Kleist, „Der zerbrochene Krug“, Szenen 8-13: schnell im Griff (Mat7356-zf8-13)

Vorläufiger Überblick über die Szenen 8-13

Wir haben jetzt in drei Videos den Verlauf der Komödie „Der zerbrochene Krug“ bis zur 7. Szene vorgestellt.

Uns geht es jetzt darum, uns selbst und allen, die das hier lesen, einen vorläufigen Überblick über den Rest des Stückes zu geben. Wir werden dann sehen, wie wir das auch in weiteren Videos präsentieren können.

Inzwischen ist das Video fertig:

Videolink

Szene 8

Hier geht es nur darum, dass der Dorfrichter dringend ein Glas Wasser benötigt, das er auch bekommt.

Szene 9

  1. 1071: Ausgangspunkt: Adam-Aktion: Vergleichs-Idee (unsinnig, heftige Reaktion des GR)
    1. Fehler Adams

    Zu Beginn der 9. Szene versucht der Dorfrichter den Gerichtsrat davon zu überzeugen, dass man mit einem Vergleich den Fall schnell vom Tisch haben könne. Es wird deutlich, dass das in keiner Weise durchdacht ist.

    1. Dementsprechend handelte er sich auch eine weitere scharfe Kritik des Prüfers ein (1087)
      „WALTER.
      Wer also war’s? Der Lebrecht oder Ruprecht?
      Ihr greift, ich seh, mit Eurem Urteil ein,
      Wie eine Hand in einen Sack voll Erbsen.“
    2. Gerichtsrat will Klärung – Adams Schuft-Andeutung
      Kurz darauf dann wieder eine beziehungsreiche Äußerung , wie sie deutlicher das Ende kaum vorwegnehmen kann: (1091ff)
      „WALTER.
      Fragt dort, so werdet Ihr’s erfahren.
      ADAM.
      Sehr gern.
      Doch wenn Ihr’s herausbekommt, bin ich ein Schuft.“
  2. 1098: Beeinflussungsversuch Adams in Richtung Eve:
    2. Fehler Adams
    Es folgt ein ausgedehnter Versuch des Dorfrichters, Eve, die jetzt als Zeugin gehört werden soll, zu beeinflussen.

      1. Das geht so weit, dass der Richter Eve geradezu bedroht, wenn sie noch einen weiteren Verdächtigen, das wäre der Richter selbst, nennen würde. (1109ff)
      2. Der Gerichtsrat kritisiert das und macht deutlich, dass Richter Adam „zulängst hier auf dem Stuhl gesprochen“ habe, d.h. sein Amt in Gefahr ist.
      3. Adam wehrt sich noch trotzig, er kenne die Leute und was Eve angeht: „Die Jungfer weiß, ich wette, was ich will.“
      4. Also insgesamt eine ziemlich ungeschickte und sehr verdächtige Art und Weise, wie dieser Richter sich präsentiert.
  3. 1130 Verhandlung 1: Eingreifen von Eves Mutter mit Hinweis auf das 4. Gebot
    Eves Mutter greift ein und zugleich ihre Tochter an. Ab 1154 erinnert sie ihre Tochter sogar an das vierte Gebot, das verlangt, dass man Vater und Mutter ehrt.
  4. 1159 Eves Reaktion auf einen Einwurf Ruprechts: Enttäuschung über Ruprechts zu geringes Vertrauen
    Eve greift dann Ruprecht an und wirft ihm vor, zu wenig Vertrauen zu ihr zu haben.
  5. 1192: Eves Teil-Geständnis: Ruprecht war es nicht.
    Auf Nachfrage des Gerichtsrates macht Eve dann deutlich, dass es Ruprecht auf jeden Fall nicht war.1
  6. 1205: Adams Versuch, jetzt schnell alles auf Lebrecht zu schieben
    Adam hofft jetzt, dass Eve den Lebrecht ins Spiel nimmt.
    Sie reagiert aber darauf sehr empört, indem sie ihn sogar „Unverschämter“ und „Niederträchtiger“ nennt und verteidigt sich gegen die Mahnung des Gerichtsrats mit den deutlichen Worten:
    „Ei, was! Der Richter dort! Wert, selbst vor dem / Gericht, ein armer Sünder, dazustehn – / – Er, der wohl besser weiß, wer es gewesen!“
  7. 1213: Problem: Lebrecht hat ein Alibi durch einen Auftrag Adams
    Dann wird deutlich, dass dieser Lebrecht an dem Abend gar nicht dagewesen sein kann, weil der Richter ihn nach Utrecht zur Militärkommission geschickt hat.
  8. 1235: Versuch Adams, Eves Aussage von vornherein für unergiebig zu erklären.
    Es wird dann immer schlimmer, weil Richter Adam alles gut, um eine weitere Aussage Eves zu verhindern, (1235ff). Der Gerichtsrat wird dann ganz deutlich:
    „Ich spüre große Lust in mir, Herr Richter, / Der Sache völlig auf den Grund zu kommen. –“
  9. 1255: Eve allerdings beruft sich auf eine Art Zeugnisverweigerungsrecht. Es gehe um sehr private Dinge, die hier im Gericht niemanden etwas angingen (1255ff). Vermutlich meint sie damit die Absprache mit Adam, der mit einem Attest Ruprecht vom Soldatendienst in Ostasien bewahren will.
  10. 1303: Fluchtverdacht der Mutter Eves
    Ihre Mutter äußert jetzt den Verdacht, dass Eve möglicherweise von Ruprecht bewegt worden sei, mit ihm außer Landes zu gehen. (1303ff).
  11. 1329: Eves Mutter verweist auf Frau Brigitte als weitere Zeugin
    Die Sache kommt einen Schritt weiter, als Eves Mutter mit Frau Brigitte eine weitere Zeugin ins Spiel bringt, die Ruprecht an dem Abend zumindest innerhalb des Gartens gesehen haben will.
  12. 1345: Adam schöpft Hoffnung: sieht das als Vorteil für sich: „Verflucht! Der Teufel ist mir gut.“
  13. 1352: Zornige Reaktion von Ruprechts Vater
    Das wiederum regt Ruprechts Vater auf, weil der Sohn ihm ja versprochen hatte, sich Eve so weit gar nicht mehr abends zu nähern.
  14. 1392: Richter Adam will Unterbrechung und den Gerichtsrat auf Kassenkontrollen ablenken
    Aber der Gerichtsrat ist jetzt unerbittlich. (1402ff).

