Klausur: Barockgedicht „Vergänglichkeit der Schönheit“ – Vergleich mit den Epochen „Sturm und Drang“ und Gegenwart

Worum es hier geht:

Präsentiert wird eine Klausuraufgabe, die das Welt- und Naturverständnis der Barockzeit mit der des Sturm und Drang vergleicht.

Außerdem wird ein Gegenwartsbezug hergestellt, was den Umgang mit dem Tod angeht.

Inzwischen haben wir die Aufgabe mit Lösungstipps auch auf Youtube hochgeladen:
https://youtu.be/I1XJWLMwlMo

Die Dokumentation kann hier angeschaut und heruntergeladen werden:

Mat6224 vf Klausur Barock Vergänglichkeit Sturm und Drang Gegenwart

Aufgabe:
  1. Analysieren Sie das Gedicht „Vergänglichkeit der Schönheit“ von Christian Hoffmann von Hoffmannswaldau unter besonderer Berücksichtigung von Kennzeichen der Barocklyrik.
    (siehe unten Material 1)
  2. Arbeiten Sie aus dem Auszug aus Goethes „Die Leiden des jungen Werther“ die dort sichtbare Vorstellung von Natur und Herz heraus und vergleichen Sie sie mit der des Barockgedichtes.
    (siehe unten Material 2)
  3. Nehmen Sie kurz aus heutiger Stellung Stellung zu der mittelalterlichen Praxis des Umgangs mit dem Tod, wie es sich in der folgenden Beschreibung eines Klosters auf der Insel Ischia zeigt
    (siehe unten Material 3)

Viel Erfolg

Material 1

Christian Hoffmann von Hoffmannswaldau

Vergänglichkeit der Schönheit

  1. Es wird der bleiche Tod mit seiner kalten Hand
  2. Dir endlich mit der Zeit um deine Brüste streichen
  3. Der liebliche Korall der Lippen wird verbleichen;
  4. Der Schultern warmer Schnee wird werden kalter Sand
  5. Der Augen süßer Blitz, die Kräfte deiner Hand
  6. Für welchen solches fällt, die werden zeitlich weichen [Für welchen = Für den]
  7. Das Haar, das itzund kann des Goldes Glanz erreichen („itzund“ = altes Wort für „jetzt“)
  8. Tilget endlich Tag und Jahr als ein gemeines Band.
  9. Der wohlgesetzte Fuß, die lieblichen Gebärden
  10. Die werden teils zu Staub, teils nichts und nichtig werden
  11. Denn opfert keiner mehr der Gottheit deiner Pracht.
  12. Dies und noch mehr als dies muss endlich untergehen
  13. Dein Herze kann allein zu aller Zeit bestehen
  14. Dieweil es die Natur aus Diamant gemacht.

Quelle:
Herrn von Hoffmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte erster Teil, Tübingen 1961, S. 46-47.
Permalink: http://www.zeno.org/nid/20005084938

Material 2

„Eine wunderbare Heiterkeit hat meine ganze Seele eingenommen, gleich den süßen Frühlingsmorgen, die ich mit ganzem Herzen genieße. Ich bin allein und freue mich meines Lebens in dieser Gegend, die für solche Seelen geschaffen ist wie die meine. Ich bin so glücklich, mein Bester, so ganz in dem Gefühle von ruhigem Dasein versunken, dass meine Kunst darunter leidet. Ich könnte jetzt nicht zeichnen, nicht einen Strich, und bin nie ein größerer Maler gewesen als in diesen Augenblicken. Wenn das liebe Tal um mich dampft, und die hohe Sonne an der Oberfläche der undurchdringlichen Finsternis meines Waldes ruht, und nur einzelne Strahlen sich in das innere Heiligtum stehlen, ich dann im hohen Grase am fallenden Bache liege, und näher an der Erde tausend mannigfaltige Gräschen mir merkwürdig werden; wenn ich das Wimmeln der kleinen Welt zwischen Halmen, die unzähligen, unergründlichen Gestalten der Würmchen, der Mückchen näher an meinem Herzen fühle, und fühle die Gegenwart des Allmächtigen, der uns nach seinem Bilde schuf, das Wehen des Alliebenden, der uns in ewiger Wonne schwebend trägt und erhält; mein Freund! wenn’s dann um meine Augen dämmert, und die Welt um mich her und der Himmel ganz in meiner Seele ruhn wie die Gestalt einer Geliebten – dann sehne ich mich oft und denke: Ach könntest du das wieder ausdrücken, könntest du dem Papiere das einhauchen, was so voll, so warm in dir lebt, dass es würde der Spiegel deiner Seele, wie deine Seele ist der Spiegel des unendlichen Gottes! – Mein Freund – Aber ich gehe darüber zugrunde, ich erliege unter der Gewalt der Herrlichkeit dieser Erscheinungen.“

Goethes Werke. Hamburger Ausgabe in 14 Bänden. Band 6, Hamburg 1948 ff, S. 7-60.
http://www.zeno.org/nid/20004853385

Material 3

„Das Convento delle Clarisse birgt in seinen Katakomben ein schauriges Geheimnis: Im 16. Jahrhundert wurden in den unterirdischen Gängen gemauerte Stühle errichtet, auf denen man die Nonnen des Klosters nach ihrem Tod aufrecht sitzend zu bestatteten pflegte. Die Steinsessel wiesen in ihrem Sitz Öffnungen auf, durch die Körperflüssigkeiten der Leichname entweichen konnten. Die ehemaligen Klosterfrauen verwesten und skelettierten so in sitzender Haltung. Die übrig bleibenden Gebeine wurden später bestattet. Die Gewölbe der ehemaligen Nonnengruft sind für Besucher zugänglich.“
https://www.italien.de/poi/castello-aragonese

PDF-Druckvorlage

Mat6224 Klausur Barock Sturm und Drang Hoffmannswaldau und Werther

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