Erst selbst denken – dann die KI-Lösung – dann diese optimal auswerten
- Wir zeigen hier mal, wie gut die KI inzwischen eine Szene aus einer Komödie interpretieren kann.
- Dazu bekommt ChatGPT von uns den folgenden Prompt-Auftrag:
- Bitte interpretiere die dritte Szene der Komödie der zerbrochene Krug,
- indem du zunächst in einer Einleitung das Thema der Szene angibst,
- dann beschreibst, was man wissen muss, um diese Szene zu verstehen.
- Erläutere anschließend die Weiterentwicklung des Konflikts in dieser Szene.
- Zeige anschließend auf, was diese Szene zeigt
- und mit welchen speziellen sprachlichen und rhetorischen Mitteln in ihr gearbeitet wird.
- Gehe dabei gegebenenfalls auch auf Elemente der Komödie beziehungsweise der Satire ein.
Video mit Dokumentation
Inzwischen gibt es auch ein Video, in dem das alles knapp 15 Minuten vorgestellt wird. Das kann man dann leicht auf andere Dramenszenen übertragen.
Videolink
Hier zunächst die „unbemalte“ Dokumentation:
Mat7356-int-sz3 HP unbem Kleist Der zerbrochene Krug Szene 3 Int Kopie
Und dann noch die Fassung mit allen Markierungen.
Mat7356-int-sz3 HP bem – Kleist Der zerbrochene Krug Szene 3
Hier nun der Text der Szene
Quelle: Heinrich von Kleist: Werke und Briefe in vier Bänden. Band 1, Berlin und Weimar 1978, S. 246.
Permalink: http://www.zeno.org/nid/20005166713
Dritter Auftritt
Adam und Licht.
ADAM.
Mir ahndet heut nichts Guts, Gevatter Licht.
LICHT.
Warum?
ADAM.
Es geht bunt alles über Ecke mir.
Ist nicht auch heut Gerichtstag?
LICHT.
Allerdings.
Die Kläger stehen vor der Türe schon.
ADAM.
– Mir träumt‘, es hätt ein Kläger mich ergriffen,
Und schleppte vor den Richtstuhl mich; und ich,
Ich säße gleichwohl auf dem Richtstuhl dort,
Und schält‘ und hunzt‘ und schlingelte mich herunter,
Und judiziert den Hals ins Eisen mir.
LICHT.
Wie? Ihr Euch selbst?
ADAM.
So wahr ich ehrlich bin.
Drauf wurden beide wir zu eins, und flohn,
Und mußten in den Fichten übernachten.
LICHT.
Nun? Und der Traum meint Ihr?
ADAM.
Der Teufel hol’s.
Wenn’s auch der Traum nicht ist, ein Schabernack,
Sei’s, wie es woll, ist wider mich im Werk!
LICHT.
Die läpp’sche Furcht! Gebt Ihr nur vorschriftsmäßig,
Wenn der Gerichtsrat gegenwärtig ist,
Recht den Parteien auf dem Richterstuhle,
Damit der Traum vom ausgehunzten Richter
Auf andre Art nicht in Erfüllung geht.
Lösung von ChatGPT mit MIA-Kommentar
Wir zeigen möglichst immer, wie wir mit dem umgehen, was die KI präsentiert. Am besten ist es natürlich, wenn man den folgenden Dreischritt wählt:
- Selbst die Szene lesen und sich Gedanken machen.
- Dann der KI die Aufgabe stellen.
- Anschließend deren Ergebnis prüfen:
- Inwieweit entspricht es der Aufgabe
- und den Vorgaben des Lehrbuchs bzw. des Unterrichts
- Was könnte man anders anordnen
- korrigieren
- oder ergänzen.
Was ChatGPT geboten hat, präsentieren wir in Kursiv-Schrift und zerlegen es in seine Bestandteile, damit man besser dazu Stellung nehmen kann.
Was MIA (unsere menschliche Intelligenz in Aktion) dazu sagt, rücken wir ein in blauer Schriftfarbe).
Einleitung: Thema der Szene
-
- Positiv finden wir, dass ChatGPT seine Lösung gliedert und mit Zwischenüberschriften versieht. Das sollte grundsätzlich in jeder Klausur gemacht werden. Dann behält man besser den Überblick.
- In der dritten Szene von Heinrich von Kleists Der zerbrochene Krug begegnen wir Adam, dem Richter, und seinem Schreiber Licht.
- Das Thema der Szene dreht sich um Adams unruhige Vorahnung und seine Angst vor der bevorstehenden Gerichtsverhandlung.
