Worum es hier geht:
In Kafkas Roman „Der Prozess“ fragt sich zunächst der Protagonist, warum er eigentlich verhaftet worden ist, inwieweit man ihm eine Schuld vorwerfen kann. Diese Frage bleibt allen beim Lesen des Romans erhalten.
Im Folgenden haben wir uns die Internet-Fassung des Romans
http://www.zeno.org/nid/20005131995
mal vorgenommen, sie in eine nummerierte Word-Fassung gebracht – und dann haben wir NotebookLM alle Textstellen zusammentragen lassen, die sich mit der Frage der Schuld befassen.
Wir legen dies erst mal als Arbeitsfassung vor, um jedem eine eigene Klärung der Frage nach der Schuld auf der Basis des Textes zu ermöglichen.
Sobald wir selbst hier zu tieferen Erkenntnissen gekommen sind, werden wir das in Kommentaren vermerken.
Unsere Interpretationshypothese ist dabei, dass Josef K. genauso so „ohne Schuld“ ist wie Gregor Samsa in „Die Verwandlung“. Aber während der ganz offensichtlich in einem falschen Leben gelebt hat, das gewissermaßen eines Nachts aus ihm regelrecht herausgebrochen und zu der Verwandlung geführt hat, erscheint uns das bei Josef K. schwieriger.
Ihm scheint etwas Ähnliches passiert zu sein, wie dem Erzähler in „Der Schlag ans Hoftor“. Plötzlich verwandelt sich die scheinbare Realität in einen Albtraum – und dann nehmen die Dinge ihren Lauf.
Vielleicht ist Josef K. auch einfach in seinem Schicksal ein Symbol für eine bestimmte Art von menschlicher Existenz in der Welt, wie Kafka sie sich vorstellte.
Aber mit Hilfe der folgenden Textstellen fällt die Klärung vielleicht oder besser: hoffentlich leichter.
Die Textstellen gehen in der Fassung von 1 bis 5653 – damit und mit der Kapitelangabe findet man sich in der eigenen Textausgabe sicher zurecht. Außerdem kann man die angegebenen Textstellen ja auch leicht bei zeno im Internet suchen.
Wir selbst nutzen gerne das Kindle-EBook von Reclam in der XL-Ausgabe.
Bitte im Auge behalten:
Dies ist eine durch NotebookLM erstellte Übersicht.
Das Programm soll so angelegt sein, dass es nur den Text auswertet und dementsprechend auch exakt ist und nicht halluziniert.
Trotzdem bitte nur als Ausgangspunkt für eigene Arbeit verwenden und entsprechend überprüfen.
Kapitel 1: Verhaftung – Gespräch mit Frau Grubach – Dann Fräulein Bürstner
◦ K.s Verhaftung und seine Reaktion: „Jemand musste Josef K. verleumdet haben, denn ohne dass er etwas Böses getan hätte, wurde er eines Morgens verhaftet.“ [1, Zeile 6-7]
◦ K. fragt die Wächter nach dem Grund seiner Verhaftung und sagt: „Und warum denn?“ [1, Zeile 44-45] Die Wächter antworten: „Wir sind nicht dazu bestellt, Ihnen das zu sagen. Gehen Sie in Ihr Zimmer und warten Sie. Das Verfahren ist nun einmal eingeleitet, und Sie werden alles zur richtigen Zeit erfahren.“ [2, Zeile 45-47]
◦ Die Wächter erklären, dass die „hohen Behörden, in deren Dienst wir stehen, ehe sie eine solche Verhaftung verfügen, sich sehr genau über die Gründe der Verhaftung und die Person des Verhafteten unterrichten. Es gibt darin keinen Irrtum. Unsere Behörde, soweit ich sie kenne, und ich kenne nur die niedrigsten Grade, sucht doch nicht etwa die Schuld in der Bevölkerung, sondern wird, wie es im Gesetz heißt, von der Schuld angezogen und muß uns Wächter ausschicken. Das ist Gesetz. Wo gäbe es da einen Irrtum?“ [4, Zeile 117-122]
◦ K. entgegnet: „Dieses Gesetz kenne ich nicht“ [4, Zeile 123]. Der Wächter antwortet: „Desto schlimmer für Sie“ [4, Zeile 123]. K. vermutet, das Gesetz existiere nur in den Köpfen der Wächter [4, Zeile 124].