Stand des Konflikts:

  1. Der Richter hat versucht, Eve zu beeinflussen, was den Gerichtsrat noch misstrauischer macht.
  2. Eves Mutter zwingt ihre Tochter zu einer halben Wahrheit, Ruprecht sei es auf jeden Fall nicht gewesen.
  3. Die Alternative Lebrecht entfällt, weil der auswärts war.
  4. Eve bleibt bei ihrem Widerstand, den echten Übeltäter zu nennen, weil das ihre Privatangelegenheit sei, was sie bei ihrer Mutter in einen neuen Verdacht bringt. Sie glaubt, dass Eve mit Ruprecht fliehen wollte, um dem Militärdienst zu entgehen.
  5. Eves Mutter bringt dann mit Frau Brigitte eine weiter Zeugin ins Spiel. Die hat zumindest Ruprecht im Garten mit Eve sprechen hören.

10. Szene

  • 1411: Richter Adam möchte die Pause, bis die Zeugin da ist, wieder für Gespräche vor der Tür nutzen, wohl um wieder auf Eve einzuwirken:
    1445: „ADAM für sich. / Zwei Augenblicke mit der Dirn allein –“
    Der Gerichtsrat verhindert das, indem er jetzt doch etwas speisen will.
  • 1458: Der Gerichtsrat lässt sich dann vom Richter erzählen, wie er an die Kopfwunde gekommen ist.
    Dann geht es  auch noch um die Kratzer.
    Und dann noch Hinweis auf den seltsamen Zufall, „grad auch heut / Noch die Perücke seltsam einzubüßen.“ (1482)
    1488: Adam präsentiert hier eine Feuergeschichte.
  • 1512: Dann erkundigt sich der Gerichtsrat auch noch nach der Höhe des Fensters, aus dem der Flüchtling gesprungen ist.
  • 1531: Dann bei Ruprecht Nachfrage, wie oft der den Fliehenden am Kopf getroffen hat.
  • 1559: Warum hat Ruprecht den Fliehenden nicht erkannt, der hat ihm Sand in die Augen geworfen.
  • 1558: Dann die Wende, als der Gerichtsrat hört, dass der Richter Eves Mutter und damit ihr Haus lange nicht besucht hat.
    „WALTER für sich. /  Hm! Sollt ich auch dem Manne wohl –“

