Lars Krüsand, Die Hoffnung stirbt an keinem Dienstag … (Mat6286)

Worum es hier geht:

Gezeigt wird, wie man auf originelle Weise anregen kann, über ein Wort mal genauer nachzudenken – nicht in Definitionen, sondern in konkreten Beispiel-Situationen.

Denn die meisten Wörter sind nichts ohne eine Anschauung, die man damit verbindet.

Man nennt das „Konnotation“, also das Mit-Denken von Erinnerungen, die man mit einem Wort verbindet.

Von Nietzsche soll es eine sehr negative Vorstellung vom Wort „Hoffnung“ geben. Sogar das „größte Übel“ hat er sie wohl genannt.

Was wir dem entgegensetzen:

Und was hinter diesem Text steckt:

Wir glauben, dass Nietzsches Bemerkung sehr beladen war mit Konnotationen. Nicht von ungefähr heißt es ja „Vorstellung“. Das kann man auch so verstehen, dass sich einem da etwas „vor-stellt“, „zwischen-stellt“ und uns den Zugang zur ganzen Fülle des Wortes „verstellt“.

Diese Formulierung in Anführungszeichen ist natürlich von Immanuel Kants „Ding an sich“ geklaut. Aber wir nennen das lieber Intertextualität und geben es auch gern zu.

Auf jeden Fall glauben wir, dass im Unterschied zu einer Welt, von der wir nie begreifen werden, wie sie wirklich ist, die uns aber immer auf die gleiche Weise trifft, wenn wir bei strömendem Regen ohne Schirm eine Wanderung machen oder mit dem Kopf durch irgendeine Wand wollen, Wörter einen unglaublichen Reichtum an Vorstellungen bereit halten.

Und damit dieser Satz jetzt nicht noch länger wird, nur kurz die Mahnung:

„Was du bei einem Wort denkst, ist nur ein Abglanz seiner Herrlichkeit.“

„Abglanz“ haben wir natürlich auch wieder einem berühmten Menschen gestohlen, aber das gehört zum Spiel mit Meinungen und Vorstellungen dazu:
„Am farbigen Abglanz haben wir das Leben“, Goethe in Faust, Zweiter Teil.

Nun aber zu Nietzsche – wir haben das Zitat auch hier gefunden und zerlegen es gerne in seine Bestandteile. Vielleicht regen sie ja zu weiteren anschaulichkeitsgeladenen Kommentaren an.

„Die Hoffnung. –

  1. Pandora brachte das Faß mit den Übeln und öffnete es.
  2. Es war das Geschenk der Götter an die Menschen, von außen ein schönes verführerisches Geschenk und »Glücksfaß« zubenannt.
  3. Da flogen all die Übel, lebendige beschwingte Wesen heraus: von da an schweifen sie nun herum und tun den Menschen Schaden bei Tag und Nacht.
  4. Ein einziges Übel war noch nicht aus dem Faß herausgeschlüpft: da schlug Pandora nach Zeus‘ Willen den Deckel zu, und so blieb es darin.
  5. Für immer hat der Mensch nun das Glücksfaß im Hause
  6. und meint Wunder, was für einen Schatz er in ihm habe;
  7. es steht ihm zu Diensten, er greift darnach: wenn es ihn gelüstet;
  8. denn er weiß nicht, daß jenes Faß, welches Pandora brachte, das Faß der Übel war,
  9. und hält das zurückgebliebene Übel für das größte Glücksgut – es ist die Hoffnung. –
  10. Zeus wollte nämlich, daß der Mensch, auch noch so sehr durch die anderen Übel gequält, doch das Leben nicht wegwerfe, sondern fortfahre, sich immer von neuem quälen zu lassen.
  11. Dazu gibt er dem Menschen die Hoffnung:
  12. sie ist in Wahrheit das übelste der Übel, weil sie die Qual der Menschen verlängert.“

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