◦ K. denkt, er werde sich von dem Gerede dieser „niedrigsten Organe“ nicht verwirren lassen, da sie von Dingen reden, die sie nicht verstehen, und ihre Sicherheit nur durch ihre Dummheit möglich sei [4, Zeile 129-131].
◦ Der Aufseher sagt zu K.: „Machen Sie keinen solchen Lärm mit dem Gefühl Ihrer Unschuld, es stört den nicht gerade schlechten Eindruck, den Sie im übrigen machen.“ [8, Zeile 248-249]
◦ K. fragt sich, warum er über den Grund seiner Verhaftung und ihre Auftraggeber nichts erfährt [9, Zeile 255-256].
◦ K. sagt zum Aufseher: „Ich bin angeklagt, aber nicht die geringste Schuld auffinden kann, wegen deren man mich anklagen könnte.“ [8, Zeile 234-235] Der Aufseher entgegnet, er wisse nicht, ob K. angeklagt sei, nur dass er verhaftet sei [8, Zeile 243-244].
◦ Frau Grubach sagt zu K., dass seine Verhaftung „mir wie etwas Gelehrtes vor[kommt], das ich zwar nicht verstehe, das man aber auch nicht verstehen muß“ [12, Zeile 412-414]. Sie fügt hinzu, dass er „zwar verhaftet, aber nicht so wie ein Dieb verhaftet wird“ [12, Zeile 410-411].
◦ Als K. Fräulein Bürstner von seiner „Untersuchungskommission“ erzählt, fragt sie: „Ihretwegen?“ [16, Zeile 543-544] K. bejaht und fragt zurück: „Glauben Sie denn, daß ich schuldlos bin?“ [16, Zeile 544-545] Fräulein Bürstner antwortet: „Nun, schuldlos… ich will nicht gleich ein vielleicht folgenschweres Urteil aussprechen, auch kenne ich Sie doch nicht, es muß doch schon ein schwerer Verbrecher sein, dem man gleich eine Untersuchungskommission auf den Leib schickt. Da Sie aber doch frei sind – ich schließe wenigstens aus Ihrer Ruhe, daß Sie nicht aus dem Gefängnis entlaufen sind – so können Sie doch kein solches Verbrechen begangen haben.“ [16, Zeile 545-549]
◦ K. schlägt vor, die Kommission könnte seine Unschuld oder geringere Schuld erkannt haben [16, Zeile 550-551].
Kapitel 2: Erste Untersuchung
◦ K. ist entschlossen, dass diese erste Untersuchung die letzte sein soll [21, Zeile 673].
◦ K. sagt zum Untersuchungsrichter, dass dessen Frage, ob er Zimmermaler sei, „bezeichnend für die ganze Art des Verfahrens, das gegen mich geführt wird. Sie können einwenden, daß es ja überhaupt kein Verfahren ist, Sie haben sehr recht, denn es ist ja nur ein Verfahren, wenn ich es als solches anerkenne. Aber ich erkenne es also für den Augenblick jetzt an, aus Mitleid gewissermaßen.“ [27, Zeile 870-874]
◦ K. sagt, was ihm geschehen ist, sei „nur ein einzelner Fall und als solcher nicht sehr wichtig, da ich es nicht sehr schwer nehme, aber es ist das Zeichen eines Verfahrens, wie es gegen viele geübt wird. Für diese stehe ich hier ein, nicht für mich.“ [29, Zeile 908-912]
◦ K. erklärt: „Ich bin vor etwa zehn Tagen verhaftet worden, über die Tatsache der Verhaftung selbst lache ich, aber das gehört jetzt nicht hierher. Ich wurde früh im Bett überfallen, vielleicht hatte man – es ist nach dem, was der Untersuchungsrichter sagte, nicht ausgeschlossen – den Befehl, irgendeinen Zimmermaler, der ebenso unschuldig ist wie ich, zu verhaften, aber man wählte mich.“ [30, Zeile 924-928]
◦ K. entdeckt, dass alle Anwesenden Beamte sind, eine „korrupte Bande“, die ihn prüfen und lernen wollten, wie man Unschuldige verführen soll [35, Zeile 1029-1034].