- In dieser Szene wird die komische und absurde Ausgangssituation des Stücks verdeutlicht:
- Adam, der als Richter eigentlich über Recht und Unrecht entscheiden sollte, ist selbst schuldig und spürt die drohenden Konsequenzen.
- Die Szene zeigt Adams Verunsicherung und lässt den Zuschauer erahnen, dass er etwas zu verbergen hat.
- Hier würden wir methodisch eindeutiger vorgehen.
- Bei dem vorliegenden Textauszug handelt es sich um die 3. Szene der Komödie „Der zerbrochene Krug“ von Heinrich von Kleist. Es geht um die Frage, wie der Richter sich aktuell fühlt, nachdem er von seinem Schreiber morgens angeschlagen vorgefunden worden ist.“
- Hier wird das Thema deutlicher als Frage oder Problem formuliert, auf das die Auswertung der Szene dann eine Antwort gibt.
Voraussetzungen zum Verständnis der Szene
- Um die Szene richtig zu verstehen, muss man wissen, dass Adam in der vorangegangenen Nacht in das Haus von Frau Marthe Rull eingestiegen ist und dabei den Krug der Familie zerstört hat.
- Dieser Vorfall, den Adam als lächerlich abtut, ist das zentrale Ereignis der Komödie und führt zum bevorstehenden Gerichtsprozess, in dem Adam selbst der Angeklagte ist.
- Die Ironie liegt darin, dass er den Prozess selbst leiten soll, ohne dass seine Schuld zunächst bekannt ist.
- Sein Schreiber Licht fungiert als neutrale Figur, die Adams Nervosität zwar wahrnimmt, aber nicht vollständig versteht.
- MIA: Wir würden hier nicht zu viel verraten, sondern den Stand des Konflikts so beschreiben, wie ihn die Zuschauer – ohne Kenntnis des ganzen Stücks – im Kopf haben.
- Der Richter wurde angeschlagen von seinem Schreiber vorgefunden und macht den Eindruck, dass er sich irgendwie rausreden will.
- Verschärft wird die Situation zunächst dadurch, dass der Richter gleich an einem Gerichtstag seinen Amtsgeschäften nachgehen muss und seine Perücke vermisst.
- Noch mehr vergrößert sich seine Anspannung, als er hört, dass der vorgesetzte Gerichtsrat sich angekündigt hat – und ihn „besuchen“ will. Das heißt: Er will seine Amtsführung überprüfen.
- Das ist natürlich ein unglücklicher Zusammenfall von zwei Ereignissen.
- Noch schlimmer wird es für den Richter, als ihm klargemacht wird, dass der Gerichtsrat gleich da sein wird.
- Jetzt ist man als Leser bzw. Zuschauer gespannt, wie Richter Adam mit der Situation klarkommt.
Weiterentwicklung des Konflikts
- Der innere Konflikt Adams spitzt sich in dieser Szene zu.
- Seine Aussagen und sein Verhalten zeigen, dass er bereits in großer Angst lebt und sich des drohenden Zusammenbruchs seiner Position bewusst ist.
- Der Traum, den er Licht schildert, spiegelt diesen inneren Konflikt wider:
- Adam träumt, dass er selbst der Angeklagte ist, der vor dem Richterstuhl steht.
- Dieser Traum symbolisiert seine Schuld und seine Angst, entlarvt zu werden.
- Zugleich deutet der Traum darauf hin, dass Adam mit sich selbst im Konflikt steht, da er die Rollen des Richters und des Angeklagten gleichzeitig übernimmt.
- Er versucht, seine Schuld zu verdrängen, ist aber unfähig, sich innerlich davon zu lösen.
- Die Szene zeigt, wie seine Selbstsicherheit nachlässt und wie er allmählich in Verzweiflung verfällt.
- MIA: Hier fasst die KI alles zu sehr zusammen.
- Wir würden stattdessen exakt zeigen, in welchen Schritten sich die Ausgangssituation verändert.
- Schritt 1: Ausgangspunkt ist das ungute Gefühl, dass Richter Adam hat:
„Mir ahndet heut nichts Guts“ und
„Es geht bunt alles über Ecke mir.“
- Hier wird zusätzlich deutlich, dass der Richter sich überfordert fühlt.