11. Szene

  • 1605: Frau Brigitte als neue Zeugin erscheint, mit einer Perücke in der Hand.
  • 1609: Erneuter Versuch Adams, Eve zu beeinflussen.
  • 1617: Der Gerichtsrat fragt nach der Herkunft der Perücke.
    Sie hat sie direkt unter dem Fenster des Zimmers von Eve gefunden – aufgespießt in einem Weinstock.
    1637: Adam versucht, die Perücke Ruprecht zuzuschieben, der habe sie nach Utrecht zur Aufbesserung bringen sollen.
  • 1665: Frau Brigitte greift ein, denn sie hat Ruprecht mit Eve im Garten reden gehört.
  • 1683: Und erst später, als sie erneut am Haus vorbeiging, sei ein kahlköpfiger Mann an ihr vorübergehuscht, der auch noch einen Klumpfuß gehabt habe. Sie hält ihn für den Teufel, was den Gerichtsrat empört. Aber der Schreiber Licht bestätigt die Sachverhalte.
  • 1722: Dazu kommen auch noch weitere Spuren, die schließlich zum Haus des Richters führen (1782).
  • Der Dorfrichter Adam nutzt den Teufelsaspekt, um zum einen ggf. solch einen schwierigen Fall bei einem höheren Gericht erst klären zu lassen ((1741), später dann traut er diesem Teufel zu, dass er auch verantwortlich sein könnte für mögliche Unordnung in seinen Unterlagen (1795).
  • 1800: Der Gerichtsrat klärt, dass Richter Adam der einzige im Dorf ist, der einen Klumpfuß hat.
  • 1822: Daraufhin versucht der Vorgesetzte, den Richter zu einem raschen Ende des Prozesses zu bringen, möglicherweise mit einem Geständnis.
  • 1853: Richter Adam bleibt verstockt, weil er weiter auf das Schweigen Eves hofft.,
  • 1859: Allerdings testet der Schreiber die Perücke – sie passt auf den Kopf des Richters.
  • 1865: Noch einmal greift der Gerichtsrat ein:“
    „WALTER. Noch einmal, wollt Ihr gleich, soll ich die Sache enden?
  • 1875: Richter Adam macht kurzen Prozess und spricht Ruprecht schuldig.
    1865: Der Gerichtsrat empfiehlt, dann in Utrecht in die Berufung zu gehen.
  • 1888: Bei dem Gedanken, bis dahin könnte Ruprecht wegen Richterbeleidigung im Gefängnis sitzen, bezeichnet sie endlich Richter Adam als den, der den Krug zerbrochen hat (1893).
  • Der Richter läuft daraufhin davon.

12. Szene: Kurzfassung

Hier gibt es eine kürzere Variante und eine längere, die in der Filmfassung auch präsentiert wird.
Wir  präsentieren hier zunächst die Kurzfassung:

  • 1907: Ruprecht versucht, sich bei Eve zu entschuldigen.
    Die weist ihn allerdings mehrfach ab.
  • 1920: Dann kommt raus, dass der Richter Adam ihr einen Brief falsch vorgelesen hat, um sie in Angst um Ruprecht zu versetzen. Der sollte nämlich angeblich in das fieberverseuchte Ostasien als Soldat.
    1940: Der Richter hat dann versucht, mit einem angeblichen Befreiungsattest sich Eves Gunst zu erkaufen.
  • 1952: Ruprechts Vater bringt die beiden Liebenden wieder zusammen – zu Pfingsten soll Hochzeit gefeiert werden.
  • Am Ende berichtet der Schreiber, wie peinlich sich Richter Adam auf der Flucht präsentiert.
  • Der Gerichtsrat lässt ihn zurückholen, Licht soll das Richteramt erst mal provisorische versehen – und Richter Adam soll irgendwie glimpflich davonkommen, wenn wenigstens seine Kassen in Ordnung sind.

Man merkt hier deutlich, dass es hier nur um ein schnelles Ende geht. Dementsprechend sollte man sich die längere Fassung doch genauer anschauen. Das werden wir noch tun.

Letzte Szene

  • Frau Marthe ist nicht zufrieden und will in Utrecht bei der Regierung Beschwerde einlegen.
  • Ihr geht es immer noch darum, dass auch dem Krug „sein Recht geschehn“ soll.

Hier wird recht geschickt deutlich, dass das Happy Ende einige offene Stellen aufweist.

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