◦ Der Untersuchungsrichter weist K. darauf hin, dass er sich „des Vorteils beraubt haben [hat], den ein Verhör für den Verhafteten in jedem Falle bedeutet“ [35, Zeile 1041-1043]. K. lacht und sagt: „Ihr Lumpen, ich schenke euch alle Verhöre“ [35, Zeile 1043-1044].
Kapitel 3: Im leeren Sitzungssaal – Der Student – Die Kanzleien
◦ K. schaut sich Bücher an, die er für Gesetzbücher hält, und denkt: „Ach so, […] die Bücher sind wohl Gesetzbücher und es gehört zu der Art dieses Gerichtswesens, daß man nicht nur unschuldig, sondern auch unwissend verurteilt wird.“ [37, Zeile 1069-1070] Tatsächlich entpuppen sich die Bücher als unanständige Bilder und ein schmutziger Roman [39, Zeile 1110-1116].
◦ K. sagt zur Frau des Gerichtsdieners, dass er nicht dazu da sei, „Besserungen hier zu erreichen“, aber er sei „dadurch, daß ich angeblich verhaftet wurde – ich bin nämlich verhaftet –, gezwungen worden, hier einzugreifen, und zwar um meinetwillen.“ [38, Zeile 1097-1103]
◦ K. betont, dass ihm „am Ausgang des Prozesses gar nichts liegt und daß ich über eine Verurteilung nur lachen werde.“ [39, Zeile 1149-1151] Er glaubt, das Verfahren sei schon abgebrochen oder werde es bald, wegen „Faulheit oder Vergeßlichkeit oder vielleicht sogar infolge Angst der Beamtenschaft“ [39, Zeile 1152-1153].
◦ K. kündigt an, er werde „niemanden“ bestechen [40, Zeile 1160].
◦ Die Frau des Gerichtsdieners berichtet, dass der Untersuchungsrichter viele Berichte schreibt, „insbesondere über Sie, denn Ihre Einvernahme war gewiß einer der Hauptgegenstände der sonntäglichen Sitzung.“ [40, Zeile 1183-1184]
◦ K. betrachtet es als „zweifellose Niederlage“, dass der Student die Frau des Gerichtsdieners fortträgt. Er folgert, er habe die Niederlage nur erlitten, weil er den Kampf aufsuchte. „Wenn er zu Hause bliebe und sein gewohntes Leben führte, war er jedem dieser Leute tausendfach überlegen und konnte jeden mit einem Fußtritt von seinem Wege räumen.“ [42, Zeile 1260-1264]
◦ K. findet einen Zettel mit der Aufschrift „Aufgang zu den Gerichtskanzleien“ auf dem Dachboden [43, Zeile 1285]. Er bemerkt, dass es für einen Angeklagten „beruhigend [war], sich vorzustellen, wie wenig Geldmittel diesem Gericht zur Verfügung standen“ [43, Zeile 1287-1288]. Er überlegt, dass die „Verlotterung des Gerichtes für einen Angeklagten zwar entwürdigend, aber im Grunde noch beruhigender [wäre], als es die Armut des Gerichtes gewesen wäre.“ [43, Zeile 1292-1294]
◦ K. realisiert, dass man sich beim ersten Verhör geschämt haben muss, ihn auf den Dachboden zu laden und es vorzog, ihn in seiner Wohnung zu belästigen [43, Zeile 1294-1295].
◦ Der Gerichtsdiener erkennt K. als den Angeklagten und sagt, „solche Nachrichten verbreiten sich sehr rasch“ [129, Zeile 4477-4478].
◦ Der Gerichtsdiener fragt K., warum nicht er (K.) den Studenten verprügele, da dieser ein Feigling sei und Angst vor seiner Macht habe. „Nur ein Mann wie Sie könnte es tun.“ [44, Zeile 1331-1334] K. ist erstaunt und fragt: „Sie sind doch angeklagt“ [44, Zeile 1335].
◦ Die Angeklagten in den Kanzleien wirken gedemütigt [45, Zeile 1372]. K. stellt sich selbst als Angeklagten vor, der noch keine Beweisanträge gestellt hat, und fragt, ob das nötig sei [45, Zeile 1390-1392].