- Schritt 2: Erstaunlich ist dann, dass Adam so offenherzig gegenüber seinem Untergebenen seinen Angsttraum schildert. Sehr deutlich wird seine seltsame Doppelrolle als Angeklagter und als Richter sowie seine verzweifelten Bemühungen, sich zu befreien, während er sich gleichzeitig das Eisen um den Hals als Urteil spricht.
- Schritt 3: Der Schreiber reagiert dann auch entsprechend erstaunt.
- Schritt 4: Adam berichtet dann, dass seine beiden Erscheinungsweisen miteinander verschmolzen und fliehen mussten. Der Ort der Übernachtung macht deutlich, dass es mit der normalen bürgerlichen Existenz vorbei ist.
- Schritt 5: Die Auswertung des Traums lässt Adam lieber offen und spielt alles als „Schabernack“ herunter, als Traum-Streich, der ihm gespielt worden ist.
- Schritt 6: Der Schreiber beruhigt ihn, allerdings verbunden mit einer Mahnung, den Gerichtstag ordentlich durchzuführen, damit er nicht reale Probleme bekommt, die schlimmer als ein Traum sind.
Bedeutung der Szene und rhetorische Mittel
- Diese Szene verdeutlicht Adams Schwäche und Feigheit und bereitet das Publikum darauf vor, dass er sich im weiteren Verlauf des Stücks immer weiter in Lügen und Widersprüche verstricken wird.
- Die Szene ist geprägt von komischen Elementen, die durch Ironie und groteske Übertreibungen erzeugt werden.
- Adam spricht von einem „Schabernack“, der gegen ihn im Werk ist, und drückt so indirekt seine Angst aus, zur Verantwortung gezogen zu werden.
- Kleist nutzt hier die Technik des absurden Humors: Adam als Richter ist selbst nicht in der Lage, moralisch integer zu handeln, sondern flüchtet sich in Aberglauben und Vorahnungen.
- Der Dialog zwischen Adam und Licht ist sprachlich und rhetorisch geschickt gestaltet.
- Adam nutzt Bilder wie den „Richtstuhl“ und „den Hals ins Eisen legen“, die sowohl auf seine Position als Richter als auch auf seine Angst vor dem eigenen Untergang anspielen.
- Seine umständliche und übertriebene Redeweise („schält’ und hunzt’ und schlingelte“) verstärkt den Eindruck seiner Unsicherheit und Verwirrung.
- Auch das Stilmittel der Ironie spielt hier eine Rolle, denn Adam beschreibt sein eigenes Gericht ohne es offen einzugestehen, wodurch seine innere Zerrissenheit humorvoll in Szene gesetzt wird.
- Der Schreiber Licht, der ruhig und rational bleibt, dient als komisches Gegengewicht.
- Er nimmt Adams Traum und Ängste nicht ernst und rät ihm, seine Pflichten ordentlich zu erfüllen, um so den vermeintlich schlechten Omen zu entkommen.
- In dieser Szene wird damit auch die Ironie der Machtstruktur im Gerichtswesen humorvoll entlarvt:
- Der Schreiber, der der eigentliche Vernunftträger ist, steht unter einem Richter, der völlig inkompetent und emotional aufgewühlt ist.
- MIA: Auch hier merkt man, dass die KI zu wenig methodisch vorgeht. Ihre Ausführungen sind hilfreich, klingen aber eher wie aus einem Lehrbuch.
- Wir würden methodisch exakter vorgehen und erst mal den schönen Satz „Die Szene zeigt …“ mit Blick auf den Text fortsetzen.
Die Szene zeigt:
- zunächst, dass der Richter doch ziemlich aus der Ruhe gebracht worden ist und Sorgen hat.
- Dass die Sorgen so groß sind, dass er seinem Untergebenen sogar seinen Angsttraum erzählt.
- Dass er anschließend versucht, das Ganze herunterzuspielen,
- während der Untergebene ziemlich souverän reagiert, indem er fast wie übergeordneter Berater einen Rat gibt, der scheinbar einfach ist, aber mit Hinweis auf drohende Gefahren.
- Man könnte noch drauf hinweisen, worauf man jetzt gespannt ist: eigentlich auf zwei Dinge, zum einen den weitere Umgang des Richters mit seiner Aufgeregtheit, zum anderen die Art und Weise wie der Schreiber sich weiterhin gegenüber seinem Vorgesetzten verhält.
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- Die sprachlichen und rhetorischen Mittel würden wir den Aussagen zuordnen, denn sie dienen ja im Idealfall dazu, sie zu verstärken.
