Heinrich Heine, „Ein Jüngling liebt ein Mädchen“ – ein paar praktische Hinweise (Mat7347)

Praktische Erfahrungen werdenTipps für den Deutschunterricht

  • Der Deutschunterricht geht vom Lehrbuch und seinen festen Lösungs-Schemata aus. Dabei werden manchmal Kleinigkeiten gesehen. Auf die kommt man, wenn man vom Schüler ausgeht.
  • Wir haben das Glück, mit Latus Crux einen „Referenzschüler“ zu haben, der bereit ist, jedes Gedicht anzugehen – auch mit der Gefahr, dass seine aktuellen Grenzen deutlich werden.
  • Aber genau diese Grenzen sind die, die auch andere erleben.
  • Und da können unsere Erfahrungen vielleicht helfen.

Hier der Text des Gedichtes und unsere Auswertung

  1. Ein Jüngling liebt ein Mädchen,
  2. Die hat einen andern erwählt;
  3. Der andre liebt eine andre,
  4. Und hat sich mit dieser vermählt.
    • Am besten schaut man sich schon das Schaubild an, das wir für beide Strophen zusammenerstellt haben. Hier geht es um die Stationen 1-4.
  5. Das Mädchen heiratet aus Ärger
  6. Den ersten besten Mann,
  7. Der ihr in den Weg gelaufen;
  8. Der Jüngling ist übel dran.
    • Heine spielt hier mit dem Begriff „andern“ bzw. „andre“.
    • Am besten macht man sich das in einem kleinen Schaubild deutlich. Dort ist die Beziehungsgeschichte der Personen in den ersten beiden Strophen einfach mal grafisch dargestellt worden.
    • Dabei wird auch deutlich, dass am Ende der Jüngling sicher und das Mädchen wahrscheinlich unglücklich sind.
    • Dabei könnte alles damit zusammenhängen, dass der Jüngling seine Liebe zu wenig deutlich gemacht hat und das Mädchen nicht offen für jemanden war, der sie wirklich liebt, aber nicht in ihr Suchschema passt, weil seine Qualitäten vielleicht tiefer liegen.
  9. Es ist eine alte Geschichte,
  10. Doch bleibt sie immer neu;
  11. Und wem sie just passieret,
  12. Dem bricht das Herz entzwei.
    • Hier dann der leichte Wechsel des distanziert-abgehobenen Tons
    • in Richtung Betroffenheit.
Quelle: Heinrich Heine: Werke und Briefe in zehn Bänden. Band 1, Berlin und Weimar 21972, S. 88-89. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20005021847

Worterklärungen

Ein wichtiges Mittel, für mehr Freude beim Umgang mit Gedichten zu erreichen, ist ein Perspektivenwechsel. Damit meinen wir hier nicht den ganz großen – nämlich die Frage, was die Kids heute noch mit Texten anfangen können, die zunächst mal nur „Bildungsgut“ sind.

Vielmehr meinen wir die Ebene der Worterklärung. Hier muss jede Lehrkraft daran denken, dass sich Sprache wandelt. Wörter, die man selbst für selbstverständlich hält, sind es längst nicht mehr.

Es gibt nicht viel in diesem gut lesbaren Gedicht, aber auch Kleinigkeiten schärfen das Bewusstsein. Es geht um die Zeilen:

  • Und wem sie just passieret,
    • Hier könnte das Englische „just“ helfen – aber darauf kommt nicht jeder. Also einfach erklären und vielleicht auf das Englische verweisen – schon hat man was Fächerverbindendes erreicht.
  • Dem bricht das Herz entzwei.
    • Und hier kennen viele diese alte Formulierung nicht mehr.
    • Also einfach darauf hinweisen, aus einem Ganzen werden zwei Teile, die nicht mehr verbunden sind. Das ist beim Herzen eine äußerst gefährliche Sache und ein schönes Bild für einen tiefgreifenden Kummer.
    • In gewisser Weise wird hier eine „Alltagsmetapher“, die mal erfunden und dann gebräuchlich wurde, ein fremdes Wort, das dadurch aber wieder an Bedeutung gewinnt und das Verständnis vertieft.

Weitere Infos, Tipps und Materialien