Kapitel 5: Der Prügler
◦ K. entdeckt die Wächter Franz und Willem in einer Rumpelkammer, wo sie von einem Prügler geschlagen werden, weil K. sich über sie beim Untersuchungsrichter „beklagt“ habe [69, Zeile 2339-2342].
◦ K. erklärt, er habe sich nicht beklagt, um ihre Bestrafung zu fordern, sondern es sei ihm um ein „Prinzip“ gegangen [69, Zeile 2352-2353].
◦ Willem erklärt, dass die Bestechung durch die Wäsche der Verhafteten „Tradition“ sei, da die Wächter schlecht bezahlt würden [69, Zeile 2347-2349]. Wenn es aber „öffentlich zur Sprache“ gebracht werde, müsse die Strafe erfolgen [69, Zeile 2351-2352].
◦ K. versucht, den Prügler zu bestechen, die Wächter laufen zu lassen. Er sagt: „Ich halte sie nämlich gar nicht für schuldig, schuldig ist die Organisation, schuldig sind die hohen Beamten.“ [70, Zeile 2388-2389] Der Prügler weigert sich [70, Zeile 2394-2395].
◦ K. ist gequält, dass er die Prügel nicht verhindern konnte, schiebt die Schuld aber auf Franz‘ Schreie, die die Diener anlockten [70, Zeile 2424-2428]. Er hätte nicht zulassen können, dass er bei „Unterhandlungen mit der Gesellschaft in der Rumpelkammer überraschten“ [71, Zeile 2436-2437].
Kapitel 6: Der Onkel – Leni
◦ K.s Onkel berichtet, dass Erna ihm geschrieben hat, dass K. einen „Strafprozeß auf dem Halse“ habe [75, Zeile 2552].
◦ Der Onkel sagt, K.s „Haltung [gefällt] mir nicht, so verhält sich kein unschuldig Angeklagter, der noch bei Kräften ist.“ [75, Zeile 2556-2557]
◦ K. sagt seinem Onkel, es handele sich „gar nicht um einen Prozeß vor dem gewöhnlichen Gericht.“ [77, Zeile 2585-2586]
◦ Der Onkel sagt, wenn K. den Prozess verliere, bedeute das, „daß du einfach gestrichen wirst. Und daß die ganze Verwandtschaft mitgerissen oder wenigstens bis auf den Boden gedemütigt wird.“ [77, Zeile 2611-2612]
◦ K. lehnt einen Landaufenthalt ab, da es „Flucht und Schuldbewußtsein“ bedeuten würde [78, Zeile 2622-2623].
◦ Der Anwalt Huld erklärt, dass die Verteidigung vor diesem Gericht nicht „gestattet, sondern nur geduldet“ sei und alle Anwälte „Winkeladvokaten“ seien [85, Zeile 3004-3008].
◦ Huld erläutert, dass das Verfahren vor der Öffentlichkeit und dem Angeklagten geheim ist [85, Zeile 3027-3028]. Akten sind für den Angeklagten unzugänglich [85, Zeile 3029].
◦ Huld sagt, das Wichtigste seien die „persönlichen Beziehungen des Advokaten“ zu höheren Beamten der unteren Grade [86, Zeile 3047-3048].
◦ Huld warnt, dass Beamte launisch und „rachsüchtig“ seien und Verbesserungsversuche schaden könnten [87, Zeile 3104-3105]. Man müsse sich „mit den vorhandenen Verhältnissen abfinden“ [87, Zeile 3121].
◦ Huld erklärt, dass Prozesse plötzlich „aus der Hand genommen“ werden können, wenn sie ein Stadium erreichen, wo „keine Hilfe mehr geleistet werden darf“ [88, Zeile 3335-3343]. Die eingebrachten Schriften werden dann zu „wertlose[n] Fetzen“ [88, Zeile 3345-3347].
◦ K. misstraut dem Anwalt und befürchtet, die persönlichen Beziehungen könnten zu seinem Nachteil genutzt werden, um ihn „einzuschläfern und hilflos zu erhalten, um ihn dann plötzlich mit der Entscheidung zu überfallen“ [93, Zeile 3406-3407].