- Gleich am Anfang ein doppelter Hinweis auf den Gemütszustand des Richters „Mir ahndet heut nichts Guts“ und „Es geht bunt alles über Ecke mir.“ Das ist übrigens ein Bild dafür, dass hier aktuell für den Richter nichts gerade in die normale Richtung läuft.
- Dann die Frage des Richters nach dem Gerichtstag, die zeigt, wie abgelenkt er ist oder wie wenig er sich allgemein auf so etwas vorbereitet.
-
„Und schält‘ und hunzt‘ und schlingelte mich herunter, / Und judiziert den Hals ins Eisen mir.“
Die Aneinanderreihung der Verben zeigt die Anstrengung, der zweite Satz beschreibt sehr konzentriert und wieder bildhaft, welches Schicksal den Angeklagten, der zugleich Richter ist, erwartet.
- „Drauf wurden beide wir zu eins, und flohn, / Und mußten in den Fichten übernachten.“
Auch hier wieder eine sehr kompakte Beschreibung der seltsamen Traumsituation. Das wirkt wie eine Vorausdeutung: Zwar zwei Personen, die am Ende aber als eine erscheinen und fliehen müssen. Die Ortsangabe macht sehr schön deutlich, was das konkret für den Richter heißen kann: Verlust aller Sicherheit und Bequemlichkeit.
- „Der Teufel hol’s. / Wenn’s auch der Traum nicht ist, ein Schabernack, / Sei’s, wie es woll, ist wider mich im Werk!“
Man sieht hier, wie der Richter versucht, den Traum mit einem Kraftausdruck abzuschütteln und sich dann in eine Verharmlosung zu flüchten. Dabei überzeugt der Begriff nicht, denn ein „Schabernack“ wird einem gespielt – wer sollte das hier sein? Später wird man sehen, dass der Richter selbst sich eine Grube gegraben hat.
- „Die läpp’sche Furcht! Gebt Ihr nur vorschriftsmäßig, / Wenn der Gerichtsrat gegenwärtig ist, / Recht den Parteien auf dem Richterstuhle, / Damit der Traum vom ausgehunzten Richter / Auf andre Art nicht in Erfüllung geht.“
Ein raffiniertes Statement des Untergebenen: Zunächst wird der Richter beruhigt, dann wird ihm die Bedeutung des heutigen Tages klargemacht, der eine Menge Hürden bereithält, die überwunden werden müssen. Dann am Ende die geschickte Aufnahme eines Elements des Angsttraums und der fast drohende Hinweis auf das Schicksal, das dem Richter droht, wenn er die Hürden nicht nimmt.
Fazit
- Die dritte Szene entwickelt den Konflikt um Adams Schuld und seine Angst vor dem eigenen Untergang weiter und schafft eine ironische Spannung, die typisch für die Komödie und die Satire ist.
- Kleist nutzt humorvolle und übertriebene sprachliche Mittel, um Adams schwankenden Charakter darzustellen und das Publikum zu unterhalten.
- Durch diese Szene wird Adams fehlende Integrität als Richter sichtbar und bereitet die Bühne für die spätere Enthüllung seiner Schuld.
- Die Komödie nutzt die Widersprüchlichkeit und Heuchelei der Figuren, um gesellschaftliche Missstände satirisch zu kommentieren und das Publikum gleichzeitig zum Lachen und Nachdenken anzuregen.
- Auch hier wieder für Schüler ungewohnte Lehrbuchsicht auf die Szene.
- Sinnvoll kann es stattdessen sein, dass man in einer zweiten Aufgabe die Elemente von Komödie und Satire herausarbeitet.
- Komisch ist vor allem der Traum, der sehr anschaulich geschildert wird.
- Komisch auch die Beziehung des Schreibers zum Richter. Der Zuschauer hat das Gefühl, dass dieser kluge Schreiber seinem doch recht einfältigen Vorgesetzten ganz nebenbei „einen mitgibt“, d.h. sich über ihn lustig macht, ohne dass der das merken soll.
- Satirisch ist natürlich die Diskrepanz (der große Unterschied) zwischen der eigentlichen Macht eines Dorfgewaltigen und seinem traurigen Erscheinungsbild im Traum.
- Ebenfalls satirisch ist die Leichtfertigkeit, mit der ein Angsttraum als „Schabernack“ verkauft wird.
- Als satirisch kann man am Ende auch die Doppelbödigkeit der Äußerung des Schreibers am Ende bezeichnen – denn Satire lebt ja vom Gegensatz zwischen dem Scheinbaren und dem Realen, das man spürt.
Weitere Infos, Tipps und Materialien