken, nämlich an Lotte.
  • Zunächst beklagt er seine Situation am Fürstenhof. Er sieht sich dort wie in einem Raritätenkabinett, bei dem man nur auf tote Figuren hin und her bewegt.
  • „Wie ausgetrocknet meine Sinne werden! Nicht einen Augenblick der Fülle des Herzens, nicht eine selige Stunde! nichts! nichts!“
  • „Der Sauerteig, der mein Leben in Bewegung setzte, fehlt; der Reiz, der mich in tiefen Nächten munter erhielt, ist hin, der mich des Morgens aus dem Schlafe weckte, ist weg.“
  • Als positive Ausnahme geht er auf seine Bekanntschaft mit dem Fräulein von B ein.
  • Die nutzt er aber vor allem, um ihr die Vorzüge von Lotte anzupreisen, was sie angeblich gut findet.
  • Bevor Werther wieder in seinen „Käfig“ zurückkehrt, eine kurze Frage nach Albert, die Werther dann doch lieber unterdrückt. Man sieht, wie unbewältigt diese Beziehung ist.
Kap4-15-07; EB79: Den 8. Februar: Kritik an den Menschen
  • Am 8. Februar berichtet Werther von mehreren Tagen mit schlechtem Wetter.
  • Das gefällt ihm aber, weil seiner Meinung nach die Menschen sowieso aus jedem Tag das Schlechteste herausholen.
    Es ist nichts, worum sie einander nicht bringen. Gesundheit, guter Name, Freudigkeit, Erholung! Und meist aus Albernheit, Unbegriff und Enge und, wenn man sie anhört, mit der besten Meinung.“
  • Interessant ist die Übertragung dessen, was er eigentlich häufig tut, auf die anderen Menschen::
    Manchmal möcht‘ ich sie auf den Knieen bitten, nicht so rasend in ihre eigenen Eingeweide zu wüten.“
Kap4-16-05: Seite 80 – „Am 17. Februar“: Konflikt, Verweis und guter Rat
  • Ärger mit dem Vorgesetzten, hat ihn verklagt.
  • Werther hat vom Minister einen Verweis erhalten, aber auch einen Ratschlag:
    • „Wie er meine allzu große Empfindlichkeit zurechtweiset,
    • wie er meine überspannten Ideen von Wirksamkeit, von Einfluß auf andere, von Durchdringen in Geschäften
    • als jugendlichen guten Mut zwar ehrt, sie nicht auszurotten,
    • nur zu mildern
    • und dahin zu leiten sucht, wo sie ihr wahres Spiel haben, ihre kräftige Wirkung tun können.“
  • Anregung: Darüber könnte man mal nachdenken, wo man für die eigenen Ziele „ihr wahres Spiel“ findet und eine „kräftige Wirkung“ erreicht.
  • Am Ende hat Werther seine „Ruhe der Seele“, hat nur die Sorge, dass sie „ebenso zerbrechlich“ ist, wie sie „schön und kostbar“ ist.
Kap4-17-50; Seite 80 – „Am 20. Februar“ –  Nachricht von der Hochzeit Lottes und überspannte Reaktion darauf
  • Werther bedankt sich bei Albert dafür, dass er durch die verspätete Hochzeitsanzeige „betrogen“ worden ist.
  • Aber er meint zu wissen: „ich bin ja auch bei euch, bin dir unbeschadet in Lottens Herzen, habe, ja ich habe den zweiten Platz darin und will und muß ihn behalten.“
  • Der Schluss des Briefes zeichnet dann aber ein ganz anderes Bild:
    „O ich würde rasend werden, wenn sie vergessen könnte – Albert, in dem Gedanken liegt eine Hölle. Albert, leb‘ wohl! Leb‘ wohl, Engel des Himmelst Leb‘ wohl, Lotte!“
Kap4-19-00: Seite 81 – „Den 15. März“ – Demütigung in einer Adelsgesellschaft
  • Werther hat einen „Verdruss“ erlebt – eine absolut peinliche Situation.
  • Er hat mit seinem Freund, dem Grafen C.. gespeist und ist dann fatalerweise auch zur anschließenden Versammlung von Adligen da geblieben, was von den Anwesenden nicht akzeptiert wird – und auch das Fräulein von B.. verhält sich ihm gegenüber „mit weniger Offenheit“.
  • Der Graf komplimentiert Werther dann recht freundlich hinaus, der aber ist „angestochen“ und hat das Gefühl, dass ihn später alle nur noch als Loser sehen.
Kap4-27-35: Seite 83 – „Am 16. März“ – Erklärung und Klage des Fräuleins von B..
  • Als Werther danach das Fräulein von B.. trifft, erklärt sie ihm, dass sie den Eklat vorausgesehen habe und nicht mit ihm besser umgehen konnte. Außerdem habe sie sich eine „Predigt“ ihrer Tante anhören müssen, die den Umgang mit Werther nicht billigt.
  • Werther kann nun wieder damit nicht umgehen, gerade die ausführliche und verständnisvolle „Teilnehmung“ des Fräuleins vergrößert seinen Schmerz.
  • Er ist so rasend, dass er jetzt durchaus jemandem „den Degen durch den Leib stoßen könnte“. Er spielt aber auch mit dem Gedanken, sich selbst „eine Ader“ zu öffnen, „die mir die ewige Freiheit schaffte“ – eine Vorausdeutung auf den Ausweg des Selbstmords.
Kap4-???: Seite 85 – „Am 24. März“ – Werther hat um seine Entlassung gebeten
  • Werther bittet seinen Freund, den Verzicht auf den „schönen Lauf“ zu höheren Ämtern schonend beizubringen.
  • Er will erst mal „auf gut Glück“ es „wagen“, das Angebot eines Fürsten annehmen, mit ihm zusammen den Frühling zu erleben.
Kap4-29:00: Seite 86 – „Zur Nachricht – Am 19. April“ – Werther berichtet von seinem ehrenvollen Abschied
  • Angeblich hat man ihn nur ungern gehen lassen.
  • Vom Erbprinzen hat er sogar ein Geldgeschenk erhalten, das ihm die erbetene finanzielle Unterstützung der Mutter erspart.

Weitere Infos, Tipps und Materialien