◦ K. entscheidet, dass er selbst eingreifen muss, da die Verachtung für den Prozess nicht mehr gilt [94, Zeile 3411-3413]. Er müsse „jeden Gedanken an eine mögliche Schuld von vornherein ablehnen. Es gab keine Schuld.“ [95, Zeile 3427-3428] Der Prozess sei ein großes Geschäft [95, Zeile 3429].
◦ K. erkennt die enorme Schwierigkeit, eine Verteidigungsschrift zu verfassen, da er die Anklagepunkte nicht kennt und sein ganzes Leben durchleuchten müsste [96, 97, Zeile 3446-3470].
Kapitel 8: Kaufmann Block – Kündigung des Advokaten
◦ Leni rät K. zum Geständnis: „gegen dieses Gericht kann man sich ja nicht wehren, man muß das Geständnis machen. Machen Sie doch bei nächster Gelegenheit das Geständnis. Erst dann ist die Möglichkeit zu entschlüpfen gegeben, erst dann.“ [82, Zeile 2866-2868] Sie sagt, wenn er das Geständnis nicht mache, könne sie ihm nicht helfen [82, Zeile 2878-2879].
◦ Der Advokat Huld erklärt, dass Leni die meisten Angeklagten „schön“ finde. Es sei eine „naturwissenschaftliche Erscheinung“, dass erfahrene Personen Angeklagte an ihrem Aussehen erkennen könnten. „Es kann nicht die Schuld sein, die sie schön macht, denn […] es sind doch nicht alle schuldig, es kann auch nicht die richtige Strafe sein, die sie jetzt schon schön macht, denn es werden doch nicht alle bestraft, es kann also nur an dem gegen sie erhobenen Verfahren liegen, das ihnen irgendwie anhaftet.“ [136, Zeile 4691-4706]
◦ K. kündigt dem Advokaten die Vertretung, weil er die Überzeugung gewonnen hat, dass Hulk „viel kräftiger in den Prozeß eingreifen [muss], als es bisher geschehen ist.“ [138, Zeile 4740-4742]
◦ Kaufmann Block, ein anderer Klient, erzählt K. von seiner Abhängigkeit vom Advokaten [135, Zeile 4645]. Er hat neben Huld noch fünf „Winkeladvokaten“ und verhandelt mit einem sechsten, um seinen Prozess nicht zu verlieren [129, Zeile 4451-4454, 4456]. Er hat sein ganzes Vermögen und seine Arbeitskraft in den Prozess gesteckt [129, Zeile 4459-4463].
◦ Block warnt K. vor Aberglauben unter den Angeklagten, die aus dem Gesicht, insbesondere den Lippen, den Ausgang des Prozesses erkennen wollen. Viele hätten behauptet, K. würde „nach Ihren Lippen zu schließen, gewiß und bald verurteilt werden.“ [130, Zeile 4485-4488]
◦ Der Advokat demütigt Block, indem er ihn wie einen Hund behandeln lässt. Der Richter, mit dem der Advokat sprach, sagte, Blocks Prozess habe „noch gar nicht begonnen“ [142, Zeile 4955-4956]. Dies, weil das Glockenzeichen zum Beginn des Prozesses noch nicht gegeben sei [142, Zeile 4956-4957]. Huld spielt dies als Meinungsverschiedenheit herunter [143, Zeile 4970-4975].
◦ Block zitiert einen „alten Rechtsspruch: für den Verdächtigen ist Bewegung besser als Ruhe, denn der, welcher ruht, kann immer, ohne es zu wissen, auf einer Waagschale sein und mit seinen Sünden gewogen werden.“ [141, Zeile 4869-4871]
Kapitel 6 (Fortsetzung – Maler Titorelli)
◦ Der Fabrikant empfiehlt K., den Gerichtsmaler Titorelli aufzusuchen, der viele Richter kenne und Ratschläge geben könne [104, Zeile 3649-3651].
◦ Titorelli, ein „Vertrauensmann des Gerichtes“, dessen Stellung nicht öffentlich anerkannt, aber einflussreich ist [112, Zeile 3906, 3912-3915], sagt K., dass seine Verbindung zum Gericht vererbt ist und er geheime Regeln des Malens verschiedener Beamtengrade kennt [117, Zeile 3998-4006].
◦ Titorelli fragt K. direkt: „Sie sind unschuldig?“ [112, Zeile 3933] K. antwortet: „Ja […]. Ich bin vollständig unschuldig.“ [112, Zeile 3933-3935]
◦ Titorelli sagt: „Wenn Sie unschuldig sind, dann ist ja die Sache sehr einfach.“ [112, Zeile 3937] K. widerspricht: „Meine Unschuld vereinfacht die Sache nicht [….] Es kommt auf viele Feinheiten an, in denen sich das Gericht verliert. Zum Schluß aber zieht es von irgendwoher, wo ursprünglich gar nichts gewesen ist, eine große Schuld hervor.“ [112, Zeile 3938-3942]
◦ K. bemerkt, dass alle, die er zum Gericht befragt hat, übereinstimmen, dass das Gericht bei einer Anklage „fest von der Schuld des Angeklagten überzeugt ist und von dieser Überzeugung nur schwer abgebracht werden kann“ [112, Zeile 3948-3950].
◦ Titorelli sagt, das Gericht sei „niemals […] abzubringen“ [113, Zeile 3950-3951] von seiner Überzeugung von der Schuld.
◦ Titorelli kennt drei Arten der Befreiung: „die wirkliche Freisprechung, die scheinbare Freisprechung und die Verschleppung.“ [118, Zeile 4021-4023] Er sagt, er habe keinen Einfluss auf die wirkliche Freisprechung, die „wahrscheinlich nur die Unschuld des Angeklagten“ entscheidet. Wenn K. unschuldig sei, brauche er keine Hilfe [118, Zeile 4024-4027].
◦ Titorelli gibt an, dass er in seiner Erfahrung „nicht einen einzigen wirklichen Freispruch erlebt“ habe [120, Zeile 4050-4051]. Es gebe nur Legenden über Freisprüche aus alter Zeit, auf die man sich vor Gericht nicht berufen könne [120, Zeile 4056-4064].
◦ Er erklärt die scheinbare Freisprechung: K. wird vorübergehend für unschuldig erklärt, aber die Akten bleiben im Verfahren und können jederzeit wieder aufgegriffen werden, was zu einer erneuten Verhaftung führen kann. Der Prozess beginnt dann von neuem [122, Zeile 4136-4164].
◦ Er beschreibt die Verschleppung: Der Prozess wird dauerhaft im niedrigsten Stadium gehalten, indem der Angeklagte und der Helfer in ständigem Kontakt mit dem Gericht bleiben. K. ist vor Verurteilung gesichert, aber der Prozess hört nie auf [123, Zeile 4184-4195].
◦ K. fasst zusammen: „Beide Methoden haben das Gemeinsame, daß sie eine Verurteilung des Angeklagten verhindern.“ [123, Zeile 4220-4221] Fügt aber hinzu: „Sie verhindern aber auch die wirkliche Freisprechung“ [123, Zeile 4221]. Titorelli bestätigt: „Sie haben den Kern der Sache erfaßt“ [123, Zeile 4222-4223].
◦ K. erschrickt, als er feststellt, dass sich auch hier Gerichtskanzleien befinden, und über seine eigene „Unwissenheit in Gerichtssachen“ [124, Zeile 4273-4275].
Kapitel 9: Im Dom
◦ Der Geistliche, der Gefängniskaplan, sagt K.: „Weißt du, daß dein Prozeß schlecht steht? […] Man hält dich für schuldig. Dein Prozeß wird vielleicht über ein niedriges Gericht gar nicht hinauskommen. Man hält wenigstens vorläufig deine Schuld für erwiesen.“ [149, Zeile 5274-5281]
◦ K. entgegnet: „Ich bin aber nicht schuldig, es ist ein Irrtum. Wie kann denn ein Mensch überhaupt schuldig sein. Wir sind hier doch alle Menschen, einer wie der andere.“ [149, Zeile 5281-5282]
◦ Der Geistliche antwortet: „Das ist richtig […], aber so pflegen die Schuldigen zu reden.“ [149, Zeile 5282-5283]
◦ Der Geistliche korrigiert K.: „Du mißverstehst die Tatsachen […] das Urteil kommt nicht mit einemmal, das Verfahren geht allmählich ins Urteil über.“ [150, Zeile 5286-5288]
◦ Der Geistliche tadelt K. für seine Suche nach „zu viel fremde[r] Hilfe […] und besonders bei Frauen. Merkst du denn nicht, daß es nicht die wahre Hilfe ist?“ [150, Zeile 5291-5292]
◦ Der Geistliche erzählt K. die Parabel „Vor dem Gesetz“, die die Unerreichbarkeit und Komplexität des Gesetzes aufzeigt [152, Zeile 5335-5371].
◦ K. deutet die Parabel so, dass der Türhüter den Mann getäuscht hat, indem er die „erlösende Mitteilung erst dann gemacht [hat], als sie dem Manne nicht mehr helfen konnte.“ [153, Zeile 5373-5377]
◦ Der Geistliche widerspricht K.s Deutung und sagt, man solle Meinungen nicht zu viel Bedeutung beimessen, da die „Schrift unveränderlich“ sei [153, Zeile 5427-5428]. Er bietet auch die Meinung an, dass der Türhüter selbst der Getäuschte sei [154, Zeile 5430].
◦ Der Geistliche erklärt seine Distanz zu K., indem er sagt: „Ich mußte zuerst aus der Entfernung mit dir sprechen. Ich lasse mich sonst zu leicht beeinflussen und vergesse meinen Dienst.“ [151, Zeile 5324-5325]
◦ Der Geistliche offenbart K., dass er selbst „zum Gericht“ gehöre und das Gericht „nichts von dir [will]. Es nimmt dich auf, wenn du kommst, und es entläßt dich, wenn du gehst.“ [155, Zeile 5520-5522]
Kapitel 10: Ende
◦ K. bemerkt, dass man ihm „alte, untergeordnete Schauspieler“ schickt, um „auf billige Weise mit mir fertig zu werden“ [156, Zeile 5539-5540].
◦ Angesichts der Situation erkennt K. die „Wertlosigkeit seines Widerstandes“ [158, Zeile 5573].
◦ K. beschließt, „bis zum Ende den ruhig einteilenden Verstand behalten“ [158, Zeile 5582].
◦ K. bereut seine frühere Haltung, mit „zwanzig Händen in die Welt hineinfahren“ zu wollen „und überdies zu einem nicht zu billigenden Zweck. Das war unrichtig.“ [158, Zeile 5583-5584]
◦ K. ist dankbar, dass ihm auf diesem Weg „halbstummen, verständnislosen Herren mitgegeben [wurden] und daß man es mir überlassen hat, mir selbst das Notwendige zu sagen.“ [158, Zeile 5587-5589]
◦ K. weiß am Ende, dass es seine Pflicht gewesen wäre, das Fleischermesser selbst zu ergreifen und sich einzubohren, tut es aber nicht [159, Zeile 5635-5637]. Er fragt, wer die Verantwortung für diesen letzten Fehler trägt, da ihm die nötige Kraft versagt wurde [159, Zeile 5638-5640].
◦ K. fragt sich: „Wo war der Richter, den er nie gesehen hatte? Wo war das hohe Gericht, bis zu dem er nie gekommen war?“ [159, Zeile 5646-5647]
Weitere Infos, Tipps und Materialien
- Weitere Infos, Tipps und Materialien zum „Prozess“
https://schnell-durchblicken.de/kafka-der-prozess-infos-tipps-und-materialien-auf-unserer-themenseite
— - Kafka: Infos, Tipps und Materialien – Themenseite
https://textaussage.de/kafka-themenseite
— - Die wichtigsten Parabeln
https://textaussage.de/kafka-die-wichtigsten-parabeln
— - Parabel-Finder: So findet man die passende Erzählung von Kafka
https://textaussage.de/ta-finder-die-richtige-parabel-von-franz-kafka-finden-nach-themen-geordnet
— - Youtube-Playlist zu Kafka
https://www.youtube.com/playlist?list=PLNeMBo_UQLv3da2qlaVKAHPNk2PDlUPvO
— - Infos, Tipps und Materialien zu weiteren Themen des Deutschunterrichts
https://textaussage.de/weitere-infos
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